Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)
Getränketheke gehen, lassen sie sie oft auf dem Tisch stehen, weil sie einerseits ihren Platz reservieren wollen, teils aber auch keine Lust haben, sich mit Handtasche, Laptop-Koffer und Kaffeebecher abzumühen.
Aber die Frauen mit den Laptops beachtest du nicht weiter. Diese teuren Lederkoffer deuten auf Ehrgeiz und Engagement hin. Womöglich kommen sie in einer Stunde nach Hause, schauen sofort nach, ob irgendwelche E-Mails für sie eingegangen sind, oder wollen die letzten Börsennotierungen abrufen. Und stellen fest, dass ihr Handy weg ist. Verständigen die Polizei, lassen den PIN-Code sperren, sämtliche Anrufe zurückverfolgen, all das binnen einer Stunde. Sie kommen nicht in Frage.
Folglich beobachtest du vor allem die Frauen, die nicht geschäftlich unterwegs sind. Die mit den kleinen Nylonrucksäcken, die man als Handgepäck mit in die Maschine nehmen darf. Und du achtest vor allem auf diejenigen, die abreisen. Vermutlich rufen sie vom Flughafen aus noch ein paar Mal an, verstauen dann ihr Handy im Rucksack und lassen es dort stecken, weil sie in der Luft nicht mehr zum Ortstarif telefonieren können, sondern hohe Zusatzgebühren zahlen müssen. Womöglich fahren sie in Urlaub, ins
Ausland, dann nützen ihnen ihre Handys ebenso wenig wie die Haustürschlüssel. Sie nehmen zwar beides mit, aber sie verschwenden keinen Gedanken darauf.
Du beobachtest vor allem eine Frau, etwa dreiundzwanzig, vierundzwanzig Jahre alt, die rund zehn Meter weiter weg sitzt. Sie trägt legere Kleidung, so als hätte sie einen langen Flug vor sich, sitzt zurückgelehnt da und hat das Handy zwischen Ohr und Schulter eingeklemmt. Sie lächelt versonnen, sagt irgendetwas, spielt mit ihren Nägeln. Zupft daran herum und hält die Hände prüfend ins Licht. Sie wirkt völlig gelöst. Unterhält sich offenbar mit irgendeiner Freundin über nichts und wieder nichts. Plappert nur um des Plapperns willen.
Ihr Handgepäck steht neben ihren Füßen am Boden. Ein kleiner Designer-Rucksack mit allerlei Schlaufen, Schnallen und Reißverschlüssen, die offenbar nur schwer zugehen, denn der oberste klafft weit auf. Sie greift zu ihrem Kaffeebecher und stellt ihn wieder weg. Er ist leer. Sie telefoniert weiter, wirft einen Blick auf ihre Uhr, reckt den Kopf und blickt zur Getränketheke. Sie beendet das Gespräch. Klappt das Handy zu und verstaut es in ihrem Rucksack. Nimmt ihre zum Rucksack passende Handtasche und begibt sich zur Getränketheke, um sich noch einen Kaffee zu holen.
Du bist augenblicklich auf den Beinen. Hast die Autoschlüssel in der Hand. Läufst quer durch die Cafeteria. Zehn, zwanzig, dreißig Schritte weit. Du lässt die Autoschlüssel von den Fingern pendeln, als ob du es eilig hättest. Sie steht an der Theke an. Wird gerade bedient. Du lässt die Schlüssel fallen, so dass sie quer über die Bodenfliesen schlittern. Du bückst dich nach ihnen, greifst kurz in ihren Rucksack und richtest dich wieder auf, die Schlüssel in der einen Hand, das Handy in der anderen. Du gehst einfach weiter. Steckst die Schlüssel in die Jackentasche. Das Handy hältst du einfach in der Hand. Denn in der Wartehalle eines Flughafens ist das ein ganz gewöhnlicher Anblick.
Du gehst mit ruhigen Schritten weiter. Bleibst stehen und lehnst dich an eine Säule, klappst das Handy auf, hältst es ans Ohr und tust so, als ob du telefonierst. Jetzt bist du unsichtbar, denn rundum lehnen Dutzende von Menschen an den Säulen und telefonieren. Du wirfst einen Blick zurück. Sie sitzt wieder am Tisch, trinkt ihren Kaffee. Du wartest, flüsterst Belanglosigkeiten ins Telefon. Sie trinkt immer noch. Drei Minuten lang. Vier. Fünf. Du drückst aufs Geratewohl ein paar Tasten und redest erneut. Du machst einen weiteren Anruf. Du musst etwas erledigen. Du bist einer der Macher. Sie steht auf. Zerrt an der Schnur ihres Rucksacks und versucht, ihn zu schließen. Zieht ihn an der Kordel hoch und lässt ihn ein paar Mal hin und her pendeln, damit er zugeht. Sie schnallt die Laschen zu, hängt sich den Rucksack über die eine Schulter und ergreift ihre Handtasche. Öffnet sie und überzeugt sich, dass ihr Ticket griffbereit ist. Schließt sie wieder. Sie blickt sich einmal um und verlässt entschlossenen Schrittes die Cafeteria. Kommt genau auf dich zu, geht etwa anderthalb Meter an dir vorbei und verschwindet in Richtung Abflughalle. Du klappst das Telefon zu, steckst es in deine Jackentasche und gehst auf der anderen Seite hinaus. Du lächelst dabei vor dich
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