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Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Titel: Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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jede Spur der Kreatur zu beseitigen. Falls sie etwas damit zu tun hatten, so glaubte er, dass er am besten den Bediensteten Rodrigo befragte. Es würde ihm demzufolge wenig helfen, wenn er das Haus in Alarm versetzte und das Augenmerk vorzeitig auf den jungen Mann lenkte.
    »Tom«, sagte er und wandte sich an seinen Leibdiener. »Habt Ihr den Eindruck, dass man mit Rodrigo reden kann?«
    »Oh ja, Mylord. Er war beim Essen sehr freundlich zu mir«, versicherte ihm Tom, eine Bürste in der Hand. »Möchtet Ihr, dass ich mit ihm spreche?«
    »Ja, bitte. Ansonsten …« Er rieb sich das Gesicht und spürte die Bartstoppeln an seinem Kinn. »Ich denke, wir fahren mit unseren Plänen für morgen fort. Major Cherry – falls Ihr Euch zusätzlich die Zeit nehmen würdet, Mr. Dawes zu befragen? Ihr könnt ihm erzählen, was sich heute Nacht hier ereignet hat; seine Reaktion darauf würde mich sehr interessieren.«
    »Ja, Sir.« Cherry richtete sich auf und leerte seinen Whisky, hustete und saß einen Moment lang blinzelnd da, dann räusperte er sich. »Der, äh, der Gouverneur, Sir …?«
    »Ich werde selbst mit ihm sprechen«, sagte Grey. »Und danach habe ich vor, in die Hügel zu reiten, um ein paar Plantagen zu besuchen und mir dabei die Verteidigungsposten anzusehen. Denn wir müssen den Eindruck erwecken, dass wir prompt und entschlossen zur Tat schreiten. Wenn wir gegen die Aufständischen zu Feld ziehen, so doch erst, wenn wir wissen, womit wir es zu tun haben.« Fettes und Cherry nickten; als altgediente Soldaten drängte es sie keinesfalls, sich voreilig in den Kampf zu stürzen.
    Nach dem Ende der Zusammenkunft setzte sich Grey mit einem frischen Glas Whisky hin und nippte daran, während Tom schweigend zu Ende aufräumte.
    »Seid Ihr sicher, dass Ihr heute Nacht hier schlafen wollt, Mylord?«, sagte er, während er die Ankleidebank ordentlich zurückstellte. »Ich bin sicher, dass ich ein anderes Zimmer für Euch finden könnte.«
    Grey lächelte ihn voll Zuneigung an.
    »Daran zweifle ich nicht, Tom. Doch unser neuer Freund könnte das auch, nehme ich an, also in dem Fall, mich finden. Nein, Major Cherry wird eine doppelte Wache auf der Terrasse postieren und im Haupthaus ebenfalls. Ich werde hier vollkommen sicher sein.« Und selbst wenn nicht, so war der bloße Gedanke, sich zu verstecken, sich vor dem Wesen zu verkriechen, das ihn heimgesucht hatte … unerträglich. Nein! Er würde nicht zulassen, dass sie – wer auch immer sie waren – glaubten, sie hätten ihn eingeschüchtert.
    Tom seufzte und schüttelte den Kopf, griff aber in sein Hemd und zog ein kleines Kreuz hervor, das aus Strohhalmen geflochten und schon etwas zerknickt war und an einem Lederriemen hing.
    »Also schön, Mylord. Aber Ihr werdet wenigstens das hier tragen.«
    »Was ist es denn?«
    »Ein Glücksbringer, Mylord. Ilsa hat es mir in Deutschland geschenkt. Sie hat gesagt, es würde mich vor dem Bösen beschützen – und das hat es bisher auch getan.«
    »Oh nein, Tom – Ihr könnt doch gewiss nicht darauf ver…«
    Tom verzog den Mund zu einem trotzigen Ausdruck, den Grey gut kannte, beugte sich vor und legte Grey das Lederband um den Hals. Sein Mund entspannte sich.
    »So, Mylord. Ich zumindest kann jetzt schlafen.«
    GREYS PLAN, BEIM FRÜHSTÜCK MIT DEM GOUVERNEUR ZU SPRECHEN, wurde vereitelt, weil der Gentleman ihm ausrichten ließ, er sei indisponiert. Grey, Cherry und Fettes sahen sich über den Frühstückstisch hinweg an, doch Grey sagte nur: »Fettes? Und Ihr, bitte, Major Cherry.« Sie nickten und wechselten einen Blick leiser Genugtuung. Er verkniff sich das Lächeln; sie liebten es, Verhöre zu führen.
    Dawes, der Sekretär, war zwar beim Frühstück zugegen, sagte aber nicht viel und widmete sich mit ganzer Aufmerksamkeit den Eiern und dem Toast auf seinem Teller. Grey betrachtete ihn zwar sorgfältig, doch er legte weder Spuren nächtlicher Ausflüge noch heimlichen Wissens an den Tag. Grey warf Cherry einen Blick zu. Fettes’ und Cherrys Mienen erhellten sich bei der Aussicht auf Erfüllung ihrer baldigen Aufgabe sichtlich.
    Wie er selbst weiter vorgehen würde, stand ebenfalls fest. Er musste so bald wie möglich öffentlich auftreten und durch seine Handlungsweise verdeutlichen, dass die Lage unter Kontrolle war – und den Aufständischen signalisieren, dass sie unter Beobachtung standen und dass ihr zerstörerisches Verhalten nicht länger ohne Reaktion bleiben würde.
    Nach dem Frühstück rief er einen seiner

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