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Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Titel: Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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drei Jahre zuvor war Grey in Crefeld schwer verwundet worden und hätte den Arm um ein Haar verloren. Er konnte ihn zwar benutzen, doch er war immer noch um einiges schwächer, als ihm lieb war. Doch als er ihn jetzt betrachtete, erschrak er. Dunkle Flecken beschmutzten seinen hellen Hemdsärmel, und als er die rechte Hand umdrehte, stellte er fest, dass sie feucht und klebrig war.
    »Himmel«, murmelte er und hob sie vorsichtig an seine Nase. Dieser Geruch war unverwechselbar, auch wenn er von dem Grabgestank übertüncht wurde und vom unpassenden Duft des nachtblühenden Jasmins, der in Kübeln vor der Terrasse wuchs. Regen setzte ein, durchdringend und süß – doch selbst der konnte den Geruch nicht auslöschen.
    Blut. Frisches Blut. Allerdings nicht seins.
    Mit dem Hemdsaum rieb er sich das restliche Blut von der Hand, und das kalte Entsetzen der vergangenen Minuten verwandelte sich in eine glühende Kohle aus Wut, die heiß in seiner Magengrube ruhte.
    Er war schon den Großteil seines Lebens Soldat; er hatte selbst getötet. Er hatte die Toten auf Schlachtfeldern gesehen. Und eines wusste er mit Gewissheit: Ein Toter blutet nicht.
    FETTES UND CHERRY MUSSTEN ES NATÜRLICH ERFAHREN. Das galt auch für Tom, denn er konnte die Verwüstung in seinem Zimmer nicht als Resultat eines Alptraums erklären. Die vier Männer sammelten sich in Greys Zimmer und konferierten bei Kerzenschein, während sich Tom damit befasste, den Schaden zu beseitigen. Er war bleich um die Lippen.
    »Ihr habt also noch nie etwas von Zombies gehört?« Allgemeines Kopfschütteln. Eine große, eckige Flasche exzellenten schottischen Whiskys hatte die Strapazen der Reise auf dem Boden seines Koffers überstanden, und er schenkte allen großzügig davon ein und schloss besonders Tom nicht aus.
    »Tom – würdet Ihr Euch morgen bei den Dienstboten umhören? Vorsichtig natürlich? Trinkt das, es wird Euch guttun.«
    »Oh, ich werde vorsichtig sein, Mylord«, versicherte Tom ihm dienstbeflissen. Er trank gehorsam einen Schluck Whisky, bevor Grey ihn warnen konnte. Seine Augen quollen vor, und er machte ein Geräusch wie ein Bulle, der sich auf eine Hummel gesetzt hat, doch er brachte es irgendwie fertig, den Whisky zu schlucken, woraufhin er still stehen blieb und wie betäubt den Mund öffnete und schloss.
    Bob Cherrys Mund zuckte, doch Fettes blieb so ungerührt wie üblich.
    »Warum, glaubt Ihr, wurdet Ihr angegriffen, Sir?«
    »Wenn der Bedienstete, der mich wegen des Obeah-Manns gewarnt hat, recht hatte, kann ich nur vermuten, dass es infolge der Tatsache geschah, dass ich Wachtposten beim Gouverneur aufgestellt habe. Doch Ihr habt recht.« Er bestätigte Fettes’ implizierte Vermutung mit einem Kopfnicken. »Das bedeutet, dass, wer auch immer hinter alldem steckt …« Er wies auf die Unordnung in seinem Zimmer, das nach wie vor durchdringend nach dem Eindringling roch, trotz des regenduftenden Winds, der durch die zerschmetterte Tür kam, und des Whiskys, der nach verbranntem Honig roch. »Dass er entweder das Haus genau beobachtet hat oder …«
    »… oder hier wohnt«, vollendete Fettes und trank einen meditativen Schluck. »Dawes vielleicht?«
    Grey zog die Augenbrauen hoch. Dieser kleine, rundliche, joviale Mann? Und doch kannte er eine ganze Reihe von kleinen durchtriebenen Männern.
    »Nun«, sagte er, langsam den Kopf schüttelnd, »er war es gewiss nicht, der mich angegriffen hat, so viel weiß ich. Wer auch immer es war, war größer als ich und sehr schlank – ganz und gar nicht korpulent.«
    Tom stieß ein zögerndes Geräusch aus, um anzudeuten, dass er eine Idee hatte, und Grey erteilte ihm kopfnickend die Erlaubnis zu sprechen.
    »Seid Ihr ganz sicher, Mylord, dass der Mann, der auf Euch losgegangen ist … äh … wirklich nicht tot war? Denn seinem Geruch nach hat er mindestens eine Woche in der Erde gelegen.«
    Die vier Männer erschauerten unwillkürlich, doch Grey schüttelte wieder den Kopf.
    »Absolut sicher«, sagte er, so entschieden er konnte. »Es war ein lebender Mann – wenn auch gewiss ein merkwürdiger«, fügte er stirnrunzelnd hinzu.
    »Sollten wir das Haus durchsuchen?«, schlug Cherry vor.
    Grey überlegte und schüttelte dann erneut den Kopf.
    »Er – oder es – ist aus dem Garten gekommen und in dieselbe Richtung verschwunden. Er hat deutliche Fußspuren hinterlassen.« Er fügte nicht hinzu, dass die Dienstboten – wenn sie denn etwas damit zu tun hatten – inzwischen genug Zeit gehabt hatten,

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