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Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Titel: Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Stimmt das?«
    »Ich kann etwas zu trinken bestellen, Streit anfangen oder nach dem Weg fragen. Ist irgendetwas davon hilfreich?«
    »Letzteres vielleicht«, sagte Randall sehr trocken. »Aber wir wollen hoffen, dass es nicht dazu kommt.«
    Der MI6-Agent hatte die Formulare beiseitegeschoben und die Karten auseinandergerollt. Wie von einem Magneten angezogen beugte Jerry sich unwillkürlich vor. Es waren offizielle Karten, die jedoch von Hand markiert waren – mit Kreisen und Kreuzen.
    »Es ist so«, sagte Randall und glättete die Karten mit beiden Händen. »Die Nazis haben seit zwei Jahren Arbeitslager in Polen, doch die Öffentlichkeit weiß nichts davon – weder bei ihnen noch international. Es wäre unseren Bemühungen sehr zuträglich, wenn es allgemein bekannt würde. Nicht nur die Existenz der Lager, sondern auch die Dinge, die dort vor sich gehen.« Ein Schatten huschte über sein dunkles, hageres Gesicht – Wut, dachte Jerry fasziniert. Mr. MI6 wusste anscheinend, was für Dinge dort vor sich gingen, und er fragte sich, woher.
    »Wenn wir wollen, dass es bekannt wird und die Leute darüber reden – und das wollen wir –, brauchen wir dokumentarische Belege dafür«, sagte Randall nun ruhig und sachlich, »Fotos.«
    Sie würden zu viert sein, informierte er ihn, vier Spitfire-Piloten. Ein Geschwader – aber sie würden nicht zusammen fliegen. Jeder von ihnen würde ein bestimmtes Ziel haben, jedes an einem anderen Ort, aber sie sollten alle am selben Tag zuschlagen.
    »Die Lager werden zwar bewacht, aber sie haben keine Flugabwehr. Es gibt allerdings Wachtürme mit Maschinengewehren.« Und man brauchte Jerry nicht zu sagen, dass ein Maschinengewehr in der Hand eines Soldaten nicht weniger wirkungsvoll war als an einem feindlichen Flugzeug. Um die Bilder zu schießen, die Randall wollte, musste er tief fliegen – so tief, dass er es riskierte, von den Türmen aus angeschossen zu werden. Er würde nur die Überraschung auf seiner Seite haben; möglich, dass ihn die Wachen zwar sahen, aber nicht damit rechneten, dass er zum Tiefflug über das Lager ansetzen würde.
    »Versuchen Sie nicht mehr als einen Überflug, es sei denn, die Kameras funktionieren nicht. Besser, weniger Bilder zu haben als gar keine.«
    »Ja, Sir.« Er war wieder zum »Sir« übergegangen, weil Oberst Malan als schweigender, aber aufmerksamer Zuhörer bei dieser Besprechung dabei war. Man musste schließlich den Schein wahren.
    »Hier ist die Liste der Ziele, an denen Sie in Northumberland üben werden. Nähern Sie sich, so weit Sie es für machbar halten, ohne zu riskieren, dass …« Randalls Gesicht veränderte sich, und er lächelte ironisch. »Nähern Sie sich, so weit Sie es schaffen, dabei aber immer noch die Chance haben zurückzukommen. Die Kameras sind möglicherweise noch mehr wert als Sie.«
    Das entlockte Malan ein leises Glucksen. Piloten – vor allem ausgebildete Piloten – waren wertvoll. Die RAF hatte inzwischen zwar reichlich Flugzeuge – aber nicht annähernd genug Piloten, um sie zu fliegen.
    Man würde ihm beibringen, die Flügelkameras zu benutzen – und den Film unbeschadet zu entnehmen. Falls er abgeschossen wurde, aber überlebte und das Flugzeug nicht ausbrannte, sollte er den Film entnehmen und versuchen, ihn außer Landes zu bringen.
    »Daher die polnische Sprache.« Randall fuhr sich mit der Hand durch das Haar und lächelte Jerry noch einmal an. »Wenn Sie zu Fuß gehen müssen, müssen Sie ja vielleicht nach dem Weg fragen.« Sie hatten zwei polnischsprachige Piloten, sagte er – Polen, die sich freiwillig gemeldet hatten, und einen Engländer, der ein paar Worte Polnisch sprach wie Jerry.
    »Und es ist eine Freiwilligenmission, lassen Sie mich das wiederholen.«
    »Aye, ich weiß«, sagte Jerry gereizt. »Hab doch gesagt, ich tu’s, oder? Sir.«
    »Ja.« Randall sah ihn einen Moment an, und seine dunklen Augen waren unergründlich, dann ließ er den Blick wieder auf die Karten sinken. »Danke«, sagte er leise.
    DIE KANZEL SCHLOSS SICH KLICKEND über seinem Kopf. Es war ein feuchter, dunkler Tag in Northumberland, und sein Atem ließ die Innenseite der Plexiglasscheibe in Sekunden beschlagen. Er beugte sich vor, um darüberzuwischen, und stieß einen Aufschrei aus, weil er sich mehrere Haarsträhnen ausriss. Er hatte vergessen, beim Zuklappen der Kanzel den Kopf einzuziehen. Schon wieder. Leise fluchend entriegelte er die Kanzel, und die hellbraunen Strähnen, die von der Scheibe eingeklemmt

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