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Zeit der Wut

Zeit der Wut

Titel: Zeit der Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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Schwulenkreisen angeheizt, indem er radikale Ansichten verbreitet hatte: Schneiden wir den Heteros den Schwanz ab! Heiraten wir in Form von schwarzen Messen auf der Straße und ficken wir danach alle im Zug, derartiges Zeug – sodass den anständigen Bürgern sogar die physische Nähe zum friedlichsten Schwulen verleidet wurde. Eine richtige Schnapsidee seiner Meinung nach. Denn ein gesunder Mensch verspürte ohnehin einen gesunden Hass auf die Perversen. Und was die Sympathisanten der
pédés
anbelangte: Nun, je früher man damit begann, ein wenig aufzuräumen, desto besser. Eines Tages hatten sie ihn endlich in die Heimat zurückgeschickt. Zurück in Paris bedauerte er bloß, dass er Alissa, die kleine Hure, nicht ficken hatte dürfen.
    „Hast du deine Hände im Zaum gehalten? Bravo, du hast dir die Haut gerettet“, hatte sein Vorgesetzter gesagt und ihm erklärt, wer der Kommandant war.
    Didier, der sich jetzt wieder Oisin nannte, hatte sein normales Leben wieder aufgenommen. Fitnessstudio. Mädchen und reifere Damen, die nicht allzu zimperlich waren. Waffenübungen und Strafexpeditionen gegen Elemente, die das Zusammenleben der Pariser Bürger störten. Er war gerade drauf und dran, eine Ansiedlung von illegalen Einwanderern aus Ghana hopszunehmen – beobachten, überwachen, entschieden eingreifen, Frauen und Kinder verschonen, um sich das Gejammer der Radikalen und der Kommunisten zu ersparen –, da schickten sie ihn wieder los, den Schwulen zu spielen. Was für ein Scheißleben!

4.
    Am Tag nachdem Lupo ihr vertrauliche Dinge erzählt und Marco ihre Wohnung zertrümmert hatte, zwang sich Daria, ihrem Chef gegenüber kalt und gelassen zu sein. Aber als Lupo ihr mit hängenden Ohren und dunklen Augenringen – wie jemand, der den Alkohol nicht gewöhnt ist – erzählte, dass Doktor Fera umgebracht worden war, lösten sich ihre Vorsätze augenblicklich in Luft auf. Und sie war wieder einmal bereit, einem trostbedürftigen Mann ihre Schulter anzubieten.
    – Aber wie? Und warum?
    – Ein Auto, das Fahrerflucht begangen hat.
    – Es ist meine Schuld, seufzte Daria. Und sie erzählte ihm von der Begegnung mit Marco.
    – Freispruch, seufzte Lupo betrübt. Sie haben die Fotos gesehen. Sie wissen, dass der Junge lebt und dass ich ihn ihnen weggeschnappt habe. Alles was dein kräftiger Ex-Schützling sagen oder tun kann, hat von nun an keinen Sinn mehr.
    – Aber warum haben sie Fera getötet? Sie wussten doch, dass er niemals gesprochen hätte.
    – Weil sie dumm und brutal sind und weil sie sich auf ihre Brutalität was einbilden. Es ist eine Frage der Methode. Es ist in ihrer DNA eingeschrieben. Eine Klasse von Robotern erschaffen, die keine Fragen stellen und jeden Befehl ausführen. Sie haben dieselbe Logik wie jene Truppen, die die Leichen der ermordeten Feinde herumliegen lassen. Als Warnung nach außen. Als Bestätigung nach innen. Das ist die Form, die die Angst annimmt, ihr Kontrollinstrument. Unserer Logik zufolge hat Feras Tod keinen Sinn. Für sie jedoch schon …
    – Solche Leute sollten nicht frei herumlaufen.
    – Solche Leute sollten gar nicht auf der Welt sein, meine Liebe.
    – Und warum halten wir sie nicht augenblicklich auf? Warum veröffentlichen wir nicht die Fakten, informieren die Richter, fordern eine Untersuchung …
    Angesichts ihrer vibrierenden Stimme war Lupo ganz klein geworden.
    – Ich habe auch meine Grenzen. Und wem würde es was nutzen? Solange wir nicht wissen, was sie vorhaben, hat es keinen Sinn einzugreifen.
    – Und wenn wir hier sitzen bleiben, mit den Händen im Schoß. Sollen wir darauf warten, dass sie zuschlagen? Dass sie auch den Jungen, Guido, umbringen?
    – Nein. Der kommt schon durch. Er gehört zur Kategorie der Glückspilze. Ich halte es mit Napoleon, meine Liebe: Lieber ein General, der chaotisch ist und Glück hat, als einer, der tüchtig und unfähig ist.
    – Aber wenn die Geschichte eines Tages doch vor dem Richter landen sollte, könnte seine Aussage wertvoll sein.
    – Ich habe das Gefühl, dass diese Geschichte nie vor den Richtern landen wird.
    – Aber irgendetwas müssen wir doch tun, oder nicht?
    – Ja, warten.
    Daria gab nicht nach. Aber alle ihre Ideen wurden von Lupo unweigerlich für untauglich erklärt.
    – Lassen wir sie beschatten.
    – Sie kennen uns alle, jeden einzelnen. Das würde nicht funktionieren.
    – Wanzen?
    – Wir kaufen bei denselben Firmen ein. Innerhalb einer halben Stunde würden sie es wissen.
    – Unterwandern?
    –

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