Zeit der Skorpione: Laura Gottberg ermittelt (German Edition)
und wenn ich Ihnen jetzt sage, dass möglicherweise die Mafia eine deutsche Bank braucht, um ihre Gelder zu waschen, dann werden Sie mich nicht sofort für verrückt erklären, oder?»
Guerrini ging nicht auf diese Bemerkung ein. «Weshalb haben Sie eigentlich noch immer nicht gefragt, wie Leo Hardenberg ums Leben gekommen ist?»
«Weil ich seit zwei Tagen davon ausgegangen bin, dass er ermordet oder entführt wurde. So ist es doch, oder?»
«Haben Sie den Carabinieri ihre Befürchtungen mitgeteilt?»
«Nicht so direkt. Ich habe Leo als vermisst gemeldet und gesagt, dass ihm etwas zugestoßen sein muss.»
«Wann haben Sie ihn als vermisst gemeldet?»
Susanne Ullmann stöhnte ungeduldig auf. «Das steht mit Sicherheit ganz genau im Protokoll, das der Carabiniere im Revier vom Palazzo Pitti aufgenommen hat. Es muss am späten Nachmittag gewesen sein.»
«Weshalb so spät? Mittagessen dauern höchst selten bis zum späten Nachmittag.»
Sie schlug mit geballter Faust zweimal auf die Sessellehne. «Weil ich dachte, dass dieses verdammte Geschäftsessen länger dauert. Leo hatte mir verboten, ihn auf dem Handy anzurufen. Ich hab es trotzdem versucht, aber es war ausgeschaltet.»
«Was haben Sie an diesem Nachmittag gemacht?» Es war Tommasini, der diese Frage einwarf.
«Ich habe mir Schuhe und eine Handtasche gekauft. Ich habe zwei Espressi getrunken und ein Tramezzino mit Ei und Thunfisch gegessen, irgendwo in einer Seitenstraße vom Dom. Dann bin ich ins Hotel, und als Leo noch immer nicht zurückgekommen war und ich ihn auch nicht erreichen konnte, da bin ich zum nächstgelegenen Polizeirevier gegangen.» Ihre Stimme klang trotzig und hatte einen verächtlichen Unterton.
«Warum sind Sie eigentlich so ärgerlich, Signora?» Guerrini lehnte sich vor und musterte nachdenklich Susanne Ullmanns Gesicht. Ihre Haut zeigte inzwischen rote Flecke, auf den Wangen, der Stirn, dem Hals. Sie wich tiefer in den Sessel zurück und ballte wieder die Fäuste.
«Ich bin wütend, weil Leo mich in diese Situation gebracht hat. Er hat mir nur gesagt, dass er mit mir nach Lucca will und dass wir einen Zwischenstopp in Florenz einlegen würden. Ich hatte keine Ahnung, dass er sich mit Massimo treffen wollte. Angeblich wollte er mit mir shoppen …» Sie lachte kurz und verächtlich. Es klang, als schnappe sie nach Luft.
«Wie lange kennen Sie Signor Hardenberg eigentlich?»
«Seit einem halben Jahr.»
«Sie wissen, dass er verheiratet ist?»
«Natürlich. Woher wissen Sie das?»
«Wir sind Polizisten.»
«Und Sittenwächter?»
«Manchmal. Aber in diesem Fall ist es mir ziemlich egal, ob Hardenberg seine Frau betrogen hat oder nicht. Mich interessiert vor allem, wer ihn umgebracht hat.»
«Vielleicht seine Frau, gemeinsam mit Massimo. Es gibt doch die verrücktesten Geschichten.»
Noch eine Variante, dachte Guerrini. Diese Susanne Ullmann ist zwar nicht besonders sympathisch, aber ziemlich clever.
«Ja, die gibt es», antwortete er. «Arbeiten Sie eigentlich in der Hardenberg Bank?»
«Ich habe dort gearbeitet. Leo fand, dass es nicht so günstig ist, wegen unserer Beziehung, deshalb habe ich meinen Job aufgegeben … Jetzt kann ich mir einen neuen suchen.»
Guerrini stand auf und gab Tommasini ein Zeichen. «Ich muss Sie bitten, noch ein paar Tage in Florenz zu bleiben. Wir werden sicher noch Fragen haben. Verfügen Sie über genügend Mittel, weiterhin in diesem Hotel zu wohnen?»
«Was denken Sie denn? Leo hat mir eine Kreditkarte geschenkt. Da ist immer genug drauf.»
«Bene, dann ist ja alles in Ordnung. Ci vediamo, Signora Ullmann.»
«Buon giorno», murmelte Tommasini und folgte dem Commissario zur Tür. Ehe er hinausging, drehte er sich noch einmal um. «Entschuldigen Sie die Frage: Was haben Sie heute Vormittag bei Dolce e Gabbana gekauft?»
«Wieso interessiert Sie das?»
«Wegen meiner Tochter. Sie liebt Dolce e Gabbana.»
«Das Zeug ist zu teuer. Aber wenn es Sie interessiert: Ich habe eine Bluse, eine Jacke, eine Hose und einen Schal gekauft.»
«Oh!», machte Tommasini und zog schnell die Tür hinter sich zu.
«Falls Signora Ullmann plötzlich abreisen sollte, dann benachrichtigen Sie bitte die Polizei. Hier ist die Nummer von Capitano Maltempo.» Guerrini legte eine Karte auf den Tresen der Rezeption.
«Ist das ein Befehl?», fragte der junge Mann und griff mit spitzen Fingern nach dem Stück Papier.
«Nennen wir es eine ernsthafte Bitte zur Zusammenarbeit. Grazie e buon giorno.»
«Reiche
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