Zeit der Skorpione: Laura Gottberg ermittelt (German Edition)
wirkliche Geschichte herausfinde, weil du befürchtest, dass ich darüber schreiben könnte. Stimmt’s?»
«Können wir diese Diskussion jetzt beenden? Ich bin müde und habe morgen einen anstrengenden Tag vor mir.»
«So kann man sich auch um klare Antworten drücken.»
«Verdammt noch mal, Ronald! Du weißt genau, dass ich mit dir nie mehr über laufende Ermittlungen gesprochen habe, seit du einmal zu früh eine Geschichte veröffentlicht hast. Es geht einfach nicht mehr.»
«In diesem Fall geht es nicht um eine Story, sondern um deine Kinder, Laura!»
«Ich weiß, Ronald. Gute Nacht! Und ich danke dir, dass du hierbleibst. Ich bin sicher, Sofia würde sonst kein Auge zutun.»
Ronald antwortete nicht, schloss einfach die Badezimmertür. Zögernd steckte Laura den Kopf in Sofias Zimmer. «Gute Nacht, Schatz! Geht’s besser?»
«Hast du mit Papa gestritten?» Sofias Stimme klang hellwach.
«Nein, nicht wirklich.»
«Und unwirklich?»
«Es ging nur darum, dass er gleich wieder alles wissen will, und ich kann es ihm nicht sagen, weil ich es selbst nicht weiß.»
«Er ist eben Journalist, Mama. Journalisten müssen viel fragen.»
«Ja, aber man muss ihnen nicht immer antworten, Sofi.»
«Vielleicht werde ich auch Journalistin.»
«Bene, warum nicht. Jetzt schlaf gut. Du brauchst wirklich keine Angst zu haben.»
«Hab ich auch nicht. Papa ist ja da!»
«Ja, das ist gut.» Laura schloss leise die Tür und dachte an ihre Nahkampffähigkeiten und ihre Schusswaffe. Beides schien ihrer Tochter nicht so viel Sicherheit zu geben wie ein schnarchender Ronald auf dem Wohnzimmersofa, der mindestens einen dreiviertel Liter Wein getrunken hatte. Laura überprüfte das Schloss an der Wohnungstür und legte den Riegel vor, der bisher kaum benutzt worden war. Ronald war inzwischen im Wohnzimmer verschwunden, hatte aber die Tür offen gelassen. Natürlich wusste Laura, warum er das tat, trotzdem fühlte sie sich gestört und musste den Impuls unterdrücken, die Tür zu schließen. Stattdessen machte sie ihre Schlafzimmertür zu und ließ sich aufs Bett fallen.
Sie hatte nicht die geringste Ahnung, wer hinter dem anonymen Anruf stecken könnte. Ihre private Telefonnummer war geheim, trotzdem kannten sie natürlich viele Menschen … Freunde, Kollegen … und im Intranet der Polizei stand sie auch. Ein Hacker würde sie herausfinden können, mühelos vermutlich.
Sie hatte an diesem Tag zwei Ermittlungsgespräche geführt, aber als Hacker schieden die Befragten aus. Der Erste war Dr. Dr. Matthias Mertens gewesen, der Vorstandsvorsitzende der Hardenberg Bank. Leo Hardenberg selbst hatte sich bereits vor zwei Jahren aus dieser Position zurückgezogen, aber ein Vetorecht bei wichtigen Entscheidungen des Vorstands behalten. Dieser Mertens hatte sich über Hardenbergs Tod kaum erschüttert gezeigt, hatte in einem Nebensatz sogar sein Missfallen über eine Affäre des Bankerben ausgedrückt. So ganz nebenbei ließ er dann noch durchblicken, dass er den Verstorbenen für wenig geeignet hielt, eine Bank zu leiten. All diese kleinen Bosheiten platzierte er geschickt zwischen lobenden Worten über diesen «ganz besonderen Mann», wie er es ausdrückte. Als Laura ihn auf die Ermittlungen im Umfeld der Bank ansprach, wurde Mertens wortkarg. Um ein paar Lächerlichkeiten habe es sich gehandelt, um falsche Anschuldigungen eines zu Recht entlassenen Managers und solche Sachen. Als Laura fragte, weshalb der Manager entlassen wurde, murmelte Mertens etwas von Insiderhandel. Laura hatte sich dumm gestellt und nachgefragt, was denn das genaue Vergehen gewesen sei.
«Der Betreffende hat sich auf Kosten der Bank bereichert, weil er in Bezug auf die Entwicklung bestimmter Wertpapiere über interne Informationen verfügte.» Nur widerwillig hatte Mertens diese Erklärung vor sich hin genäselt und dabei vermieden, Laura anzusehen.
Zuletzt fragte Laura nach den Fusionsplänen mit der Banca libera, und da schien Mertens regelrecht zu erstarren, obwohl er schon zuvor nicht besonders lebendig gewesen war. Seine Lippen wurden schmaler, seine Augen verloren jeglichen Ausdruck, und er fragte nahezu tonlos zurück, woher sie diese Information hätte.
«Ich arbeite nur die Fragen des italienischen Staatsanwalts ab», hatte Laura geantwortet und hinzugefügt, dass sie von Banken absolut keine Ahnung hätte. Ihr Fachgebiet sei die Aufklärung von Tötungsdelikten und nicht die von Wirtschaftskriminalität. Das schien Mertens Erstarrung etwas zu
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