Zeit der Sinnlichkeit
meinem Geschmack. Sie war zu vornehm, hielt ihren Rücken zu gerade, und ihre Körper
formen waren zu bescheiden. Verglichen mit, sagen wir mal, Rosie Pierpoint (trotz der Frauen, die mir am Hofe zur Verfügung standen, hatte ich es nicht geschafft, meine wilde Beziehung mit dieser frechen Schlampe abzubrechen), war sie wie eine Maus im Vergleich zu einem Mäusebussard. In der Liebe sehne ich mich nach dem scharfen Schnabel und der grausamen Klaue. Ich liebe den Kampf, eine Balgerei. Die Passivität, die ich bei Celia bemerkte, ließ sie in meinen dunkleren Phantasien ungeeignet erscheinen.
Was gab es dann über meine Hochzeitsnacht zu sagen? Nun, das kommt noch, denn ich glaube, daß kein Mann in ganz England je eine so absonderliche erlebt hat. Aber zunächst einmal muß ich Euch von meinem Besuch auf Bidnold mit dem König und Celia erzählen.
Es war ein Landhaus aus der Zeit James' I ., von einem Wassergraben und einem beachtlichen Park umgeben, in dem friedlich Rotwild äste. Seine Inneneinrichtung war einfach und schäbig; sie war Ausdruck des puritanischen Geschmacks des unglücklichen Esquires John Loseley, des früheren Besitzers. Doch trotz dieser Tristheit war ich begeistert. Denn diesen schlichten Räumen, so beschloß ich sofort, würde ich eine Innenausstattung geben, die mit ihrem Purpur- und Zinnoberrot, ihrem Ocker und Gold, ihrem Reichtum an Licht und Farbe meine eigene exzessive und zügellose Natur widerspiegeln würde. Ich würde das Haus vollkommen umwandeln. Ich würde es öffnen und vor Abwechslungsreichtum bersten lassen, genauso wie die herrliche Vielfalt der Anatomie des Stars im Lichtbündel, das durch das Kohlenloch gefallen war, vor meinem Auge aufgeborsten war.
Bei meinem ersten Besuch hüpfte ich wie ein Vogel von Raum zu Raum, ohne mich um den König und um Celia zu
kümmern, die dekorativ auf einer Tudorbank hocken blieben, und als sich meine Phantasie an dem Haus zu entzünden begann, wurde es mir so heiß, daß mir die Röte ins Gesicht stieg und ich meinen Rock abwarf und meine Schärpe abwickelte und beides zu Boden schleuderte. Mein Haus! Ich hatte geglaubt, daß ich mein ganzes Leben in engen Mietwohnungen verbringen würde, und jetzt konnte ich mich über dreißig Zimmer ausbreiten. In einem fast kreisrunden Zimmer im Westturm stieß ich in meiner Raserei unwillkürlich einen Schrei aus, so überaus vollkommen schien mir dieser Raum zu sein – wofür er sich eignete, wußte ich nicht, und es war mir auch egal, ich hatte nur einen Augenblick den Grad geistiger Vollkommenheit gefühlt, der hier eines Tages möglich sein würde. Es war, als ob Bidnold der Körper war, in dem ich nun endlich das gefunden hatte, was Harvey »das göttliche Festmahl des Geistes« genannt hatte. Und das Festmahl war für mich bereitet! Ich setzte mich hin, nahm meine Perücke ab, kratzte mich unter meinen Schweineborsten und weinte vor Freude.
So nahmen die Vorbereitungen für die Hochzeit ihren Lauf, und jede der beteiligten Parteien hatte das Gefühl, daß die Rechnung für sie aufging. Daß Celia und ich kaum ein paar Worte gewechselt hatten und daß sie mich mit einem gewissen Widerwillen ansah, schien überhaupt keine Rolle zu spielen. Daß der König angesichts der Eifersucht von Lady Castlemaine so zu ihr hielt, hatte sie zweifellos überzeugt, daß er sie sehr liebte. Und er versicherte ihr, wie er es auch schon mir gegenüber getan hatte: »Es wird keine körperliche Vereinigung zwischen Euch geben. Wenn ich nicht bei Celia bin, leistet Ihr ihr Gesellschaft wie ein Bruder, und sie wird sich um Euer Haus kümmern.«
»Das würde ich lieber selbst machen, Sir.«
»Wie Ihr wollt. Aber eine Hausherrin kann von unschätzbarem Wert sein, wenn Ihr auf Bidnold Gesellschaften geben wollt, und das wollt Ihr doch sicher?«
»Bestimmt, Sir. Ich träume schon von Gesellschaften.«
»Gut. Ihr gefallt mir, Merivel. Ihr seid ganz und gar ein Mann unserer Zeit.«
So rückte in meiner Stimmung fiebriger Erregung, hervorgerufen durch meine ständigen Besuche bei Stukkateuren, Malern, Polsterern, Silberschmieden, Gobelinherstellern und Glasschleifern, mein Hochzeitstag, der 7. Juli 1664, heran.
Wie soll ich meine Hochzeit beschreiben? Sie war wie ein einigermaßen gutes Schauspiel, ein Schauspiel, von dem man noch lange, nachdem das Ganze vorbei ist, gewisse Zeilen, gewisse Szenen und gewisse Arrangements von Menschen, Kostümen und Licht in lebhafter Erinnerung hat, von dem aber alles andere im
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