Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane
Kupfer.
Als sich der Indianer vom Dollbord aufrichtete, sah er Greys Blick und lächelte.
»Hütet Euch, Engländer«, sagte er mit deutlichem französischem Akzent, streckte die Hand aus und fuhr Grey ganz beiläufig mit den Fingern durch das lose Haar. »Euer Skalp würde sich gut am Gürtel eines Huronen machen.«
Das brachte die Soldaten aus dem Boot zum Lachen, und der Indianer wandte sich immer noch lächelnd zu ihnen um.
»Sie sind nicht sehr wählerisch, die Abenaki, die für die Franzosen arbeiten. Ein Skalp ist ein Skalp – und die Franzosen zahlen gut dafür, ganz gleich, welche Farbe er hat.« Er nickte den Grenadieren, die jetzt nicht mehr lachten, freundlich zu. »Ihr kommt mit mir.«
AUF DER INSEL BEFAND sich bereits ein kleines Lager; eine Infanterie-Abordnung unter Hauptmann Woodford – dessen Name Grey mit einem Hauch von Argwohn erfüllte, der sich jedoch Gott sei Dank nicht als Verwandter von Lord Enderbys Familie entpuppte.
»Auf dieser Seite der Insel sind wir einigermaßen sicher«, erzählte er Grey, als er ihm nach dem Abendessen vor seinem Zelt seine Feldflasche mit Brandy anbot. »Aber auf der anderen Seite unternehmen die Indianer regelmäßig Raubzüge – ich habe letzte Woche vier Männer verloren, drei wurden getötet und einer verschleppt.«
»Aber Ihr habt doch Eure eigenen Kundschafter?«, fragte Grey und schlug nach den Moskitos, die in der Dämmerung auszuschwärmen begonnen hatten. Er hatte den Indianer, der sie zum Lager gebracht hatte, nicht wiedergesehen, doch es befanden sich noch andere Indianer im Lager, die meisten an ihrem eigenen Lagerfeuer, doch ein paar hockten mit glänzenden, wachsamen Augen bei den Louisbourg-Grenadieren, die mit Grey auf der Harwood übergesetzt hatten.
»Ja, und den meisten kann man trauen«, sagte Woodford als Antwort auf Greys unausgesprochene Frage. Er lachte, doch ohne jeden Humor. »Zumindest hoffen wir das.«
Er hatte mit Woodford gegessen, sie hatten eine Partie Karten gespielt, und Grey hatte Neuigkeiten aus der Heimat gegen Informationen über den Feldzug eingetauscht.
General Wolfe hatte geraume Zeit in Montmorency unterhalb von Quebec verbracht. Doch alles, was er dort versucht hatte, hatte ihm nur Enttäuschungen eingebracht, und so hatte er diesen Posten aufgegeben und den Großteil seiner Truppen einige Meilen stromaufwärts der Zitadelle gesammelt. Diese, eine bisher uneinnehmbare Festung, thronte auf steilen Klippen über dem Fluss, so dass sie sowohl den Strom als auch die Ebenen im Westen im Visier ihrer Kanonen hatte und die englischen Kriegsschiffe gezwungen waren, sich im Schutz der Nacht vorbeizustehlen – und ihnen selbst das nicht jedes Mal gelang.
»Wolfe scharrt gewiss mit den Hufen, jetzt, da seine Grenadiere hier sind«, prophezeite Woodford. »Er hält große Stücke auf diese Kameraden, hat mit ihnen vor Louisbourg gekämpft. Hier, Oberst, Ihr werdet ja lebendig verspeist – verreibt ein bisschen hiervon auf den Händen und im Gesicht.« Er kramte in seiner Feldtruhe und brachte eine Dose mit einem stark riechenden Fett zum Vorschein, die er über den Tisch schob.
»Bärenschmalz und Minze«, erklärte er. »Die Indianer benutzen es – oder sie schmieren sich mit Schlamm ein.«
Grey nahm reichlich; es war nicht ganz der gleiche Geruch wie der des Kundschafters vorhin, aber er war sehr ähnlich, und Grey empfand es als seltsam verstörend, sich das Fett aufzutragen. Doch es half tatsächlich gegen die blutsaugenden Insekten.
Er hatte kein Geheimnis aus dem Grund für seine Anwesenheit gemacht und erkundigte sich jetzt offen nach Carruthers.
»Wisst Ihr, wo man ihn festhält?«
Woodford runzelte die Stirn und schenkte Brandy nach.
»Gar nicht. Er wurde auf Ehrenwort auf freien Fuß gesetzt und hat in Gareon, wo Wolfe sein Hauptquartier hat, ein Zimmer im Ort.«
»Ah?« Das überraschte Grey ein wenig – doch andererseits bezichtigte man Carruthers ja nicht der Meuterei, sondern des Versagens bei ihrer Unterdrückung – eine seltene Anklage. »Kennt Ihr die Einzelheiten des Falls?«
Woodford öffnete den Mund, als wollte er etwas sagen, doch dann holte er tief Luft, schüttelte den Kopf und trank Brandy. Woraus Grey schloss, dass wahrscheinlich jeder die Einzelheiten kannte, dass aber etwas faul an der Sache war. Nun, er hatte Zeit. Er würde es sowieso direkt von Carruthers erfahren.
Das Gespräch wandte sich allgemeinen Dingen zu, und nach einer Weile sagte Grey gute Nacht. Die Grenadiere
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