Zeit der Skorpione: Laura Gottberg ermittelt (German Edition)
glaube, sie haben einen umgebracht.»
«Wen?»
«Ich weiß es nicht, Laura. Ich weiß nur, dass sie mich auch umbringen wollten … ich hab es in ihren Augen gesehen.»
«Warum dich?»
Der junge Kommissar hustete, stöhnte und rang nach Luft. Als der Hustenanfall endlich vorüber war, dauerte es ein Weile, bis er wieder sprechen konnte.
«Rippenprellungen und drei sind gebrochen … tut verdammt weh, wenn ich husten muss. Brutal, das sag ich dir.»
«Ich glaube, du solltest nicht reden, Peter.» Wieder streichelte Laura seine Hand.
«Ich will aber», murmelte er. «Die wollten mich umbringen, weil ich dem andern geholfen habe. Deshalb.»
«Streng dich nicht an. Ich lass mir das von den Kollegen erzählen, die am Tatort waren. Ich hatte gestern Abend frei, verdammt noch mal. Du hattest Dienst. Hinterher wolltest du offensichtlich noch einen Hamburger einwerfen, oder waren es Pommes?»
Peter Baumann versuchte ein Lächeln, aber es wurde nur eine seltsame Grimasse daraus.
«Beides», flüsterte er.
«Mit Majo, was?»
Er hustete wieder.
«Ich glaub, ich gehe besser. Es nicht gut, wenn ich dich dauernd zum Husten bringe.»
«Ist aber schön, dass du hier bist.»
«Claudia lässt dich grüßen. Sie wird dich heute auch noch besuchen.»
«Okay.»
«Ich halte dich auf dem Laufenden, was diese Geschichte angeht.»
Wieder schloss er die Augen. Laura drückte seine Hand und stand auf. An der Tür wandte sie sich um. «Lass dir Zeit und kurier dich richtig aus. Denk an Guerrini, der war fast vier Monate außer Gefecht.»
«Ich will aber hier nicht liegen. Ich möchte mit dir rausgehen und weitermachen. Mit Pommes und Majo. Ich fühl mich so … ausgeliefert hier. Im Augenblick kann ich nicht mal aufstehen.»
«Ist was mit deinen Beinen?»
«Der Typ hat mir eine Kniescheibe zertrümmert. Wird morgen operiert.»
«Mist.»
«Das kannst du laut sagen.»
«Die Ärzte kriegen das wieder hin, Peter.»
«Und wenn mein Bein steif bleibt? Was dann?»
«Dann bist du eben ein Kommissar mit einem steifen Bein. Du brauchst vor allem deinen Verstand, und der scheint zu funktionieren.»
«Meinst du nicht, dass die mich auf einen Büroposten abschieben, auf dem ich dann verschimmeln kann?»
«Ich finde, dass du nicht darüber nachdenken solltest, Peter. Außerdem bin ich sicher, dass du nicht verschimmeln wirst. Ganz sicher!»
Laura kehrte zu seinem Bett zurück und nickte ihm ermutigend zu. Doch Kommissar Baumann sah es nicht, denn er hielt noch immer seine Augen geschlossen.
«Geh», sagte er leise. «Es ist nur so, dass ich dauernd Angst habe. Seit gestern Nacht. Aber damit muss ich selber fertig werden.»
«Angst, wovor?»
«Vor nichts Bestimmtem. Einfach nur Angst.»
«Findest du das nicht normal? Immerhin haben die versucht, dich umzubringen.»
«Ich weiß nicht. Aber ich werd schon allein damit fertig.»
«Warum denn allein? Ich hätte auch Angst. Was du erlebt hast, das vergisst man nicht so schnell.»
Kurz presste er seine aufgeplatzten Lippen zusammen. «In unserem Beruf sollte man das aber verkraften.»
«Wer sagt das?»
«Ich sage mir das, Laura. Meine Vorgesetzten sagen mir das. Meine Kollegen. Ich weiß doch, wie es läuft.»
«Ich sage es nicht, Peter. Und derzeit bin ich deine direkte Vorgesetzte.»
«Okay, geh jetzt, bitte.»
«Ich gehe, aber ich komme morgen wieder. Dann reden wir weiter.»
«Morgen werde ich operiert.»
«Aber du wirst aus der Narkose aufwachen, und dann können wir ein bisschen reden. Wenn du zu müde bist, dann eben übermorgen.»
«Hartnäckig wie immer.»
«Ja. Und jetzt gehe ich wirklich. Ciao.»
Baumann antwortete nicht, und Laura schloss leise die Tür, blieb dann aber stehen und lehnte sich an die Wand.
Es hat ihn richtig erwischt, dachte sie. Ich hab wirklich genug von Krankenhäusern. Erst Angelo und jetzt Baumann. Vielleicht bin ich als Nächste dran.
Langsam stieß sie sich von der Wand ab, folgte dem langen Flur, dessen Boden so sehr glänzte, dass sie fürchtete auszurutschen. Als sie das Ärztezimmer erreicht hatte, klopfte sie. Da niemand öffnete, klopfte sie ein zweites Mal. Diesen spezifischen Geruch von Krankenhäusern würde jeder mit verbundenen Augen überall auf der Welt erkennen. Gab es auch einen spezifischen Geruch von Polizeipräsidien? Sie nahm sich vor, später darauf zu achten.
Endlich wurde die Tür geöffnet, und ein erstaunlich junger Mann im weißen Kittel erschien, nur zur Hälfte allerdings. Seine zweite Hälfte blieb
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