Zeit der Träume
ginge man wieder zur Schule.«
Zoes eifriger Optimismus holte Malory aus ihrer schlechten Laune. »Sollen wir uns Briefchen schreiben und über Jungs quatschen?«
Grinsend schlug Zoe ein Buch auf. »Wir werden diesen Schlüssel finden. Ich weiß es.«
Als Dana zu ihnen stieß, hatte Malory bereits seitenweise Notizen in der modifizierten Stenoschrift, die sie sich auf dem College angewöhnt hatte, geschrieben und dabei die Mine ihres Kugelschreibers aufgebraucht, sodass sie sich einen von Zoes Bleistiften leihen musste.
»Sollen wir nicht lieber zu meinem Bruder gehen?«, schlug Dana vor. »Er wohnt gleich um die Ecke, und jetzt ist er sowieso im Büro, also sind wir ungestört. Wir könnten uns ein bisschen ausbreiten, und ihr könnt mir schon mal das Wichtigste erzählen.«
»Ja, in Ordnung.« Völlig steif vom Sitzen stand Malory auf.
»Ich kann nur noch eine Stunde bleiben. Ich möchte gerne zu Hause sein, wenn Simon aus der Schule kommt.«
»Dann los. Diese Bücher bleiben bei mir«, sagte Dana und sammelte sie ein. »Jeder nimmt sich eins mit nach Hause, aber ihr müsst sie pünktlich und in ordentlichem Zustand wieder zurückbringen.«
»Sie ist wahrhaftig Bibliothekarin.« Malory half ihr beim Einsammeln der Bücher.
»Darauf kannst du wetten.« Dana ging zur Tür. »Ich sehe mal zu, was ich übers Internet und bei anderen Bibliotheken noch herausfinde.«
»Ich weiß nicht, was uns Bücher überhaupt nützen können.«
Dana setzte ihre Sonnenbrille auf und funkelte Malory über den Rand hinweg an. »Man kann aus Büchern alles Wissenswerte lernen.«
»Okay, jetzt gebärdest du dich wie eine Furcht einflößende Bibliothekarin. Wir müssen den Hinweis auflösen.«
»Ohne Information über die Geschichte und die handelnden Personen fehlt uns dazu die Grundlage.«
»Wir haben vier volle Wochen«, warf Zoe ein und holte ebenfalls eine Sonnenbrille aus ihrer riesigen Tasche. »Das ist Zeit genug, um eine Menge zu erfahren und sich an vielen Orten umzusehen. Pitte hat gesagt, die Schlüssel wären hier in der Gegend, also müssen wir ja nicht durch die ganze Welt reisen.«
»Hier in der Gegend kann Pleasant Valley bedeuten, aber auch die Berge. Es könnte sogar der ganze Bundesstaat Pennsylvania sein.« Malory schüttelte den Kopf bei der Vorstellung. »Das ist ein großer Spielraum. Selbst wenn die Schlüssel in unmittelbarer Nähe sind, könnten sie perfiderweise in der Schublade irgendeiner verstaubten Kommode, am Grund des Flusses, in einem Banktresor oder unter einem Stein liegen.«
»Wenn sie so leicht zu finden wären, hätte sie ja schon jemand anderer gefunden«, erwiderte Zoe ungerührt. »Und dann gäbe es keine Million Dollar dafür.«
»Sei nicht immer so vernünftig.«
»Entschuldigung, aber mir ist noch was anderes eingefallen. Ich habe letzte Nacht kaum geschlafen und natürlich ständig an den Abend gedacht. Es ist alles so irreal. Aber selbst wenn man das mal für einen Moment beiseite lässt, selbst wenn wir optimistisch sind und sagen, du findest den Schlüssel: Woher wissen wir, dass es dein Schlüssel ist und nicht einer von den anderen zwei?«
»Interessant.« Malory rückte ihren Bücherstapel unter dem Arm zurecht. »Also ist das den beiden eigentlich nicht aufgefallen?«
»Ich glaube schon, dass ihnen das klar war. Weißt du, zuallererst musst du sagen, dass alles real ist.«
Dana zuckte mit den Schultern. »Wir haben alle Geld auf der Bank und laufen hier mit Stapeln von Büchern über keltische Mythen herum. Das ist für mich real genug.«
»Wenn alles real ist, dann kann nur Malory den ersten Schlüssel finden. Selbst wenn die anderen beiden direkt vor ihr lägen, dann würde sie sie nicht sehen. Und wir auch nicht, jedenfalls nicht, bevor wir an der Reihe sind.«
Dana blieb stehen und sah Zoe verwundert an. »Glaubst du das wirklich alles?«
Zoe errötete, zuckte jedoch lediglich mit den Schultern. »Ich möchte gerne. Es ist alles so fantastisch und bedeutend, und ich habe in meinem ganzen Leben noch nichts Fantastisches und Bedeutendes getan.« Sie blickte auf das schmale, dreistöckige viktorianische Reihenhaus, das in einem blassen Ziegelblau, cremefarben abgesetzt, gestrichen war. »Ist das das Haus deines Bruders? Das fand ich schon immer so hübsch.«
»Er richtet es ein bisschen her - nach und nach, so als Hobby.«
Über einen gepflasterten Weg gelangten sie zum Haus. Der Rasen auf beiden Seiten war grün und gepflegt, aber es fehlten Blumen, dachte
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