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Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Titel: Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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aneinandergereihte Schachteln, die allesamt auf die Terrasse hinausblickten und durch eine Glastür direkt darauf hinausführten. Seine Glastür war für die Nacht mit einem langen schützenden Baumwollvorhang verhängt worden. Er hielt einen Moment inne, die Hand am Vorhang; wenn jemand das Zimmer beobachtete, würde er sehen, wenn der Vorhang beiseitegezogen wurde.
    Stattdessen wandte er sich also ab und ging zur inneren Zimmertür. Diese führte auf einen schmalen Korridor hinaus, der im Moment vollständig dunkel war – und vollständig leer, wenn er seinen Sinnen trauen konnte. Leise schloss er die Tür. Es war interessant, dachte er, dass Rodrigo sozusagen zur Vordertür hineingekommen war, obwohl er Grey doch ungesehen durch die innere, nicht abschließbare Tür hätte aufsuchen können.
    Doch er hatte ja gesagt, der Obeah-Mann hätte ihn geschickt. Er wollte eindeutig, dass man sah, dass er seinen Befehl ausgeführt hatte. Was wiederum bedeutete, dass wahrscheinlich jemand beobachtete, ob er es getan hatte.
    Die logische Schlussfolgerung war, dass ebendieser Jemand – oder diese Jemande – auch Grey beobachtete(n), um zu sehen, was er als Nächstes tun würde.
    Sein Körper war bereits zu seinen eigenen Schlussfolgerungen gekommen, und er griff nach Hose und Hemd, noch bevor das Gehirn bewusst entschieden hatte, dass es, wenn Warren Unheil drohte, eindeutig seine Pflicht war, dies zu verhindern – Zombies oder nicht. Er trat auf die Terrasse hinaus und bewegte sich ganz unverhohlen.
    An jedem Ende der Terrasse war ein Infanterist postiert, wie er es erwartet hatte; Robert Cherry war ein höchst penibler Mensch. Andererseits hatten die verflixten Wachtposten eindeutig nicht gesehen, wie Rodrigo sein Zimmer betreten hatte, und das erfreute ihn weitaus weniger. Doch sein Tadel konnte warten; der Wachtposten, der ihm am nächsten war, sah ihn und stellte ihn mit einem scharfen: »Wer ist da?«
    »Ich bin es«, sagte Grey knapp und schickte den Wachtposten ohne Umschweife mit dem Befehl davon, die anderen Soldaten, die rings um das Haus postiert waren, in Alarmbereitschaft zu versetzen und zwei Männer in das Haus zu schicken, wo sie in der Eingangshalle warten sollten, bis man sie rief.
    Daraufhin begab sich Grey zurück in sein Zimmer und durch die Innentür in den dunklen Korridor. Hinter einer Tür an dessen Ende fand er einen dösenden schwarzen Bediensteten, der sich um das Feuer unter einer Reihe großer Kupferkessel kümmerte, die den Haushalt mit heißem Wasser versorgten.
    Der Mann starrte ihn blinzelnd an, als er ihn wach rüttelte, nickte aber schließlich als Antwort auf Greys Forderung, zum Schlafgemach des Gouverneurs gebracht zu werden. Der Mann führte ihn in den Hauptteil des Hauses und dann eine dunkle Treppe hinauf, die nur durch das Mondlicht erhellt wurde, das durch die hohen Fenster fiel. In der oberen Etage war alles still bis auf langsames, regelmäßiges Schnarchen aus einem Zimmer, von dem der Sklave sagte, es sei das Zimmer des Gouverneurs.
    Der Mann wankte vor Erschöpfung; Grey entließ ihn mit der Anordnung, die Soldaten einzulassen, die inzwischen an der Tür sein mussten, und sie hinaufzuschicken. Der Mann gähnte herzhaft und Grey sah zu, wie er die Treppe hinunter in die finstere Eingangshalle stolperte. Hoffentlich fiel der Mann nicht hin und brach sich den Hals. Das Haus war nun ganz still. Allmählich kam er sich ein wenig albern vor. Und doch …
    Das Haus ringsum schien zu atmen, fast so, als sei es ein fühlendes Wesen und als spürte es ihn. Eine Vorstellung, die er beunruhigend fand.
    Sollte er Warren wecken?, fragte er sich. Ihn warnen? Ihn ausfragen? Nein, entschied er. Es würde nichts bringen, den Mann in seiner Ruhe zu stören. Seine Fragen konnten warten bis zum Morgen.
    Das Geräusch von Schritten, die die Treppe heraufkamen, zerstreute sein beklommenes Gefühl. Die Wachtposten sollten an dieser Tür Wache halten; bei jedem ungewöhnlichen Geräusch im Inneren sollten sie sofort eintreten. Ansonsten …
    »Seid auf der Hut. Wenn Ihr auch nur irgendetwas seht oder hört, möchte ich es erfahren.«
    Er hielt inne, doch Warren schnarchte weiter, also zuckte er mit den Achseln, ging die Treppe hinunter, schritt in die seidene Nacht hinaus und kehrte in sein Zimmer zurück.
    Als Erstes roch er es. Im ersten Moment dachte er, er hätte die Dose mit dem Bärenschmalz nicht verschlossen – und dann packte ihn der süßliche Verwesungsgeruch an der Kehle, blitzartig

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