Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
Vom Netzwerk:
schmächtigen Mann, der nachdenklich und versonnen wirkte.
    »Wir haben die Unterlagen über die anderen Fälle gelesen«, sagte Stavely.
    »Was soll das heißen?«, fragte Blake
    »Das heißt, dass ich nicht allzu zuversichtlich bin«, erwiderte Stavely. »In New Hampshire ist diesbezüglich nicht viel los, da gebe ich Ihnen Recht, aber die Kollegen in Florida und Kalifornien haben jede Menge Erfahrung mit so was. Ich nehme an, wenn die etwas gefunden hätten, wüssten Sie es bereits. Das sind tüchtige Leute.«
    »Die Leute hier sind besser«, versetzte Blake.
    Stavely lächelte. »Mit Schmeicheleien kommt man weiter, stimmt’s?«
    »Das ist keine Schmeichelei.«
    »Was sollen wir machen, wenn es nichts zu finden gibt?«
    »Es muss etwas geben«, sagte Blake. »Er hat diesmal einen Fehler gemacht. Mit dem Karton.«
    »Na und?«
    »Möglicherweise hat er einen weiteren Fehler begangen, irgendetwas hinterlassen, das Sie finden werden.«
    Stavely dachte nach. »Tja, ich will damit nur sagen, dass Sie sich nicht allzu viel davon versprechen sollten.«
    Dann stand er auf, knetete seine stämmigen Finger und streckte die Hände. Wandte sich an seinen Techniker. »Sind wir so weit?«
    Der schmächtige Mann nickte. »Wir gehen davon aus, dass die Farbe an der Oberfläche etwa zweieinhalb bis drei Zentimeter tief eingetrocknet ist. Wenn wir sie rund um den Rand aufschneiden, können wir vielleicht einen Leichensack in die Wanne bugsieren und sie herausheben.«
    »Gut«, sagte Stavely. »Lassen Sie möglichst viel Farbe an ihr dran. Ich möchte, dass sie unversehrt bleibt.«
    Der Techniker eilte hinaus, gefolgt von Stavely, der offenbar davon ausging, dass die anderen ebenfalls mitkamen, was sie auch taten. Reacher trottete hinterher.
     
    Die Pathologie unterschied sich nicht von den anderen Sektionsräumen, die Reacher bislang gesehen hatte. Es war ein großer, niedriger Raum mit hellen Lampen an der Decke, weiß gekachelten Wänden, weißen Bodenfliesen und einem Untersuchungstisch aus schimmerndem Stahl. Im Zentrum des Tisches befand sich ein Abflussloch, von dem aus ein Stahlrohr durch den Boden führte. Rundum standen etliche mit Instrumenten beladene Karren, auf Stativen montierte Kameras, Waagen und Abzugshauben. Schläuche hingen
von der Decke. Man hörte das leise Summen der Klimaanlage; die Luft war kalt und roch nach Desinfektionsmitteln.
    »Kittel und Handschuhe«, sagte Stavely.
    Er deutete auf ein stählernes Regal, auf dem sich zusammengelegte Nylonkittel und Kartons mit Latexhandschuhen befanden. Harper teilte sie aus.
    »Gesichtsmasken braucht ihr nicht«, meinte Stavely. »Meiner Ansicht nach dürfte die Farbe am unangenehmsten riechen.«
    Sie rochen sie, sobald der Techniker die Bahre mit dem Leichensack durch die Tür schob. Er war aufgebläht, über und über grün verschmiert und glitschig und rollte und wabbelte darauf herum wie ein riesiger, mit Öl gefüllter Ballon. Farbe tropfte von der Plastikhülle, rann über die stählernen Beine auf die Räder, die zwei grüne Streifen auf dem Boden hinterließen. Die Arme des Technikers waren bis zu den Schultern mit grüner Farbe verkrustet.
    »Bringen Sie sie zuerst zum Röntgen«, befahl Stavely.
    Der Techniker schob die Bahre zu einem geschlossenen Nebenraum. Reacher ging voraus und zog die Tür auf, die sich anfühlte, als wiege sie eine Tonne.
    »Mit Blei verkleidet«, erklärte Stavely. »Wir verpassen ihnen da drin eine kräftige Dosis Röntgenstrahlen, damit wir alles sehen, was wir sehen wollen. Auf gesundheitliche Folgen müssen wir ja keine Rücksicht mehr nehmen, oder?«
    Der Techniker verschwand kurz in dem Nebenraum, kehrte dann zurück und schob die schwere Tür hinter sich zu. Ein lautes Summen ertönte, das etwa eine Sekunde andauerte und dann verstummte. Er ging wieder hinein, schob die Bahre heraus und karrte sie neben den Untersuchungstisch.
    »Rollen Sie sie herunter«, sagte Stavely. »So, dass sie mit dem Gesicht nach unten liegt.«
    Der Techniker trat beiseite, beugte sich über den Tisch, packte mit beiden Händen den nächstbesten Zipfel des
Sacks und zerrte ihn halb auf den Tisch. Dann ging er zur anderen Seite, hob sie an und wälzte den Sack herum, so dass er mitsamt seinem schwappenden, wabbligen Inhalt mit dem Reißverschluss nach unten zu liegen kam. Farbe quoll auf die schimmernde Stahlfläche. Stavely musterte sie kurz und warf einen Blick auf den mit grünen Spuren übersäten Boden.
    »Überschuhe, Leute«, sagte er.

Weitere Kostenlose Bücher