Zeit der Jaeger
habe ich nicht gesagt.«
»Du sagst eine ganze Menge nicht.«
»Wenn es etwas Wichtiges zu sagen gibt, sind im Allgemeinen nicht viele Worte nötig.«
Wieder lachte Petr bellend, und nutzte es, um den Schmerz zu überspielen, als er die Schultern bewegte. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Sein Mund war ausgetrocknet. Er brauchte etwas zu trinken. »Du klingst allmählich wie ein Philosoph. Krieger. Händler. Philosoph. Wer hätte gedacht, dass ich heute solchen Besuch erwarten darf?«
»Jeder große Krieger ist ein Philosoph, obKhan. Ich hätte erwartet, gerade du wüsstest das«, erwiderte Sha. »Der Gründer hat es verstanden, als er uns erschuf. Haus Kurita mit seinem Bushidokodex versteht es. Sind seine Krieger nicht zugleich Dichter und Philosophen? Es gibt Schlimmeres, als ein Philosoph zu sein. Besonders, wenn dir die Philosophie einen besseren Weg weist.«
»Du hast meine Frage noch immer nicht beantwortet, Sha. Versuchst du, mir einen anderen Weg zu weisen? Einen besseren?« Petr lächelte giftig.
»Die Antwort, obKhan Kalasa, solltest du bereits kennen. Ich habe nicht gesagt, dass ich persönlich dich entfernen werde. Ich habe gesagt: Falls du an deiner Selbstsucht festhältst, wird es zu deinem Untergang führen. Das ist unvermeidlich. So unaufhaltsam wie die Schwerkraft. Das Erlöschen der Sterne. Und eines Tages unser Ableben.«
»Unser beider? Du bist nicht unsterblich?« Der Sarkasmus tropfte praktisch die Wände hinab.
»Derartig hochtrabende Illusionen habe ich mir nie gemacht, obKhan. Ich bin ebenso ein Häufchen Staub wie jeder andere. Ich hoffe nur, dass ich das Spina-Khanat mit mehr Ruhm und Macht zurücklasse, als ich es vorgefunden habe. Ihm nütze.«
»Meinst du nicht Clan Seefuchs?«, fragte Petr nach.
An diesem Schweigen hätten Mechs zerschellen können. Feuer und Eis.
»Sie sind identisch, frapos?«, stellte Sha schließlich fest.
»Pos. Doch irgendwie glaube ich nicht, dass du es so siehst, Sha. Du beschuldigst mich der Selbstsucht, dabei bist du hier der Heuchler. Du selbst bist mindestens so selbstsüchtig, wie du es mir vorwirfst. Clan Seefuchs ist das Ganze, nicht das Spina-Khanat. Und sicher nicht Aimag Beta.«
Zum ersten Mal, seit Petr zurückdenken konnte, regte sich etwas in der frostigen Einöde von Shas Augen. Irgendwie hatte er wohl einen Treffer gelandet.
»Du beschuldigst mich, nichts von dir zu wissen, obKhan«, setzte Sha erneut an. Falls Petr ihn getroffen hat, ließ sein Tonfall nichts davon ahnen. »Ich erwidere diesen Vorwurf.«
»Du wärst bereit, Clankommandeure zu vernichten. Was mehr brauche ich zu wissen?«
Sha trat einen einzelnen Schritt auf ihn zu. Die weichen Sohlen seiner Schuhe flüsterten auf den kühlen Fliesen, als er wieder anhielt, die rechte Hand leicht gehoben, wie zu einer Bitte. Aber nicht Sha. »ObKhan, falls ich der Ansicht bin, dass ich die Gesetze oder Traditionen des Clans verletzt habe, kann ich dich zu einem Konflikttest fordern, frapos?«
»Pos ... wenn es auch nicht exakt zutrifft.«
»Ah, du verstehst es. So eindeutig ist es nicht. Ich kann dich nach strikter Auslegung der Clangesetze fordern, aber dazu kommt es niemals. Deine eigenen Untergebenen würden dich herausfordern. Und im Allgemeinen kommt es nicht vor, dass ein Kadett jemanden zu hoch über seinem Rang fordert, ebenso wenig wie ein obKhan.«
Petr nickte. Wozu debattierten sie hier etwas, das sie beide nur zu gut wussten?
»Ganz davon abgesehen, dass sich, wenn ich mich zu weit über meinen Rang oder aus meiner Zuständigkeit hinauswage, ein neu erworbener Untergebener mich höchstwahrscheinlich deshalb herausfordern wird. Und die schiere Menge der Duelle wird mich das Leben kosten, frapos?«
»Pos. Damit soll verhindert werden, dass ein Krieger seinen Khan über eine Entscheidung herausfordert, die er einfach nicht versteht. Kleinlichkeiten
würden den Clan zerstören«, erklärte Petr.
»So ist es. Was also tust du, wenn du genau das geschehen siehst? Kommandeure, die ihre Untergebenen nicht zu neuem Ru hm führen, sondern wie fette Hausfürsten herumsitzen und den Ruhm horten, für den andere arbeiten?« Shas Blick wurde bohrender.
»Reden wir hier von einer hypothetischen Situation?«
»Wie auch immer es dir beliebt. Ob real oder hypothetisch, ich verlange eine Antwort. Wenn du eine solche Ungerechtigkeit bemerkst, aber weißt, dass unsere Traditionen in dieser Situation ein bestimmtes Verhalten von uns fordern, was tust
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