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Zeit der Hingabe

Zeit der Hingabe

Titel: Zeit der Hingabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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sie auf die zögernden Schritte auf der Holzstiege horchte.
    Er war oben angekommen, und Jane erstickte einen winzigen Laut mit beiden Händen vor dem Mund. Noch zwei Schritte, und er wäre an ihrer Tür. Sie wartete mit angehaltenem Atem darauf, dass die Klinke heruntergedrückt wurde.
    Sie hörte ein dumpfes Geräusch, überlegte, ob sie schreien sollte, und schwieg. Die Klinke bewegte sich nicht. Er würde klopfen, um sie nicht zu erschrecken. Er wollte ihr keine Angst machen. Er konnte ja nicht ahnen, dass sie im Stillen hoffte, er würde ihr in die Kammer folgen. Er fürchtete gewiss, dass sie das ganze Haus mit ihrem Geschrei wecken würde.
    Aber sie würde nicht schreien. Sie schloss die Augen, und ihr war, als spüre sie seine Nähe auf der anderen Seite der Tür. Sie wagte nicht zu atmen.
    Und dann hörte sie, wie die Schritte sich wieder entfernten und sie allein in ihrem jungfräulichen Bett zurückließen.
    Unversehrt und unberührt. Und weinend.

20. Kapitel
    A m sechsten Tag ihres Aufenthalts in Pawlfrey House zeigte sich endlich die Sonne, und Miranda bestaunte andächtig, wie die Regentropfen an den Fensterscheiben sich im Sonnenlicht in glitzernde Diamanten verwandelten. Es drängte sie, an diesem milden Vorfrühlingstag einen Spaziergang zu unternehmen.
    Sie hätte gerne ihren alten Umhang übergeworfen, aber Lucien in seiner anmaßenden Art hatte ihre Kleider verbrennen lassen, gerade so, als sei sie eine von der Pest befallene Todgeweihte. Es blieb ihr keine andere Wahl, als die kostbare pelzgefütterte Pelerine umzulegen und den dazu passenden hinreißend schönen Hut aufzusetzen.
    Seit ihrer gesellschaftlichen Verbannung war sie in der Wahl ihrer Kopfbedeckungen bescheiden geworden, während sie früher kecke modische Kreationen zu tragen pflegte. Dieser Hut entsprach ihrem Geschmack wesentlich besser als die schlichten Hauben in gedeckten Farben. Sie lächelte ihrem Spiegelbild aufmunternd zu.
    Als Miranda ins Freie trat, wurde sie von einem beschwingten Glücksgefühl durchrieselt.
    Die laue Frühlingsluft war bereits zu warm für den Pelzmantel, den sie sich über den Arm legte. Die Erde war noch nass und aufgeweicht, also schlug sie einen von Unkraut überwucherten Kiesweg ein. Beim Anblick des blauen Himmels hatte sie das Gefühl, endlich wieder frei atmen zu können.
    Vor dem Haus erstreckte sich eine weite verwahrloste Rasenfläche. Dahinter entdeckte Miranda zu ihrem Erstaunen einen großen See, am anderen Ufer von hohen Bergen begrenzt. Kein Wunder, schließlich lag das Anwesen im Lake District. Verwunderlich war allerdings, dass der See offenbar zu Luciens Besitz gehörte. Andererseits war er ein unermesslich reicher Mann, wie er ihr selbst bestätigt hatte. Auf der leicht zum Ufer hin abfallenden Wiese wuchsen Narzissen wie ein gelber Teppich, die ihren süßen Duft verströmten. Die Landschaft schien in der hellen Sonne zu glitzern. Als sie einen Blick zurückwarf, erschien Miranda Pawlfrey House noch größer, als sie bisher angenommen hatte. Das Dach war in Ordnung, auch die Fensterstöcke wiesen keine irreparablen Schäden auf. Die vielen blank geputzten Fenster blitzten in der Sonne. Den undurchdringlichen Dschungel der vernachlässigten Gartenanlagen vor dem Haus würde eine Schar fleißiger Gärtner in kurzer Zeit roden und frisch bepflanzen.
    Mrs Humber wird einen hysterischen Anfall erleiden, dachte Miranda ungerührt. Sie hatte sich mit Händen und Füßen dagegen gesträubt, neue Hausmädchen anzustellen, und behauptet, Mägde seien nirgendwo aufzutreiben, bis sie begriffen hatte, dass Miranda sie zwingen würde, die schwere Arbeit alleine zu verrichten. Tags darauf waren elf gesunde kräftige junge Frauen erschienen.
    Sie betrachtete das Haus nachdenklich. Ihr Haus. Sie könnte hier glücklich werden, was Lucien vor Wut in den Wahnsinn treiben würde. Ja, sie könnte sich hier sogar mit ihm wohlfühlen, mit seinen sarkastischen Bemerkungen, seinem süffisanten Humor, seinen Zärtlichkeiten. In den unpassendsten Momenten schoss ihr die Erinnerung an seine Liebkosungen in ihrem Bett durch den Sinn, und ihr Körper reagierte mit höchst befremdlichen Hitzewallungen darauf.
    Noch lieber wäre es ihr, wenn er nie mehr wiederkäme. Der Geschlechtsakt mit ihm hatte verstörende Gefühlsregungen in ihr ausgelöst. Sie wollte lachen und weinen, tanzen und schreien, alles zur selben Zeit. Höchst verwirrende und widersprüchliche Empfindungen, während Miranda Harmonie und innere

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