Zeit des Aufbruchs
ein weiteres Mal in diesem Raum treffen; niemand soll dann fehlen. Denn wie eine Shatra-Mutter ihren Jungen Nahrung bringt und ihre Flügel ausbreitet, um sie zu beschützen, so werde ich für Euch sein, jemand, der die Familie ernährt und beschützt.«
Die meisten Lords standen inzwischen, und die von geringerem Rang und mit schwachen Streitkräften jubelten Mara in Anerkennung ihres Versprechens zu. Selbst die mächtigsten, die an Macht und Einfluß verloren hatten, mußten ihrer neuen Clanlady Respekt zollen. Und wenn sich im dunklen Gesicht des Lords der Chekowara andere Gefühle als Bewunderung für die Frau spiegelten, die ihn vom ersten Platz im Clan vertrieben hatte, so verbarg er sie gut, als auch er aufstand und ihren mutigen Worten applaudierte.
Nur Kevin sah sich mit der Wahrnehmung eines gewöhnlichen Menschen um, und ihm entging die Bitterkeit nicht, die in den Augen Lord Benshais aufblitzte. Auch wenn dem Midkemier warm ums Herz geworden war, weil seine Lady es gewagt hatte, seinen Einfluß auf ihr Denken in öffentliche Politik einfließen zu lassen, fragte er sich doch besorgt, ob sie die vielen neuen Verbündeten nicht um den Preis eines weiteren tödlichen Feindes gewonnen hatte.
Der Hüter des Kaiserlichen Siegels führte gerade ein neues Keljir-Bonbon zum Mund, als er mitten in der Bewegung innehielt. Hilflos sank er in sich zusammen, als er sah, wer ihn zu sprechen verlangte. Mit einem unterdrückten Grunzen wuchtete er mühsam seine massige Gestalt von den Kissen und rückte seine Robe zurecht. »Mylady von den Acoma. Welch eine … Überraschung.«
Ein Diener stand wie eine leibhaftige Entschuldigung hinter Mara, und sofort wußte der Hüter, daß die Lady mit ihrem nicht unbeträchtlichen Gefolge einfach an dem üblichen Gewirr aus Bediensteten vorbeigerauscht war und ihn der Möglichkeit beraubt hatte, von der Ankunft einer wichtigen Besucherin informiert zu werden.
Das Bonbon war ihm plötzlich peinlich. Der Hüter des Kaiserlichen Siegels ließ es rasch zurück in die Schüssel fallen, obwohl er es bereits ausgepackt hatte und es in der Hitze zu schmelzen begann. Er wischte die feuchte Hand an der Schärpe ab, da die Robe unangenehm kurze Ärmel besaß, und streckte sie der Besucherin entgegen.
Mara ergriff die Hand und ließ sich von dem Mann zu einem Platz vor dem Schreibtisch führen. Als der Beamte seine wuchtige Gestalt auf die Kissen sinken ließ, fragte er keuchend: »Geht es Euch gut?«
»Es geht mir gut, Mylord Hüter«, erwiderte sie mit nicht mehr als einem Hauch von Ehrerbietung.
»Es heißt, Ihr wäret an die Spitze Eures Clans aufgestiegen.« Der Hüter des Kaiserlichen Siegels verlor keine Zeit, seine Leckerei wieder aufzunehmen. »Viel Ehre für Euch, nehme ich an.«
Mara neigte ihren Kopf, als würde sie ein Kompliment entgegennehmen.
Mit dem Bonbon im Mund fragte der Beamte: »Welchem Anlaß verdanke ich diesen Besuch?«
»Ich denke, Ihr wißt es, Webara.« Indem Mara seinen eigentlichen Namen gewählt hatte, verdeutlichte sie ihren Anspruch, mit allen Ehren behandelt zu werden, die jemandem in ihrer Position zustanden. Sie zog eine Schriftrolle aus ihrem Ärmel. »Ich besitze eine mit dem Kaiserlichen Siegel versehene Ermächtigung für Handelskonzessionen und möchte jetzt, daß mein Anspruch öffentlich bekanntgemacht wird.«
Webara zwang sich zu einem freundlichen Lächeln und zuckte mit den Schultern. »Mara, Ihr könnt tun, was immer Ihr möchtet.« Er benutzte ebenfalls ihren Namen als Hinweis, daß er seine Position immer noch ihrer gegenüber für gleichwertig hielt. »Wenn es Euch etwas bedeutet, könnt Ihr Läufer der Botengilde mieten und die Nachricht von Euren ausschließlichen Handelsrechten bis an die entferntesten Ecken des Kaiserreiches bringen lassen.«
Mara war verblüfft, doch sie versuchte ihre Überraschung zu verbergen. »Ich nahm an, daß zur entsprechenden Zeit die kaiserlichen Boten die Aufgabe übernehmen würden, solche Nachrichten zu übermitteln.«
»Das würden sie auch, wenn ich es ihnen befehlen würde.« Webara begutachtete die Robe über seinem Bauch und entfernte ein Stückchen Keljir, das an dem Stoff hängengeblieben war. »Doch da die Spalte nicht unter kaiserlicher Kontrolle stehen, betrifft mich nicht, wer sie benutzt.«
Mara beherrschte mühsam ihre Wut. »Was soll das heißen? Ich verfüge über die ausschließlichen Handelsrechte!«
Webara seufzte gequält. »Mara, laßt mich offen sein. Ihr besitzt die
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