Zeit der Teufel
und sie gleich bei der ersten Fahrt liegenblieb, hat sie regelrecht getobt. Dabei wusste sie doch, dass das Auto nicht ganz zuverlässig war. Sie hat schließlich oft genug mit erlebt, wie ich an der Karre herumbasteln musste. Und sie wollte den Wagen unbedingt haben, als ich ihn nicht mehr brauchte.«
Die Unterhaltung endete irgendwann wegen beiderseitiger Müdigkeit. Nach dem Frühstück fuhren sie per Taxi zu ihrem ersten Gespräch mit Zeitungsredakteuren.
In der Redaktion wusste man von nichts!
»Mit wem wollen Sie denn wann telefoniert haben?«, fragte ein bierbauchiger Ressortchef.
»Geht das schon wieder los«, seufzte Zamorra. »Es geht schlicht und ergreifend um einen Artikel vom 9. Juli 1973. Darf ich zitieren: Durch einen tragischen Verkehrsunfall kam der Professor für Parapsychologie, Zamorra deMontagne, ums Leben. «
»Und wieso interessiert Sie das nach fast drei Jahrzehnten?«
»Weil ich mit jenem Zamorra verwandt bin«, sagte Zamorra. Dass er selbst der Betroffene war, verschwieg er lieber. Dann würde ihn dieser Zeitungsmann einfach nur für verrückt erklären und möglicherweise darüber einen Artikel schreiben.
»Na schön«, ließ sich der Ressortchef schließlich überreden. »Schauen wir mal im Archiv nach.«
Aber den Artikel, den Pascal Lafitte Zamorra gezeigt hatte, gab es in der Ausgabe vom 9.7.73 nicht!
An seiner Stelle gab es einen Text über einen gewissen James Carter, der eine Spitzenposition bei den Demokraten inne hatte und hoffte, eines Tages Richard Nixon als Präsident der USA ablösen zu können. Besagter Carter wurde in diesem Artikel gewaltig durch den Kakao gezogen, weil er vor einiger Zeit behauptet hatte, ein UFO gesehen zu haben …
»Das gibt's doch nicht!«, entfuhr es Nicole. »Wir haben diesen Artikel doch selbst gelesen, mit eigenen Augen.«
»Und wie wollen Sie an diese Ausgabe unserer Zeitung gekommen sein?«
Zamorra erzählte es dem Ressortchef. Der schüttelte nur mitleidig lächelnd den Kopf. »Sie sehen doch, dass es diesen Artikel nicht gibt, Sir. Ihr Freund dürfte von jemandem gewaltig hereingelegt worden sein. Hoffentlich hat er für die dreiste Fälschung nicht zu viel Geld bezahlt …«
Zamorra zuckte mit den Schultern und nickte Nicole zu. »Damit dürften wir hier dann schon fertig sein. Gehen wir …«
Sie gingen. Und stießen in der Tür mit einem Mann zusammen, der zwei Kamerataschen umgehängt hatte. Er musste um die 60 sein. Er stutzte, als er Zamorra sah.
»Kennen wir uns?«, fragte Zamorra etwas irritiert.
»Kann nicht sein, Sir«, sagte der Mann nachdenklich. »Aber Sie sehen einem Toten ähnlich, den ich vor dreißig Jahren fotografiert habe.«
»Erzählen Sie doch bitte etwas darüber«, bat Zamorra.
»Da gibt es nicht viel zu erzählen«, sagte der alte Mann. »Und Sie können es ja auch nicht sein, weil es schon dreißig – fast dreißig? Über dreißig? – Jahre zurück liegt; so genau weiß ich die Zahlen nicht mehr, aber da war ein ziemlich böser Verkehrsunfall, und ausgerechnet ich bin dazu verdonnert worden, die Fotos zu machen und den Artikel zu schreiben.«
»Darf ich daraus zitieren?« fragte Zamorra und wartete die Antwort erst gar nicht ab: »Durch einen tragischen Verkehrsunfall kam der Professor für Parapsychobgie, Zamorra deMontagne, ums Leben.«
Der alte Mann nickte. »Genau das war der Name.«
»Wieso erinnern Sie sich so gut daran?«
»Weil ich bei genau diesem Professor ein Seminar belegt hatte. Nebenbei habe ich damals noch studiert. Und Sie sehen diesem Professor verdammt ähnlich. Fast, als wäre er nach all den Jahren wieder aus seinem Grab geklettert. Sind Sie mit ihm verwandt?«
Zamorra nickte.
»Können Sie uns das Grab zeigen?«, bat Nicole.
»Selbstverständlich. Haben Sie Zeit? Ich lasse eben die Filme ins Labor bringen, dann fahre ich Sie hin.« Er nahm die beiden Kamerataschen von der Schulter. »Die meisten Kollegen benutzen inzwischen Digitalkameras«, sagte er entschuldigend. »Aber dafür bin ich wohl zu altmodisch. Ich ziehe das gute alte Zelluloid und Papierabzüge allemal vor.«
Er verschwand. Zamorra und Nicole sahen sich an. Hier schienen sie eher zufällig an genau den richtigen Mann gekommen zu sein.
Wenig später tauchte er unternehmungslustig wieder auf. In seinem Auto, einem antiken und altersschwachen Chevrolet Nova mehr schlecht als recht eingeklemmt, erreichten sie alsbald den Friedhof.
»Dieser Professor war einfach gut«, schwärmte der Fotoreporter, während er
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