Zeit des Aufbruchs
Handelsrechte mit der barbarischen Welt. Während es sicherlich keine Frage ist, daß niemand sonst das Recht hat, diese Erzeugnisse zu erwerben, habt Ihr dennoch kein Monopol auf die Benutzung eines Spalts, der auf dem Land irgendeiner Person liegt. Keiner der beiden Spalte untersteht der kaiserlichen Zuständigkeit.«
»Wer kontrolliert sie?« Trotz bester Bemühungen klang Maras Frage scharf. Sie wischte die schwitzenden Hände ab, inzwischen besorgt, weil ihr kühner Auftritt am Tag zuvor auf der Nutzung ihrer Lizenz für bestimmte midkemische Güter beruht hatte.
Wie so viele Beamte, deren Stellung nur eine hohle Form war, um armseligem Prestige etwas Prunk zu verleihen, spürte auch Webara, daß er überlegen war. Er lutschte an dem Bonbon und verschränkte seine Finger über dem dicken Bauch. »Der erste Spalt liegt auf dem Land eines Mannes namens Netoha von den Chichimechas in der Nähe von Ontoset.« Seine selbstgefällige Haltung sagte mehr als alle Worte, daß dieser Mann vermutlich nur schwer zu überreden sein würde, wenn es darum ging, den Zugang wegen Handelsabsichten zu gestatten.
»Wo ist der zweite Spalt?« fragte Mara verärgert.
Webara lächelte sie salbungsvoll an. »Der andere Spalt liegt im Norden, irgendwo in der Stadt der Magier.« Er leckte sich die Lippen, als der Rest des Bonbons sich aufgelöst hatte. In zuckersüßem Ton fügte er überflüssigerweise hinzu: »Er wird natürlich von der Versammlung kontrolliert.«
Der väterliche Hohn des Mannes machte Mara so wütend, als wäre es eine Beleidigung gewesen. Sie stand auf, ohne eine der Höflichkeitsfloskeln zu beachten, und rauschte ohne ein weiteres Wort oder einen Blick zurück aus dem Zimmer, fest davon überzeugt, daß der Hüter des Kaiserlichen Siegels sich genüßlich an ihrer Wut weidete.
Das Kichern, das ihrem Abgang folgte, war im Korridor nicht zu hören. Mara legte die Stirn in tiefe Falten und dachte angestrengt nach. Ihre Eskorte begleitete sie ohne ein besonderes Zeichen von ihr. Ihre Mistress war zu sehr mit ihrem eigenen Fehler beschäftigt, als daß sie sich um solche Einzelheiten kümmern konnte. Sie war von einer bestimmten Voraussetzung ausgegangen und hatte dafür bezahlt. Sie hatte auf der Grundlage einer Macht gehandelt, die sie noch nicht wirklich besaß, weil sie blindlings geglaubt hatte, daß der wiedererrichtete Spalt unter kaiserlicher Kontrolle stehen würde, wie beim letzten Mal auch; dann hätte das Dokument ihr unbestritten Zugang verschafft.
Doch die Magier waren viel zu unberechenbar und mächtig, um sich ihnen zu nähern, und dieser Netoha würde sich möglicherweise als widerspenstig erweisen. Mara stieß leise einen von Kevins bevorzugten Flüchen aus. Wer immer dieser Lord Netoha auch war, wen immer er auch zu seinen Verbündeten zählte, sie würde ganz sicher Arakasi beauftragen, seine Stärken und Schwächen herauszufinden. Sie mußte Zugang zu einem Spalt bekommen. Ihre jüngst errungene Position als Clanlady hing davon ab; und wenn sie bei der Durchführung ihrer Pläne auf Hindernisse stoßen sollte, war ihr eigenes Haus in großer Gefahr, sowohl militärisch als auch finanziell.
Tasaio jedenfalls durfte – Mara zwang sich, bei diesem Gedanken gleichmäßig weiterzuatmen, als gäbe es nichts, was sie irgendwie beunruhigen könnte – von all dem nichts erfahren, denn sonst mußte sie mit ihrem raschen Untergang rechnen – und mit dem des Clans Hadama.
Arakasi erstattete eine Stunde später Bericht, nachdem Mara wieder in ihrem Haus angekommen war. Sie war immer noch erregt über ihr Dilemma wegen der Handelsrechte und hatte den Supai zu sich in den Garten kommen lassen. Dort, umgeben von perfekt gepflegten Blumenbeeten und dem Plätschern des heute gar nicht beruhigenden Springbrunnens, wollte Mara genaueste Informationen über den Mann namens Netoha, auf dessen Besitz der zweite Spalt zur barbarischen Welt liegen sollte.
Als hätte er ihren Wunsch vorausgesehen, möglicherweise auch wegen ihrer Absicht, Kevin aus der Sklaverei zu befreien, hatte Arakasi eine erstaunliche Menge an Fakten angesammelt. Er führte seine Verbeugung zu Ende, und seine verschlossene Miene war noch gelassener als sonst. »Das magische Tor liegt nicht zufällig auf Netohas Land. Er war der Hadonra des abtrünnigen Magiers Milamber, der vor seiner Entlassung aus der Versammlung dort wohnte. Meine Nachforschungen haben ergeben, daß der Mann der Diener oder Hadonra des früheren Besitzers dieses
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