Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeit der Idioten

Zeit der Idioten

Titel: Zeit der Idioten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Moshammer
Vom Netzwerk:
ich kenne bei Gott nicht alle, aber dass der Gstettner Franz und der Firngruber Hansi beide aus diesem Kaff kommen, ist doch bemerkenswert, oder? Und noch was: Kurz bevor Johanna und ich in dieses Hinterzimmer gegangen sind, kommt Bob auf mich zu und sagt: »Schau ihn dir genau an, Cornelius. Schau ihn dir genau an.« Noch so eine mystische Warnung von noch so einem Bob.
    Snake hat von seiner Kindheit erzählt, von seinem Versuch, Musiker zu werden, seiner Heimatentfremdung und von seiner totalen Weltverweigerung. Der ist tatsächlich nie aus Bölling hinausgekommen. Nie! Hat als Kind von allen verlangt, ihn John zu nennen; seit damals sagt jeder Hansi. Später dann hat er sich Snake genannt. Er vergöttert
Die Klapperschlange
, diesen John Carpenter-Film mit Kurt Russel. Er hat angeblich auch dieses Tattoo, eine Klapperschlange, auf dem Bauch. Er ist, glaube ich, schwer gestört. Also krank. Und ich kann mir nicht helfen, ein armer Hund. Er ist ein Opfer. Aber, was soll’s, er ist dennoch ein Idiot, und an Meine Wenigkeit kommt er, was Charisma und Auftritt angeht, nicht heran. Und genau das, meint Johanna, könnte ihn unter Umständen noch gefährlicher machen. Ich weiß nicht, vielleicht hat sie Recht. Vielleicht sind wir aber auch alle schon paranoid.
    »Und, weißt du, was ich gemeint habe?«, fragt Bob, der Kellner.
    »Äh, naja …«
    »Du darfst auf keinen Fall so enden wie der, Cornelius.«
    »Oh, keine Sorge.«
    »Doch.«
    »Danke, Bob.«
    »Schreib endlich diesen gottverdammten Song, glaub mir.«
    »Ist gut, Bob, zwei Bier noch.«
    »Was meint er?«, fängt Johanna jetzt auch noch an.
    »Ähm, ich bin dabei, mein Erlebnis irgendwie künstlerisch … also, ich arbeite da an einem Song.«
    »Das finde ich gut. Sehr gut sogar. Ist ein echter Freund, dieser Bob, was?«
    »Naja, wie man’s nimmt … ja, wahrscheinlich.«
    »Ich glaube, ich weiß auch, was er meint«, sagt sie mit nachdenklicher Miene in Bobs Richtung, die für einen kurzen Moment eine Kluft wie eine Gletscherspalte zwischen uns reißt.
    »Ach ja?«
    »Ich will dir ja nicht zu nahe treten …«
    Schon geschehen.
    »… aber es gibt da schon gewisse Parallelen, oder?«
    »Zwischen mir und dem Hansi?«
    »Ich meine, zwischen euch dreien – dir, dem Snake und Meine Wenigkeit.«
    »Sicher, wir sind die Böllinger Dreifaltigkeit. Ihr habt mich alle durchschaut. Insgeheim tausche ich mit dem Firngruber schon Rucksackbombenrezepte.«
    »Entschuldige, ich wollte dich nicht …«
    »Ist schon gut, können wir das Thema wechseln?«
    »Wer bist
du
?«, fragt plötzlich Bob.
    »Was?«
    »Wenn ihr die Böllinger Dreifaltigkeit seid, wer bist du?«
    »Der Heilige Geist, wenn du’s genau wissen willst. Zufrieden?«
    »Ich frag ja nur. Bleib ruhig, Mann.«
    Bleib ruhig, Mann – Bob glaubt tatsächlich, das Leben ist ein Film.
    »Du könntest doch auch einmal hier spielen, Cornelius«, meint Johanna ganz nebenbei noch als Zugabe – vielleicht ist sie ja Bobs Schwester oder so.
    »Sag ich ihm jeden Tag«, pflichtet Bob ihr bei.
    »Also, ich geh jetzt aufs Klo, ihr könnt das ja ausdiskutieren und wenn ich wiederkomme, setzen wir uns an einen Tisch, in Ordnung?«
    Johanna lacht, und, was soll ich sagen, ich muss auch lachen, und selbstverständlich lacht Bob, der Schutzengel, auch. Der Moment ist wie die scheiß Schlussszene einer blöden, amerikanischen Fernsehserie, versteht ihr?
    Als ich zurückkomme, reden die beiden tatsächlich aufgeregt aufeinander ein, aber ich schaffe es dennoch, Johanna von der Bar wegzubewegen. Wir setzen uns an einen freien Tisch.
    »Da gibt es diese Computerspiele«, fange ich an, »von der US-Army, in denen du an vorderster Front im Kampf gegen den Terrorismus stehst und prominente Terroristen niederballern kannst – natürlich gehen auch Zivilisten dabei drauf. Es gibt auch die pro-arabische Version, entwickelt von der Computerabteilung der Hisbollah, der Partei Gottes, in der du dich am palästinensischen Befreiungskampf beteiligen kannst. Das sind Internetspiele, für die du dich registrieren lassen musst. Ich hab mir gedacht, man könnte auch eine Austro-Variante entwickeln. Wir würden nicht auf Israelis oder Araber losgehen, sondern – oder warum eigentlich nicht? Der Österreicher hätte die Freiheit, sich sein Ziel selbst auszusuchen, verstehst du, so wie ich das im Schulaufsatz, du weißt schon …« Findet sie mich verrückt?
    »Ja. Du meinst eine weitere Präventivmaßnahme.«
    »Genau. Wenn das vom

Weitere Kostenlose Bücher