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Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Titel: Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Erdhügelchen mit geringelten Ranken, die Süßkartoffeln sein konnten, Bohnenstangen, große gelbe Kürbisblüten. Am anderen Ende des Feldes stieg eine kleine Rauchsäule vor dem grünen Hintergrund auf. Fast da.
    Er setzte den primitiven Hut ab, den er sich zum Schutz vor der Sonne aus Palmblättern geflochten hatte, und wischte sich das Gesicht an seinem Hemdschoß ab. Das waren alle Vorbereitungen, die er treffen konnte. Der prunkvolle, goldverzierte Hut, den er mitgenommen hatte, war wahrscheinlich noch in seiner Schachtel – wo auch immer sich diese befand. Er setzte sich seinen Palmwedelhut wieder auf und humpelte auf die Rauchsäule zu.
    Im Weitergehen wurde ihm bewusst, dass sich Menschen in sein Blickfeld schoben. Dunkelhäutige Menschen in zerlumpten Kleidern, die aus dem Dschungel kamen, um ihn mit großen, neugierigen Augen zu beobachten. Er hatte die Rebellen gefunden.
    EINE KLEINE GRUPPE VON MÄNNERN führte ihn noch weiter bergauf. Es war kurz vor Sonnenuntergang, und das Sonnenlicht fiel golden und lavendelfarben durch die Bäume, als sie ihn auf eine große Lichtung führten, auf der eine eingezäunte Ansammlung von Hütten stand. Einer der Männer, die Grey begleiteten, stieß einen Ruf aus, und aus der größten Hütte kam ein Mann, der sich ohne größere Umschweife als Hauptmann Accompong vorstellte.
    Hauptmann Accompong erwies sich als Überraschung. Er war ziemlich klein, ziemlich fett und buckelig. Sein Körper war so deformiert, dass er weniger ging, als dass er sich vielmehr durch eine Art seitliches Schwanken fortbewegte. Er trug die Überreste eines prachtvollen Rockes, dem die Knöpfe und die Hälfte der goldenen Litzen fehlten und dessen Manschetten vom Gebrauch schmutzig waren.
    Er blickte mit leuchtenden Augen aus dem Schatten unter der breiten Krempe eines zerlumpten Filzhutes hervor. Sein Gesicht war rund, faltig und sein Mund voller Zahnlücken – erweckte aber den Eindruck großer Schläue und möglicherweise auch von Humor. Grey hoffte es sehr.
    »Wer seid Ihr?«, fragte Accompong und blickte zu Grey auf wie eine Kröte unter einem Stein.
    Alle auf der Lichtung wussten eindeutig, wer er war; sie traten von einem Bein aufs andere und stießen einander grinsend an. Doch er beachtete sie nicht und verbeugte sich sehr korrekt vor Accompong.
    »Ich bin der Mann, der für die beiden jungen Männer verantwortlich ist, die auf dem Berg entführt wurden. Ich bin hier, um sie zurückzuholen – und meine Soldaten.«
    Hohngelächter erscholl, und Accompong duldete es einige Momente, bevor er die Hand hob.
    »Ach ja? Warum glaubt Ihr denn, dass ich etwas mit diesen jungen Männern zu tun habe?«
    »Ich sage ja nicht, dass es so ist. Aber ich erkenne einen großen Anführer, wenn ich einen sehe – und ich weiß, dass Ihr mir helfen könnt, meine Männer zu finden. Wenn Ihr wollt.«
    »Pah!« Accompongs Gesicht verzog sich zu einem löchrigen Lächeln. »Ihr meint, Ihr schmeichelt mir, und dann helfe ich?«
    Grey konnte spüren, wie sich einige der kleineren Kinder von hinten an ihn heranstahlen; er hörte ersticktes Gekicher, drehte sich aber nicht um.
    »Ich bitte Euch um Eure Hilfe. Aber ich biete Euch im Gegenzug nicht nur meine gute Meinung an.«
    Eine kleine Hand fasste ihm unter den Rock und kniff ihn unverschämt in den Hintern. Hinter ihm erscholl kreischendes Gelächter und wildes Gehüpfe. Er bewegte sich nicht.
    Accompong kaute langsam auf etwas, das hinten in seinem geräumigen Mund steckte, und kniff ein Auge zusammen.
    »Aha? Was bietet Ihr mir denn an? Gold?« Sein Mundwinkel verzog sich nach oben.
    »Braucht Ihr denn Gold?«, fragte Grey. Die Kinder tuschelten und kicherten jetzt wieder hinter ihm, doch er hörte ebenso Pst!-Laute einiger Frauen – sie wurden jetzt neugierig. Vielleicht.
    Accompong überlegte einen Moment, dann schüttelte er den Kopf.
    »Nein. Was habt Ihr mir sonst zu bieten?«
    »Was wollt Ihr denn?«, entgegnete Grey.
    »Hauptmann Cresswells Kopf«, sagte eine Frauenstimme sehr deutlich. Er hörte ein Schlurfen und ein Klatschen, eine tadelnde Männerstimme auf Spanisch, hitziges Frauengezischel als Erwiderung. Accompong ließ sie ein oder zwei Minuten gewähren, dann hob er die Hand. Abrupt kehrte Stille ein.
    Die Stille zog sich in die Länge. Grey konnte den Puls in seinen Schläfen schlagen hören, langsam und mühevoll. Sollte er etwas sagen? Er war ohnehin als Bittsteller hier; jetzt zu sprechen würde bedeuten, das Gesicht zu verlieren, wie es

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