Zeit der Jaeger
mehr aus ihr herausgeholt.
»Welche Konzessionen sind notwendig, um diesen Kontrakt zu gewinnen?«
»Solche Händler sind hinterhältig. Sie spielen uns gegeneinander aus. In jeder anderen Situation könnte eine derartige Taktik zur explosiven Dekompression führen, aber sie haben die beiderseitige Gegnerschaft unserer Aimags bemerkt. Sie sind überzeugt, dass die eine oder andere Seite auf den Vertrag eingehen wird, ganz gleich, welche absurden Zugeständnisse sie verlangen.«
Petr streckte vorsichtig den Hals und spürte das Ziehen in der schnell verheilenden Haut. Er hatte nie ein sonderlich großes Interesse für die medizinischen Leistungen der Wissenschaftlerkaste entwickelt. Er wusste natürlich, dass sie verlorene Gliedmaßen regenerieren und neue Haut züchten konnte. Trotzdem erstaunte es ihn, wie schnell sie Hautverletzungen zu heilen vermochte, solange der Patient mit Narben einverstanden war, furchtbaren Narben sogar. Er empfand neuen Respekt vor ihrem Können und ihrer Leistung. Ebenso vor seiner schnellen Genesung, auch wenn er davon überzeugt war, dass seine Willensstärke und sein Hass einiges dazu beigetragen hatten.
»Ein gichtiger Falkner könnte unsere ... Gegnerschaft kaum übersehen. Du hast meine Frage nicht beantwortet. Du bist meine saFaktorin, Tia. Versagst du?« Er überlegte, was er noch sagen konnte, wusste jedoch, dass es keine Schwachstellen in ihrem Panzer gab, an denen er hätte ansetzen können. Eines Tages hoffte er herauszubekommen, wie sie eine solche Unverletzlichkeit zustande brachte.
»Neg, obKhan. Ich würde nur versagen, wenn ich nicht alle mir zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nutzte. Ich bin der Meinung, die Konzessionen, die sie fordern, wird dieses gesamte Geschäft ohne Zweifel zu teuer machen.«
Petr lachte schallend. Das laute Bellen klang in dem kleinen Raum wie ein Hammerschlag. »Tia, dieses Geschäft hat schon jetzt mehr gekostet, als es jemals einbringen kann.«
»Pos, obKhan. Das weiß ich. Trotzdem kann ich dir guten Gewissens keinen anderen Rat geben, als es Aimag Beta zu überlassen. Ungeachtet der kurzfristigen Ehre, die Beta dadurch erringt, wird es sich längerfristig als eine Belastung erweisen, die er nicht durchhält. Eine Peinlichkeit, die wir ausnutzen sollten, wenn wir ihnen das Geschäft nicht sogar ganz stehlen können.«
»Aber was ist hier und jetzt mit der Ehre unseres Aimags? Wir haben im Blutrecht nicht einmal einen der beiden letzten Plätze erreicht. Wir haben die Kampfrituale verloren. Wie kann ich den letzten Punkt kampflos aufgeben? Darf ich einen derartigen Schlag zulassen?«
»Pos. Unsere Krieger und unser Aimag werden es überleben. Haben es noch immer überlebt. Wir tun, was nötig ist.«
Ihre Worte waren von Flammen gesäumt. Sie standen wie das geisterhafte Nachleuchten einer mit bloßem Auge gesehenen PPK-Entladung im Raum. Außerdem waren sie nahezu identisch mit dem, was Sha gesagt hatte. Das erschütterte ihn. Es erschütterte ihn stärker, als er zuzugeben bereit war.
Er hatte viel Mühe darauf verwendet, die Details seines Gesprächs mit Sha zu ignorieren. Und ebenso auf den Versuch, seine eigene Reaktion auf dessen Worte zu ignorieren, eine Reaktion, die in seinen Augen einem Verrat gleichkam. Falls er ehrlich mit sich war, waren diese Worte ein weiterer Grund für sein leidenschaftliches Training. Die körperliche Anstrengung gestattete ihm, Shas Worte tief in den Verliesen seines Geistes einzusperren.
Er musste es langsam beginnen. Ein Schritt nach dem anderen.
Er hob die Wasserflasche und trank. Trank lange. Schüttelte seine Gedanken ab wie ein Hund das Wasser. Konzentrierte sich wieder auf die Gegenwart.
»Pos. Ich weiß, dass wir überleben werden. Aber es gefällt mir nicht, diese Niederlage gegen Aimag Beta zuzulassen. Es muss eine andere Möglichkeit geben.«
Nach einer kurzen Pause sagte sie: »Möglicherweise gibt es sie.«
Er sah Tia an. »Sprich.«
»Stewart.«
»Ah.« Die Möglichkeiten entfalteten sich vor seinem inneren Auge. Lange Minuten verstrichen, als er sie aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtete.
Plötzlich erinnerte er sich an Snow. Ihm wurde sofort klar, dass er seit Tagen nicht mehr an die abstoßende - und doch seltsam anziehende? - Sphärerin gedacht hatte. Die Erwähnung Stewarts ließ ihn an ihre Behauptung denken, eine Invasion aus dem Ma-rik-Stewart-Commonwealth stünde bevor. Andererseits war er beschäftigt gewesen, dachte er zynisch. Invasion hin, Invasion her,
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