Zeit der Skorpione: Laura Gottberg ermittelt (German Edition)
sein Kollege ließen sich in die tiefen Sessel im Foyer sinken und lächelten einander zu. Dann wanderten ihre Blicke über die goldgerahmten Wandgemälde, die bunten Glasfenster, die Teppiche mit Blattmustern und die gigantischen Blumengebinde in riesigen Vasen.
«Nicht schlecht», murmelte Tommasini.
«Angemessen», erwiderte Guerrini. «Immerhin war Hardenberg Mitbesitzer einer ziemlich großen Bank.»
«Mögen Sie reiche Leute, Commissario?»
«Kommt darauf an.»
«Worauf?»
«Auf die Leute.»
Tommasini runzelte die Stirn, räusperte sich ein paarmal, strich das hellgraue Polohemd glatt, das über seinem Bauchansatz Falten geworfen hatte, zupfte sein dunkelgraues Jacket zurecht und schaute Guerrini kurz von der Seite an. «Und worauf kommt es da an?»
«Santa Caterina, worauf wird es wohl ankommen? Darauf, ob sie anständig sind, natürlich.»
«Natürlich, Commissario», murmelte Tommasini. «Natürlich … gibt es das? Ich meine, anständige reiche Leute?»
«Ich hoffe doch.»
Tommasini nahm auf geradezu lässige Weise das Mineralwasser entgegen, das ein Kellner vor ihm abstellte, und beobachtete nachdenklich ein sehr elegantes Paar um die dreißig, das an der Rezeption einen Zimmerschlüssel entgegennahm. Seine Augen verengten sich leicht, als die Frau sich umwandte und ihn mit einem Blick streifte, der wie ein eisiger Windhauch über ihn hinwegglitt. Der Mann nahm weder Tommasini noch den Commissario zur Kenntnis. Er blickte auf dem Weg zum Lift einfach an ihnen vorbei. Sein Haar war glatt nach hinten gekämmt, sein Gesicht zeigte eine winzige Spur von Bart, nicht mehr als millimeterlange Stoppeln, die sanfte dunkle Schatten auf sein blasses Gesicht zeichneten. Er war groß und überschlank.
«Dolce e Gabbana», sagte Tommasini, als die beiden im Fahrstuhl verschwunden waren.
«Was?»
«Na, die beiden, die eben an uns vorbeigegangen sind. Die sahen aus wie die Typen in der Werbung von Dolce e Gabbana.»
«Ich wusste gar nicht, dass du dich für Werbung von Dolce e Gabbana interessierst.»
«Ich interessiere mich nicht dafür. Meine Tochter und meine Frau streiten dauernd darüber. Meine Tochter findet es toll, meine Frau total dekadent. Sie sollten die beiden mal hören, Commissario. Es ist nicht angenehm, das kann ich Ihnen sagen.»
«Ich kann’s mir vorstellen.»
«Nein, das können Sie nicht, Commissario.»
«Dann eben nicht.»
Schweigend tranken sie aus den schmalen hohen Gläsern. Eine Hummel durchquerte laut brummend das Foyer und landete ungeschickt auf einem der duftenden Blumengebinde.
«Kennen Sie anständige reiche Leute, Commissario?» Tommasini schaute in sein Glas, als erwarte er, die Antwort in dem klaren Wasser zu finden.
«Es gibt eine Menge Leute, die viel Geld für soziale Projekte spenden – Schauspieler, Unternehmer und so weiter.» Guerrini war überrascht von der Hartnäckigkeit seines Kollegen.
«Certo, certo, Commissario. Aber kennen Sie einen dieser anständigen Reichen … persönlich?»
«Was willst du denn von mir, eh?»
«Ich will wissen, ob Sie einen von denen kennen.»
In diesem Augenblick summte Guerrinis Handy und bewahrte ihn vor einer Antwort. Es war einer der neuen Kriminaltechniker, der dem Commissario mitteilte, dass der tote Hardenberg im Kofferraum von Paolo Massimos Wagen gelegen hatte. Die Spuren seien eindeutig.
«Aber er war doch in einem dicken Müllsack!», wandte Guerrini ein.
«Vielleicht hat man ihn erst hinterher in den Sack gesteckt.»
«Weiß Massimo schon, dass ihr Hardenbergs Spuren in seinem Kofferraum gefunden habt?»
«Sein Rechtsanwalt weiß es. Der kam bei uns vorbei, und da hat irgendwer geplaudert.»
«Irgendwer?»
«Sì, irgendwer.»
«So was sagt ihr mir und nicht dem Rechtsanwalt von Massimo! Wie soll ich ein Verhör führen, wenn die Leute sich auf alle Überraschungen vorbereiten können, eh?» Guerrini sprach inzwischen so laut, dass der junge Mann an der Rezeption zu ihm herüberschaute.
«Tut mir leid, Commissario. Ich war’s nicht, und ich weiß auch nicht, wer es war!»
«Non mi interessa un cazzo! Find es raus!» Guerrini beendete das Gespräch und knallte die rechte Faust in seine linke Handfläche.
«Was ist denn passiert, Commissario?» Tommasini beugte sich vor.
«Diese Künstler haben dem Rechtsanwalt von Massimo gesteckt, dass Spuren des Toten im Kofferraum von Massimos Wagen gefunden wurden!»
«Bravo!»
«Sì, bravo … warte mal …» Guerrini konzentrierte sich ganz auf eine blonde
Weitere Kostenlose Bücher