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Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Titel: Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Boden aufhob und um sich schlug, um die Männer aufzuhalten, die versuchten, an ihm vorbei zum Lager zu kommen.
    Stromaufwärts entsprang ein weiterer Funke und dahinter noch einer: noch mehr Branderschiffe. Die Boote waren jetzt im Wasser. Wenn sie die Branderschiffe abwenden konnten, war es möglich, dass die Harwood vor der unmittelbaren Zerstörung gerettet wurde; Grey befürchtete, dass, was auch immer an der Rückseite des Lagers vor sich ging, eine Finte war, um die Männer vom Ufer wegzulocken und das Schiff einzig im Schutz seiner Besatzung zurückzulassen. Möglich, dass die Franzosen dann eine mit explosivem Material beladene Barkasse oder ein Enterboot schickten, in der Hoffnung, der Entdeckung zu entgehen, solange die Männer von den brennenden Booten und dem Überfall verwirrt und abgelenkt waren.
    Das erste der Branderschiffe war harmlos ans andere Ufer getrieben und brannte auf dem Sand nieder, eine Flamme der Schönheit in der Nacht. Dem klein gewachsenen Herrn mit der bemerkenswerten Stimme – er war eindeutig Sergeant, dachte Grey – war es gelungen, eine kleine Gruppe von Soldaten zusammenzutrommeln, die er Grey jetzt mit einem knappen Salut präsentierte.
    »Sollen sie ihre Musketen holen, und zwar geordnet, Sir?«
    »Ja«, sagte Grey. »Und sie sollen sich beeilen. Geht mit ihnen, Sergeant – Ihr seid doch Sergeant?«
    »Sergeant Aloysius Cutter, Sir«, antwortete der Mann mit einem Kopfnicken, »freut mich, die Bekanntschaft eines Offiziers zu machen, der ein Hirn im Kopf hat.«
    »Danke, Sergeant. Und bringt bitte so viele Männer mit zurück, wie Euch begegnen. Mit Waffen. Einen Gewehrschützen oder zwei, wenn Ihr einen finden könnt.«
    Da er für den Moment getan hatte, was er tun konnte, richtete er sein Augenmerk wieder auf den Fluss, wo zwei kleine Boote von der Harwood eines der Branderschiffe von dem großen Schiff fortsteuerten, indem sie es umkreisten und unter Zuhilfenahme der Ruder mit Wasser bespritzten; er hörte die Plätschergeräusche ihrer Bemühungen und die Rufe der Seeleute.
    »Mylord?«
    Beim Klang der Stimme direkt neben ihm hätte er sich fast verschluckt. Um Ruhe bemüht drehte er sich um und hätte Tom gern dafür getadelt, dass er sich in das Chaos hinauswagte, doch bevor er die Worte finden konnte, bückte sich der junge Leibdiener zu seinen Füßen nieder und hielt ihm etwas hin.
    »Ich habe Euch Eure Hose mitgebracht, Mylord«, sagte Tom mit zitternder Stimme. »Dachte, Ihr braucht sie vielleicht, wenn es zum Kampf kommt.«
    »Sehr fürsorglich von Euch, Tom«, versicherte er seinem Leibdiener und kämpfte mit dem Drang zu lachen. Er stieg in seine Hose, zog sie hoch und steckte das Hemd hinein. »Was ist im Lager passiert, wisst Ihr das?«
    Er konnte hören, wie Tom krampfhaft schluckte.
    »Indianer, Mylord«, sagte Tom. »Sie kamen schreiend zwischen den Zelten hindurchgerannt, haben eins oder zwei in Brand gesteckt. Ich habe gesehen, wie sie einen Mann umgebracht und … und ihn skalpiert haben.« Seine Stimme war belegt, als stünde er kurz davor, sich zu übergeben. »Es war widerlich.«
    »Das kann ich mir vorstellen.« Die Nacht war zwar warm, doch Grey spürte, wie ihm die Haare auf den Armen und im Nacken zu Berge standen. Das markerschütternde Geschrei war verstummt, und er konnte zwar immer noch beträchtlichen Aufruhr im Lager hören, doch er klang jetzt anders; kein wirres Gebrüll, nur die Rufe der Offiziere, Sergeanten und Korporäle, die den Männern Befehle gaben und begannen, sie zusammenzurufen, um die Köpfe zu zählen und sich ein Bild von den Verlusten zu machen.
    Tom, der Gute, hatte Greys Pistole, Munitionsbeutel und Pulver sowie seinen Rock und seine Strümpfe mitgebracht. Angesichts des dunklen Waldes und des langen, schmalen Pfades vom Ufer zum Lager schickte Grey Tom nicht zurück, sondern wies ihn nur an, nicht im Weg zu sein, da Sergeant Cutter – der guten Soldateninstinkt bewiesen und sich ebenfalls die Zeit genommen hatte, seine Hose anzuziehen – jetzt mit seinen bewaffneten Rekruten herbeikam.
    »Wir sind vollzählig, Sir«, sagte Cutter und salutierte. »Wen habe ich die Ehre, vor mir zu haben, Sir?«
    »Ich bin Oberstleutnant Grey. Lasst Eure Männer das Schiff beobachten, bitte, Sergeant, und dabei besonders darauf achten, ob unbeleuchtete Fahrzeuge den Strom entlangkommen. Dann kehrt zurück und berichtet mir, was Ihr von der Situation im Lager wisst.«
    Cutter salutierte und verschwand prompt. Dabei rief er: »Los

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