Zeit der Jaeger
um.
»Wir waren uns einig, dass dies die einzige Möglichkeit ist, frapos?«
Nach einer langen Stille antwortete sie schließlich mit leiser Stimme. »Pos.«
»Dann müssen wir den einmal eingeschlagenen Kurs beibehalten, frapos?«
Wieder zögerte sie, bevor sie antwortete. »Pos.«
In diesem Augenblick hatte er eine Erleuchtung. Plötzlich verstand er ihre Reaktion, und obwohl er einen Teil des Respekts vor ihr verlor, war er sich ihrer umso sicherer. Er begriff, dass er jetzt die Oberhand besaß, nicht nur als ihr obKhan, sondern in jeder Hinsicht. Nun konnte er sie an der Kandare halten. Dumme Fehler verhindern.
»Dir vertraue ich völlig«, erklärte er. »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.«
Sie zuckte zusammen, als seine Feststellung ihre wirkliche Sorge aufspießte: die eigene Sicherheit. Wäre bekannt geworden, dass sie eine so unclangemäße Angst um das eigene Leben verspürte, ihre Stellung als Sterncolonel wäre ... unbehaglich geworden. Er spürte ihre Wut - oder genauer gesagt Angst - verfliegen, als er sie durch das Wissen um diese Schwäche umso fester an sich band.
Dass ihr der Mut fehlte, den Tod zu umarmen, und es ihr trotzdem gelungen war, zum Sterncolonel aufzusteigen, erhöhte sein Vertrauen in sie sogar. Sein Instinkt, sie einzuweihen, wurde durch die Gewissheit belohnt, sich mit ihr als Rückendeckung freier bewegen zu können.
Sie ist eher Sphärerin als Clan.
Er bemerkte ihre Selbstverachtung. Sein neues Verständnis ihrer Schwäche hätte ihn anwidern müssen. Stattdessen lächelte er sanft.
Sie wandte das Gesicht ab, obwohl sich ihre Schultern etwas strafften. Gib mit der einen Hand
Verständnis und nimm mit der anderen Selbstrespekt. Das ganze Leben ist ein einziger Kompromiss, Coleen. Das ganze Leben.
Aber das wusste sie schon sehr viel länger als er. Die Erinnerung stärkte Shas Entschlossenheit.
Er war sich seiner Sache jetzt sicherer als je zuvor.
Raumhafen, Halifax, Vanderfox, Adhafera Präfektur VII, Republik der Sphäre
10. September 3134
Petr überlegte, ob die sintflutartigen Regenfälle dieser Nebelsuppe nicht sogar vorzuziehen waren. Da kein wirkliches Wasser fiel, bildete man sich ein, nicht nass werden zu können. Doch auf dem Weg zwischen den Gebäuden oder den Fahrzeugen auf dem Landefeld des Raumhafens baute sich die Feuchtigkeit auf, bis man am ganzen Körper von einer dünnen Wasserschicht bedeckt war. Die meisten Tropfen behielten eine gewisse Zeit ihre Oberflächenspannung, dann plötzlich wurde man restlos nass.
Seine Stimmung hätte miserabler kaum sein können.
»ObKhan«, sprach Jesup ihn von hinten an, als er in das Fahrbare HQ trat, das fast dreihundert Meter entfernt vom nächsten Delta-Landungsschiff stand.
Er sah, dass Jesup es irgendwie geschafft hatte, weitgehend trocken zu bleiben, und fluchte leise. »Was?«
»Der größte Teil des Personals hat sich gemeldet.
Jenseits Tumbled Heights läuft ein Manöver, aber eine Nachricht an alle Einheiten ist raus.«
»Wurde auch Zeit. Was ist aus unserer Disziplin geworden? Seit wann sind wir so lax?« Er ging durch den Hauptbesprechungsraum und ließ sich in einen der Sitze am Holotisch fallen, ohne die Nässe zu beachten, die das Sitzpolster tränkte und sich nach oben durch die Hose arbeitete. Er winkte seinem Adjutanten, sich ebenfalls zu setzen.
»Sha ist nach - wie viel? - sechs Stunden gestartet. Wir hätten das auch schaffen müssen.«
»Er hat nicht seine gesamten Einheiten mitgenommen.«
»Pos, aber ich wette, er hätte es gekonnt, wenn er nur gewollt hätte. Wir sind schon zu lange hier.«
»Warum hätte er mit der Abreise warten sollen, bis Adhafera-Terroristen sein Lager angreifen? Ich bin keineswegs deiner Meinung. Er hätte nicht so schnell abfliegen können.«
Der Geruch ihrer warmen, feuchten Leiber füllte schnell das ganze Fahrzeug, vermischte sich mit dem schalen Schweiß jahrelanger Nutzung und erzeugte ein Aroma, an das er sich fast schon gewöhnt hatte. Er schüttelte sich.
Sie waren ohne Zweifel schon zu lange hier unten.
Er ignorierte Jesups verbissenen Glauben an einheimische Terroristen. Petr hatte das Thema schon mindestens ein halbes Dutzend Mal angeschnitten, und der Mann weigerte sich standhaft, irgendeine andere Erklärung zu akzeptieren. Wenn man bedach-te, was sie beide im Laufe der Jahre schon alles gesehen hatten, und wie oft sich das Undenkbare vor ihren Augen als wahr herausgestellt hatte, brachte einen Jesups sture Weigerung, eine Alternative
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