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Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Titel: Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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genauso wenig gegen Greys Schlussfolgerungen, wie sie seinem Befehl widersprochen hatten, Warrens Leiche zu verstecken. Sie sahen zweifelsfrei ein, dass es wünschenswert war, kein Gerücht über eine Zombie-Plage entstehen zu lassen.
    »Was ich sagen will, meine Herren, ist, dass nach mehreren Monaten voller Zwischenfälle im letzten Monat nichts mehr vorgefallen ist. Vielleicht soll Mr. Warrens Tod diese Ruhe beenden – aber wenn er nicht das Werk der Aufständischen war, dann stellt sich die Frage … worauf warten die Rebellen?«
    Tom hob mit großen Augen den Kopf.
    »Aber Mylord, ich würde sagen – sie warten auf Euch . Worauf denn sonst?«
    WORAUF SONST, IN DER TAT? Warum hatte er das nicht sogleich gesehen? Tom hatte natürlich recht. Der Protest der Schwarzen war auf taube Ohren gestoßen; trotz ihrer Klage hatte sich nichts verbessert. Also hatten sie sich darangemacht, Aufmerksamkeit zu erregen, und zwar auf die auffälligste – wenn auch nicht die beste – Weise, die ihnen zur Verfügung stand. Einige Zeit war verstrichen; es war keine Reaktion erfolgt – und dann hatten sie gehört, dass Soldaten auf dem Weg waren. Jetzt war Oberstleutnant Grey hier. Natürlich warteten sie gespannt, was er tun würde.
    Und was hatte er bis jetzt getan? Truppen zum Schutz der Plantagen ausgesandt, die die wahrscheinlichsten Ziele weiterer Übergriffe waren. Das war nicht sehr geeignet, die Aufständischen von ihrer gegenwärtigen Handlungsweise abzubringen, selbst wenn es sie vielleicht dazu bewegen würde, anderswo zuzuschlagen.
    Er spazierte in der Wildnis des Gartens hinter dem King’s House hin und her und überlegte. Doch es gab kaum Alternativen.
    Er ließ Fettes kommen und teilte ihm mit, dass er, Fettes, bis auf Weiteres das Amt des Gouverneurs von Jamaica ausüben würde.
    Fettes sah einem Holzklotz noch ähnlicher als sonst.
    »Ja, Sir«, sagte er. »Falls ich fragen darf, Sir … wohin geht Ihr?«
    »Ich werde mit Hauptmann Accompong sprechen.«
    »Allein, Sir?«, fragte Fettes empört. »Ihr könnt doch nicht vorhaben, allein dort hinaufzureiten?«
    »Ich gehe nicht allein«, versicherte ihm Grey. »Ich nehme meinen Leibdiener und diesen Dienstboten mit. Ich brauche jemanden, der nötigenfalls für mich dolmetschen kann.«
    Er sah Fettes’ sture Miene und seufzte.
    »Mit einer Truppe dorthin zu gehen, Major, würde bedeuten, einen Kampf herauszufordern, was ich nicht will.«
    »Nein, Sir«, sagte Fettes skeptisch, »aber eine angemessene Eskorte wäre doch gewiss …!«
    »Nein, Major«, sagte Grey höflich, aber bestimmt. »Ich möchte klarmachen, dass ich komme, um mit Hauptmann Accompong zu sprechen , sonst nichts. Ich gehe allein.«
    »Ja, Sir.« Fettes nahm allmählich das Aussehen eines Holzklotzes an, dem jemand mit Hammer und Meißel zu Leibe rückte.
    »Wie Ihr wünscht, Sir.«
    Grey nickte und wandte sich dem Haus zu, hielt dann aber inne und drehte sich noch einmal um.
    »Oh, da wäre noch eines, was Ihr für mich tun könntet, Major.«
    Fettes’ Miene erhellte sich ein wenig.
    »Ja, Sir?«
    »Besorgt mir einen besonders prächtigen Hut, ja? Wenn möglich mit goldenen Litzen.«
    SIE RITTEN FAST ZWEI TAGE, bevor sie das erste Horn hörten. Ein hoher, melancholischer Klang im Zwielicht, der von weit her zu kommen schien. Nur ein metallischer Unterton gab Grey die Gewissheit, dass es nicht der Ruf eines großen exotischen Vogels war.
    »Die Schwarzen auf dem Berg«, sagte Rodrigo leise und zog ein wenig den Kopf ein, als versuchte er, selbst im Sattel keine Aufmerksamkeit zu erregen. »So sprechen sie miteinander. Jede Gruppe hat ein Horn; jedes klingt anders.«
    Noch ein langer, klagender, abfallender Ton. War es dasselbe Horn?, fragte sich Grey. Oder ein zweites, das dem ersten antwortete?
    »Sie sprechen miteinander, sagt Ihr. Könnt Ihr verstehen, was sie sagen?«
    Rodrigo hatte sich wieder im Sattel aufgerichtet und automatisch hinter sich gegriffen, um die Lederschachtel zu stützen, die den prunkvollsten Hut enthielt, der in Spanish Town zu bekommen war.
    »Ja, Sah. Sie sagen einander, dass wir hier sind.«
    Tom murmelte etwas vor sich hin, das wie »Das hätte ich auch so gewusst« klang, verzichtete aber darauf, den Satz zu wiederholen oder zu erläutern, als man ihn darum bat.
    Sie schlugen ihr Nachtlager im Schutz eines Baumes auf und waren so müde, dass sie beim Essen einfach nur schweigend dasaßen und dem abendlichen Gewitter zusahen, das vom Meer heraufzog. Dann krochen sie in

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