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Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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meine Meinung«, warf Stavely ein. Er musterte ihre Arme und Hände. »Ihre rechte Hand ist größer als die linke. Der Arm kräftiger.«
    Blake beugte sich vor und betrachtete das entstellte Gesicht. »Und?«
    »Meiner Meinung nach hat sie sich das selbst zugefügt«, meinte Stavely.
    »Sind Sie sich dessen sicher?«
    Stavely drehte den Kopf hin und her, bis er mit dem Lichteinfall zufrieden war. Die Wundränder waren durch die Farbe angeschwollen, klafften weit auf, grün verkrustet statt blutig und verschorft.
    »Hundertprozentig sicher bin ich mir nie«, sagte er. »Das wissen Sie doch. Aber alles deutet darauf hin. Wieso hätte ihr der Mörder die Schrammen ausgerechnet an dieser Stelle beibringen sollen, genau dort, wo sie sich die Verletzungen auch selbst hätte zufügen können?«
    »Er hat sie dazu gezwungen«, sagte Reacher.
    »Aber wie?«, fragte Blake.
    »Ich weiß es nicht. Aber offenbar hat er sie irgendwie in der Hand, denn er zwingt sie zu allerlei Sachen. Meiner
Meinung nach gießen sie sogar selber die Farbe in die Wanne.«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Wegen dem Schraubenzieher. Damit kann man die Deckel aufhebeln. Erst im Nachhinein ist ihm klar geworden, dass man damit auch jemand verletzen kann, sonst hätte er von vornherein verlangt, dass sie ein Messer aus der Küche holt. Oder beides.
    Blake starrte die Wand an. »Wo befinden sich die Eimer derzeit?«
    »Bei der Materialspurenuntersuchung«, entgegnete Poulton. »Hier im Haus. Die nehmen sie gerade unter die Lupe.«
    »Bringen Sie den Schraubenzieher hin. Mal sehen, ob die Spuren übereinstimmen.«
    Der Techniker steckte den Schraubenzieher in eine durchsichtige Plastiktüte und reichte sie Poulton, der aus dem Kittel schlüpfte, die Überschuhe abstreifte und davonstürmte.
    »Aber warum?«, fragte Blake. »Warum zwingt er sie dazu, sich das Gesicht zu zerkratzen?«
    »Vielleicht aus Wut«, sagte Reacher. »Weil er sie bestrafen will. Oder demütigen. Ich hab mich von Anfang an gefragt, warum er nicht mehr Gewalt anwendet.«
    »Diese Wunden sind eher oberflächlich«, erklärte Stavely. »Vermutlich haben sie ein bisschen geblutet, aber allzu schmerzhaft dürften sie nicht gewesen sein. Und außerdem verlaufen die Striemen sehr gleichmäßig, auch was die Tiefe angeht, so als wären sie in einem Schwung durchgezogen. Sie ist also nicht zurückgezuckt.«
    »Vielleicht haben sie eine symbolische Bedeutung«, warf Blake ein. »Möglicherweise handelt es sich um eine Art Ritual. Haben vier parallele Linien etwas zu bedeuten?«
    Reacher schüttelte den Kopf. »Für mich nicht.«
    »Wie hat er sie umgebracht?«, fragte Blake. »Das müssen wir herausfinden.«
    »Vielleicht hat er sie mit dem Schraubenzieher erstochen«, meinte Harper.
    »Dafür gibt es keinerlei Anzeichen«, erwiderte Stavely. »Nirgendwo sind Stichverletzungen zu erkennen, jedenfalls an keiner Stelle, an der man einen Mensch töten könnte.«
    Er hatte das letzte Stück des Sacks abgeschält, wusch die Farbe von Bauch und Oberkörper der Leiche und tastete mit den Fingern im Acetonstrahl herum. Nachdem der Techniker das Stück Plastik weggenommen hatte, lag Alison Lamarr nackt und leblos im grellen Licht. Reacher starrte sie an und musste dabei an die temperamentvolle Frau mit den strahlenden Augen denken, die vor Kraft und Lebensfreude gestrotzt hatte.
    »Besteht die Möglichkeit, dass man jemanden umbringt, ohne dass ein Pathologe feststellen kann, wie man ihn getötet hat?«, fragte er.
    Stavely schüttelte den Kopf.
    »Nicht, wenn ich der Pathologe bin«, antwortete er.
    Er drehte den Acetonstrahl ab und ließ den Schlauch los, der sich von selbst wieder auf die an der Decke angebrachte Rolle wickelte. Trat dann zurück und stellte die Lüftung auf normale Leistung, worauf es in dem Raum wieder leiser wurde. Die Leiche auf dem Tisch war jetzt so sauber, wie es nur ging. In den Poren und Falten haftete noch grüne Farbe. Die Haut selbst war weiß und verschrumpelt, wie bei einem Wesen, das am tiefsten Grund des Meeres lebt. Die stoppeligen, mit Farbresten verklebten und dicht über dem Skalp abgeschnittenen Haare umrahmten das leblose Antlitz.
    »Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, einen Menschen umzubringen«, begann Stavely. »Entweder durch Herzstillstand oder indem man die Sauerstoffzufuhr zum Gehirn unterbindet. Aber egal, wie man es macht, es ist verteufelt schwer, dabei keine Spuren zu hinterlassen.«
    »Wie würden Sie einen Herzstillstand herbeiführen?«,

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