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Zeit des Aufbruchs

Zeit des Aufbruchs

Titel: Zeit des Aufbruchs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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stellten seine Loyalität nicht länger in Frage.
    Falls die Wachen an der Tür zu Maras Gemächern den Streit in der Nacht mit angehört hatten, ließen sie es sich Kevin gegenüber nicht anmerken, als er durch die Akasi-Hecke schlüpfte und den kleinen Weg entlangschritt. Sie ignorierten ihn, als wäre er ein Geist, als er den Laden aufschob und sich selbst ins Zimmer einließ.
    Licht fiel auf zerwühlte Kissen. Mara lag ausgestreckt in der Mitte, ihre Arme um verhedderte Laken geklammert, die Haare wild durcheinander und zerzaust. Sie war zwar nicht von Insekten gestochen worden, doch ihre Nacht schien nicht viel angenehmer gewesen zu sein als seine. Selbst während sie träumte, lag eine tiefe Falte auf ihrer Stirn. Ihr Profil, die kleinen zur Faust geballten Finger und die sanfte Rundung einer sichtbaren Brust brachten auch Kevins letzten Groll zum Schmelzen. Er konnte nicht lange wütend auf sie sein. Vielleicht war das sein schlimmster Fehler.
    Er schlüpfte aus den feuchten Hosen. Er wußte, daß seine Haut kalt war und rot vom vielen Kratzen, und so hockte er sich zunächst an den Rand der Kissen und zog eine Ecke des Lakens über seine eiskalten Füße. Er wartete darauf, daß sein Kreislauf wieder in Gang kommen und ihm warm werden würde; unterdessen betrachtete er die Frau, die er liebte.
    Ihre Nähe nahm der Sklaverei den Stachel und ließ ihn beinahe alles vergessen — wer er war, welchen Rang er von Geburt an bekleidete, was er alles verloren hatte, die Probleme seiner Landsleute. Zu gut verstand er ihre Gefährdung, sollte sich die schwache Hoffnung, die er Patrick so verlockend in Aussicht gestellt hatte, nur als Henkersschlinge erweisen. Dann zuckte Mara zusammen und schrie in ihrem Traum leise auf, und die Sorge um sie verjagte alle anderen Gedanken.
    Kevin streckte seine inzwischen warmen Hände aus. Er glättete die Laken, die verheddert zwischen ihren Schenkeln lagen, und befreite ihre Hand von einer schwarzen Locke. Dann zog er sie zu sich heran und küßte sie zärtlich wach.
    Sie mußte bis zur Erschöpfung geweint haben, denn sie kam nur langsam zu sich, und ihre Augen waren noch geschwollen und rot. Als sie aufwachte, war sie nicht auf der Hut und kuschelte sich genüßlich an ihn. Dann kehrte die Erinnerung zurück, und sie versteifte sich in aufsteigender Wut.
    »Ich hatte dir befohlen zu gehen!« sagte sie erzürnt.
    Kevin deutete mit dem Kopf auf den Laden. »Bis zum Morgen«, antwortete er ruhig. »Jetzt ist Morgen. Ich bin zurück.«
    Sie öffnete den Mund, wollte mehr sagen. Er kam ihr zuvor und legte ihr sanft, aber rasch den Finger auf die Lippen. »Ich liebe dich noch immer.«
    Sie versuchte sich von ihm zu befreien, mit einer Kraft, die man ihr nicht ansah, und er mußte sich ein bißchen anstrengen, um sie festzuhalten. Er war sich bewußt, daß sie explodieren würde, wenn er versuchte sie zu küssen, und so legte er seinen Mund dicht an ihr Ohr. Die Haare an den Schläfen waren feucht, vielleicht noch von Tränen. »Patrick hat mir von dem kaiserlichen Erlaß über die Sklaverei erzählt«, meinte er sanft. Es schmerzte zwar noch etwas, daß sie es ihm nicht selbst gesagt hatte, doch diese Kränkung schob er jetzt beiseite. »Wenn ich dich verlasse, dann sicherlich nicht jetzt.«
    »Du bist nicht wütend auf mich?« fragte sie. Endlich zeigte sie ihre Unsicherheit.
    »Ich war es.« Kevin küßte sie und spürte, wie sie sich entspannte. »Wenn du mit mir geredet hättest, hätte ich mich vielleicht nicht wie ein Flegel benommen.«
    »Flegel?« Ihre Stimme zitterte, als Kevins Hände unter die Laken wanderten.
    »Karagabuge«, übersetzte Kevin. Er hatte einen Begriff für eine mißgestaltete mystische Rasse von Riesen gewählt, die in tsuranischen Kindermärchen die Höhlen in den Bergen bewohnten. Diese Kreaturen waren auf komische Weise ungeschickt und arbeiteten immerzu an ihrem eigenen Untergang.
    »Das bist du ohnehin, bei deiner Größe«, zog Mara ihn auf. Vor Erleichterung wurde ihr schwindlig, und glücklich, daß er ihr vergeben hatte, stürzte sie sich kopfüber in die Leidenschaft.
    »Nun denn, wenn das so ist – ein Karagabuge fragt nicht um Erlaubnis, ob er vergewaltigen oder plündern darf.« Er zog sie näher zu sich heran, rollte sie auf seine Brust und seufzte in das volle Haar hinein, das auf sein Gesicht fiel. Innerhalb weniger Minuten wußte keiner von ihnen mehr, wer Sklave und wer Herrin war – denn sie waren untrennbar eins

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