Zeit der Träume
Malory. Farbe, Form und Struktur. Und auf die Veranda gehörten eine alte Bank und ein Messingtopf mit interessanten Stielen und Gräsern.
Ohne dieses Zubehör sah das Haus wie eine attraktive Frau aus, dachte sie, die versetzt worden war.
Dana holte einen Schlüssel aus der Tasche und schloss die Haustür auf. »Ich kann nur sagen, dass es zumindest drinnen ruhig ist.« Sie trat ein, und ihre Stimme hallte. »Und wir sind unter uns.«
Die Diele war leer, bis auf ein paar Kartons, die in einer Ecke standen. Die Treppe nach oben war hübsch geschwungen, und auf dem Geländerpfosten thronte ein Greifenkopf.
Von der Diele aus gelangten sie in den Wohnraum. Die Wände waren dunkelgrün gestrichen, was gut zu dem warmen Honigton des Dielenfußbodens aus Pinie passte. Aber genau wie der Garten waren auch die Wände nackt.
Mitten im Zimmer stand ein riesiges Sofa, das Malory förmlich anzuschreien schien: Sieh her, ein Mann hat mich gekauft! Es passte zwar in manchen Farben zum Farbton der Wände, aber es sah schlicht scheußlich aus und war für das Zimmer viel zu wuchtig.
Als Tisch diente eine umgedrehte Kiste, und ein weiterer Karton stand auf dem Rost eines entzückenden kleinen Kamins mit einer kunstvoll geschnitzten Umrahmung.
»Ach...« Zoe drehte sich einmal um die eigene Achse. »Er ist wohl gerade erst hier eingezogen.«
»O ja. Vor anderthalb Jahren.« Dana legte ihre Bücher auf die Kiste.
»Er lebt hier seit über einem Jahr?« Malory gab es einen Stich. »Und sein einziges Möbelstück ist diese hässliche Couch?«
»Hey, du hättest sein Zimmer zu Hause sehen sollen. Hier ist es wenigstens aufgeräumt. Na ja, und oben hat er ein paar halbwegs anständige Sachen. Dort hält er sich wohl die meiste Zeit auf. Zu essen hat er wahrscheinlich nichts im Haus, aber bestimmt Kaffee, Bier oder Coke. Möchtet ihr was trinken?«
»Diet Coke?«, fragte Malory, aber Dana schnaubte nur.
»Er ist ein Mann.«
»Ach ja. Na, dann lebe ich mal gefährlich und nehme eine normale Coke.«
»Ja, Coke ist in Ordnung«, stimmte Zoe zu.
»Kommt sofort. Setzt euch schon mal. Die Couch verletzt zwar die Augen, aber sie ist bequem.«
»So viel wunderbarer Raum einfach verschwendet«, erklärte Malory, »und das an einen Mann, der für so etwas Geld ausgibt.« Sie ließ sich auf die Couch sinken. »Okay, bequem ist sie ja, aber hässlich bleibt sie trotzdem.«
»Kannst du dir vorstellen, hier zu wohnen?« Zoe blickte sich noch einmal um. »Es ist wie ein Puppenhaus. Na ja, ein ziemlich großes Puppenhaus, aber genauso niedlich. Ich würde meine ganze Freizeit damit verbringen, es einzurichten, Schätze dafür aufzutreiben und mit Farbe und Stoffen zu jonglieren.«
»Ich auch.« Malory legte den Kopf schräg. Insgeheim dachte sie, dass es ihr nie gelingen würde, so hip und exotisch auszusehen wie Zoe, obwohl sie nur Jeans und ein T-Shirt trug. Sie hatte nachgerechnet, wie alt Zoe gewesen war, als sie ihren Sohn bekommen hatte. Im selben Alter hatte Malory nach dem perfekten Abschlussballkleid gesucht und sich aufs College vorbereitet.
Und doch saßen sie jetzt hier in einem fast leeren Zimmer im Haus eines Fremden und dachten sicher an dasselbe.
»Es ist seltsam, wie viel wir gemeinsam haben. Und auch, dass wir uns in dieser Kleinstadt gestern Abend zum ersten Mal begegnet sind.«
Zoe setzte sich ebenfalls. »Wo lässt du dir die Haare machen?«
»Bei Carmine’s, vor dem Einkaufszentrum.«
»Das ist ein guter Salon. Zu Hair Today, hier in der Stadt, wo ich gearbeitet habe, gehen hauptsächlich Frauen, die Woche für Woche gleich frisiert werden wollen.« Sie verdrehte ihre großen, goldbraunen Augen. »Ich kann’s dir nicht verdenken, dass du zu einem Salon außerhalb der Stadt fährst. Du hast tolle Haare. Hat deine Friseurin dir schon jemals vorgeschlagen, sie ein bisschen abzuschneiden?«
»Abschneiden?« Instinktiv fuhr Malorys Hand zu ihren Haaren.
»Nur ein paar Zentimeter, damit sie nicht so schwer sind. Die Farbe ist wunderbar.«
»Das ist meine eigene. Na ja, ich lasse sie ein bisschen aufmöbeln.« Lachend ließ sie die Hand wieder sinken. »Ich kriege langsam das Gefühl, du siehst meine Haare so an wie ich dieses Zimmer hier. Ich frage mich nämlich auch, was ich alles damit machen könnte, wenn man mir freie Hand ließe.«
»Coke und Cookies.« Dana kam mit drei Dosen Coke und einer Schachtel Chocolate Chips wieder ins Zimmer. »So, was haben wir denn bis jetzt herausgefunden?«
»Ich habe keinen
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