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Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Titel: Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Ehrenwertes. Farmer. Frauen …« Er sah, wie sich Stubbs’ kräftiger Hals bewegte, als er schluckte. »Ich – wir – schon seit Monaten. Plündern das Hinterland, brennen Höfe nieder, Dörfer.« Er seufzte, und seine breiten Schultern sackten in sich zusammen. »Die Männer, ihnen macht es nichts aus. Die Hälfte von ihnen sind ohnehin Rohlinge.« Er holte röchelnd Luft. »Denken sich nichts dabei, einen Mann auf seiner Türschwelle zu erschießen und sich neben seiner Leiche an seiner Frau zu vergehen.« Er schluckte. »Montcalm ist nicht der Einzige, der für Skalps bezahlt«, sagte er leise. Grey konnte nicht umhin, den wunden Ton in seiner Stimme zu hören, einen Schmerz, der nicht körperlich war.
    »Jeder Soldat hat so etwas schon gesehen, Malcolm«, sagte er nach einer kurzen Pause beinahe sanft. »Du bist Offizier. Es ist deine Aufgabe, sie im Zaum zu halten.« Und du weißt verdammt gut, dass das nicht immer möglich ist , dachte er.
    »Ich weiß«, sagte Malcolm und begann zu weinen. »Ich konnte es nicht.«
    Grey wartete ab, während er schluchzte, und fühlte sich zunehmend töricht und beklommen. Schließlich hoben sich die breiten Schultern und entspannten sich.
    Nach einem Moment sagte Malcolm mit leicht zitternder Stimme: »Jeder findet einen Weg, nicht wahr? Und so viele Wege gibt es ja nicht. Alkohol, Karten oder Frauen.« Er hob den Kopf und rutschte ein wenig, um eine bequemere Haltung zu finden. »Aber du hältst es nicht sehr mit den Frauen, oder?«
    Grey fühlte, wie ihm der Magen wegsackte, doch er begriff rechtzeitig, dass Malcolm seine Worte beiläufig gesagt hatte und keine Anklage in seinem Ton lag.
    »Nein«, sagte er und holte tief Luft. »Meistens Alkohol.«
    Malcolm nickte und wischte sich die Nase am Ärmel ab.
    »Alkohol hilft mir nicht«, sagte er. »Ich schlafe ein, aber ich vergesse nicht. Ich träume nur von … Dingen. Und Huren – ich – nun ja, ich wollte mir keine Krankheit holen und vielleicht … nun, Olivia«, murmelte er und blickte zu Boden. »Bin kein guter Kartenspieler«, sagte er und räusperte sich. »Aber in den Armen einer Frau – da kann ich schlafen.«
    Grey lehnte sich an die Wand und fühlte sich beinahe so geprügelt wie Malcolm Stubbs. Leuchtende Blätter schwebten durch die Luft, umwirbelten sie, sanken in den Schlamm.
    »Also schön«, sagte er schließlich. »Was hast du jetzt vor?«
    »Weiß nicht«, sagte Stubbs tonlos und resigniert. »Ich werde mir wohl etwas einfallen lassen.«
    Grey bückte sich und bot ihm die Hand an; Stubbs rappelte sich vorsichtig auf, nickte Grey zu und humpelte auf das Ende der Gasse zu, vornübergebeugt, die Hände vor den Bauch gepresst, als könnten seine Innereien herausfallen. Doch auf halbem Weg blieb er stehen und sah sich um.
    »Kann ich – die Miniatur? Sie sind immer noch die Meinen, Olivia und das … mein Sohn.«
    Grey stieß einen Seufzer aus, der ihm durch Mark und Bein ging; er fühlte sich tausend Jahre alt.
    »Ja, das sind sie«, sagte er, folgte ihm, zog die Miniatur aus seiner Tasche und steckte sie Stubbs vorsichtig in den Rock. »Vergiss das nicht, ja?«
    ZWEI TAGE SPÄTER traf ein Konvoi von Militärschiffen unter dem Kommando von Admiral Holmes ein. Wieder überfluteten Männer die Stadt, die Hunger auf ungepökeltes Fleisch, frisch gebackenes Brot, Alkohol und Frauen hatten. In Greys Quartier erschien ein Bote, der ihm ein Päckchen von seinem Bruder brachte, mit den besten Wünschen des Admirals.
    Es war klein, aber sorgfältig gepackt, in Wachstuch gewickelt und mit Zwirn verschnürt, dessen Knoten mit dem Wappen seines Bruders versiegelt war. Das sah Hal gar nicht ähnlich, denn seine Kommuniqués bestanden üblicherweise aus hastig verfassten Noten, die im Allgemeinen etwas weniger als die Anzahl der Worte enthielten, die unbedingt notwendig waren, um seine Nachricht zu übermitteln. Sie waren nur selten unterschrieben, geschweige denn versiegelt.
    Auch Tom Byrd schien das Paket leicht ominös zu finden; er hatte es separat von der restlichen Post hingelegt und es mit einer großen Flasche Brandy beschwert, als wollte er verhindern, dass es die Flucht ergriff. Entweder das, oder er vermutete, dass Grey den Brandy brauchen würde, um ihm bei der anstrengenden Aufgabe zu helfen, einen Brief zu lesen, der mehr als eine Seite umfasste.
    »Sehr fürsorglich, Tom«, murmelte er lächelnd und griff nach seinem Taschenmesser.
    Tatsächlich nahm der Brief im Inneren des Päckchens weniger als eine

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