Zeit der Jaeger
du?«
»Nichts.«
Sha senkte den Kopf und beugte sich etwas vor, als versuche er, in Petrs Seele zu blicken. Einen Moment lang war sich Petr sicher, einen eisigen Luftzug auf dem Gesicht zu spüren, und dann schluckte er reflexartig, unfähig, in dieser Kälte zu atmen.
»Du siehst eine Ungerechtigkeit, von der du glaubst, dass es nicht möglich ist, sie in der bei den Clans üblichen Weise zu beheben, und du tust nichts?«
»Richtig.«
»Was ist dann mit unserem Kampf? Hat der sich an die üblichen Regeln gehalten?«
Wut drängte an die Oberfläche. Er schüttelte wütend den Kopf und zuckte unter Schmerzen zusammen, als sich Feuerdolche in seine Schulter gruben und sein Schädel in Flammen stand. Er schloss die Augen, spürte Schweiß auf seiner Stirn ausbrechen und über den rasierten Schädel zum Hals rinnen.
Er sehnte sich nach einem Schluck Wasser, als er mit der sandpapierrauen Zunge über die Lippen fuhr, weigerte sich aber, nach einem Glas zu fragen. Er war entschlossen, keine Schwäche vor Sha zu zeigen. Er antwortete langsam, mit großer Bedachtheit, konnte es sich nicht leisten, seiner Wut hier und jetzt nachzugeben. »Ich habe nicht auf dich gefeuert, nachdem du den Arm meines Mechs zerstört hast. Ich habe den deiner Maschine abgetrennt.«
»Wenn du dich so daran erinnern wirst, soll es auch so sein. Aber ich würde darauf wetten, dass du dir etwas vormachst. Du bist nicht der Typ, der sich zurücklehnt und zulässt, dass etwas geschieht, womit du nicht einverstanden bist, obwohl du etwas dagegen tun könntest.«
Petr setzte zu einer deutlichen Verneinung an, aber kein Ton drang aus seiner Kehle. Würde er wirklich untätig bleiben, wenn er ein Unrecht sah? Würde er sich zurückhalten und erklären, dass es ihn nicht betraf? Er hasste es, das zuzugeben, aber Sha hatte Recht. Pos. Also würde er etwas tun.
Er versuchte, Shas Blick auszuweichen, aber der Kerl kannte seine Gedanken. Er wusste es, auch wenn seine Suratmiene so unbeweglich wie Mech-panzerung blieb.
»Warum haben wir unseren Namen damals in Clan Diamanthai geändert?«
Der plötzliche Themenwechsel verwirrte Petr. »Äh, was?« Er hasste es, so dumm zu klingen. Plötzlich fiel ihm das Denken schwer. Konnte es sein, dass die Wirkung der Medikamente nachließ?
»Warum haben wir unseren ursprünglichen Namen, den Namen, den uns der Gründer selbst gab, in Clan Diamanthai umgeändert?«
»Ah, das weiß doch jeder Seefuchsclanner. Nachdem die verhassten Schneeraben einen genmanipulierten Hai... «
»Das sind nur Fakten«, unterbrach Sha. »Geschichtsbruchstücke. Treibende Informationsreste, die nicht vermitteln, nicht vermitteln können, was geschehen ist. Wir haben unseren Namen aus einem ganz bestimmten Grund und allein aus diesem einen Grund geändert.«
Petr kam sich wie ein Schuljunge vor und hasste Sha dafür. Trotzdem strengte er sich an, versuchte nachzudenken. Warum haben wir unseren Namen geändert? Er rannte geradewegs in eine Wand aus Watte. Es war nicht schmerzhaft, aber ständig verstellte ihm etwas den Weg, bremste ihn, hielt ihn auf. Hinderte ihn daran zu denken. Endlich, scheinbar nach einer Ewigkeit, fand er die Antwort. »Um zu überleben.«
»Genau«, bestätigte Sha mit größerer Leidenschaft in seiner Stimme, als Petr es je bei ihm erlebt hatte. »Um zu überleben, haben wir uns an die neue Lage angepasst. Während so viele Clans zerschmettert am Wegesrand der Geschichte liegen, haben sich die
Seefüchse angepasst und überlebt. Und heute haben wir unter allen Clans eine der stärksten und einflussreichsten Positionen in der Inneren Sphäre erobert.« Er trat noch einen Schritt auf Petr zu, und wieder sah er aus, als würde er um etwas bitten. Oder doch halbwegs. In seiner Miene war nichts davon zu erkennen, wohl aber in der Körperhaltung. Wieder hielt er den Arm leicht angehoben. Es schien unvorstellbar, dass Sha als Bittsteller auftreten könnte. Worum sollte er bitten?
Wieder öffnete er den Mund, aber seine Stimme erreichte Petr durch ein endloses Meer von Watte. »Warum haben wir unseren Namen wieder in den ursprünglichen geändert?«
Petr dachte darüber nach. Die Zeit verstrich ein Sandkorn nach dem anderen im Uhrglas der Existenz. Endlich fand er, wonach er suchte, doch es gelang ihm kaum, dies auszusprechen. »Wir.« Der Rest war unverständliches Gemurmel.
»Um zu überleben. Uns anzupassen. Deshalb haben wir unsere jetzige Struktur aus Khanaten und Aimags entwickelt. Wir haben uns immer
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