Zeit des Aufbruchs
und Wohlstand der Acoma getan werden, das nicht schon versucht worden war? Die alte Frau schlurfte langsam den Flur entlang; sie spürte ihr Alter in jedem Knochen, in jedem Gelenk saß die Arthritis. Jeden Tag, seit Lord Sezu gestorben und seine Tochter zur Herrin der Acoma geworden war, hatte Nacoya die Furcht gespürt, daß ihre geliebte Mara ein Opfer des Großen Spieles werden könnte. Doch die Lady hatte sich als geschickte, schlaue Spielerin erwiesen. Aus welchem Grund sollte sie dann heute mehr Angst verspüren? Oder waren es nur die alten Knochen, die nach einem langen Leben allmählich den Dienst verweigerten? Nacoya zitterte, obwohl es ein warmer Nachmittag war. Es war, als würde sie bei jedem Schritt unter ihren Füßen die Erde ihres eigenen Grabes spüren.
Mara erhielt Nachricht aus Ontoset. Sie las das Pergament zweimal, und eine tiefe Falte trat auf ihre Stirn. Sie unterdrückte den wütenden Drang, irgend etwas zu zerreißen, und schleuderte lediglich die Schriftrolle auf ihren Schreibtisch. Die Antwort war vollkommen unerwartet. Netoha hatte ihr großzügiges Angebot für die Benutzung des Spalts auf seinem Land zurückgewiesen.
»Es macht keinen Sinn!« explodierte Mara laut, und Arakasi, der in einer Ecke ihres Zimmers saß, wölbte eine Augenbraue.
Er war als Gärtner verkleidet und betrachtete jetzt die Schneide der kleinen Sichel, die er benutzt hatte, um die Kekali-Büsche zurückzustutzen. Er bestand immer noch darauf, daß seine Rückkehr auf das Gut ein Geheimnis blieb, denn sein Verdacht, daß Tasaio Spione in Maras Haushalt eingeschleust haben könnte, war noch lange nicht aus der Welt geschafft. Seine Herrin mochte darüber nicht reden wollen, da ihre Gedanken von anderen Angelegenheiten in Anspruch genommen wurden, doch Arakasi hatte seine eigenen Sorgen. Er verbrachte im Augenblick viel Zeit damit, die Bediensteten und Sklaven auf dem Besitz der Acoma zu überprüfen, während er gleichzeitig den Aufgaben nachkam, die seine Herrin ihm auftrug. Nur Nacoya wußte von seinen Sorgen, da die alte Frau über jeden Verdacht erhaben war.
Arakasi prüfte die Schneide des laminierten Werkzeugs mit einem Finger und nahm eine Haltung an, die nach außen darauf schließen ließ, als würde die Lady ihn wegen Nachlässigkeit schelten. »Mistress, ich habe wenig über diesen Netoha erfahren. Seine Absichten sind schwer zu durchschauen. Er muß zwingende Gründe haben, wenn er Euer Angebot ablehnt; sicher ist, daß er nicht selbst Handel mit der barbarischen Seite treiben kann, da Ihr im Besitz des Handelsrechtes seid. Trotzdem kann ich Euch nichts Näheres über seine Beweggründe sagen.«
Mara zupfte verärgert an einer allzu festsitzenden Haarnadel. Ihr Brief an Fumita von der Versammlung der Magier war ungeöffnet zurückgekommen, so daß dieser Netoha ihre letzte Chance gewesen war, ihr Handelsrecht in die Tat umsetzen zu können. Obwohl Arakasi sich nicht gerne Druck machen ließ, fragte sie: »Könnt Ihr jemanden in die Nähe der Chichimechas bringen, um die Gründe dafür herauszufinden?«
»Ich kann es versuchen, Lady« Er bemühte sich sehr, nicht bedrängt auszusehen. »Es ist unwahrscheinlich, daß wir etwas Neues erfahren, doch ich kann dafür sorgen, daß jemand mit den Bediensteten im Haus und auf den Feldern ins Gespräch kommt. Netohas Arbeiter sind hauptsächlich Barbaren –«
»Midkemier?« unterbrach Mara.
Arakasi nickte. »Der abtrünnige Magier Milamber befreite all seine Landsleute, bevor er ging, und dieser Netoha stellte sie als Arbeiter bei sich ein. Aus dem Bericht aus Ontoset würde ich schließen, daß sie gute Bauern abgeben. Wie auch immer, sie sind wohl geschwätziger als unsere eigenen Sklaven, also sollte es nicht allzu schwierig sein, an Informationen zu gelangen. Das heißt, wenn sie überhaupt etwas wissen.«
Mara spürte, wie angespannt Nacoya neben ihr saß, und wandte sich dem zweiten Thema zu. »Was ist mit den Minwanabi?«
Arakasis Hände beendeten die Untersuchung der Sichel. »Ich mache mir Sorgen, Mistress, genau deshalb, weil ich nichts zu berichten habe. Tasaio kümmert sich um seinen Haushalt wie Ihr um Euren, doch nichts davon läßt auf etwas Außergewöhnliches schließen.« Der Supai wechselte einen Blick mit Maras Erster Beraterin. »Das widerspricht all unseren Erwartungen. Bei der Nachricht über Euren Aufstieg zur Clanlady hätte Tasaio sofort handeln müssen. Doch statt dessen …« Arakasi blickte sich um und fuhr dann fort: »Aber
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