Zeit des Aufbruchs
spüren.
Das Dutzend Schritte, das ihn von Kenji und Maras Sänfte trennte, schien eine Ewigkeit zu dauern. Kevin zwang seine Füße, gemächlich zu gehen, während seine Gedanken rasten. Die Vorhänge der Sänfte waren geöffnet, und Mara lehnte sich zu Kenji gewandt ein wenig hinaus.
Furcht schoß wie ein Blitz durch Kevins Körper. Er krampfte seine Hand in einem eisernen Griff um den Wassereimer und versuchte die Frau mit seinen Gedanken zu zwingen, sich wieder zurückzulehnen und in den Schatten ihrer Sänfte zu begeben.
Doch die Frau war Mara, und so tat sie es nicht. Sie zog die Vorhänge noch weiter auf, betrachtete ihren Truppenführer und öffnete den Mund, um etwas zu sagen.
Kevin, der jetzt die Gefahr wie eine überschwappende Welle in seinem Nacken spürte, handelte. Er stolperte schwer über ein Felsstück und schüttete den Inhalt des Eimers über seine Lady und ihren Offizier. Und als wäre diese Unbeholfenheit nicht schon genug, setzte er noch eins drauf, indem er der Länge nach in die Sänfte fiel.
Der überraschte und wütende Aufschrei seiner Mistress erstickte unter seiner Brust, als er sie zwang, liegenzubleiben, tief verborgen in den Kissen, sicher unter dem Schutz seines Körpers, während er die Sänfte auf die Seite stürzte und in eine Brustwehr verwandelte.
Er hatte keine Sekunde zu früh gehandelt. Noch als Kevin sich aus den seidenen Vorhängen befreite, kamen die ersten feindlichen Pfeile.
Sie surrten durch die Luft, klatschten durch Schmutz und Rüstungen mit einem teuflisch tiefen Geräusch, das wie die Schläge einer strafenden Hand klang. Kenji fiel als erster. Er stürzte zu Boden, während er noch seine letzten Befehle brüllte und Pfeile gegen die Latten an der Unterseite der umgeworfenen Sänfte hämmerten, die sich jetzt wie eine Barrikade vor Mara auftürmte.
»Das ist ein Hinterhalt«, zischte Kevin ihr ins Ohr, denn immer noch schlug sie mit den Fäusten um sich und versuchte sich aus seiner Umarmung zu befreien. »Halt endlich still!«
Ein Pfeil schlug durch ein Kissen und zog eine Furche in den Schmutz. Mara sah es und wurde sofort still. Sie lauschte angsterfüllt den Rufen jener Krieger, die noch übrig waren, um die Befehle ihres sterbenden Offiziers zu befolgen. Die Soldaten sammelten sich und warfen sich mit Schwung auf die Sänfte, um ihre Herrin mit ihren Körpern vor den Pfeilen zu schützen.
Es war eine verzweifelte Situation. Die Pfeile nagelten in einem wilden Regen herab, und die dünnen Stützen der Sänfte hüpften auf und ab und zerbrachen unter den Einschlägen. Kevin versuchte einen Blick zu erhaschen und fing sich einen Streifschuß an der Schulter ein. Er fluchte, duckte sich wieder und zog eilig das Sklavengewand aus.
Zwei der Krieger gleich neben Mara lagen im Sterben, tödlich verwundet bei dem Versuch, zu ihrer Verteidigung zu eilen. Jetzt löste das Klappern der Schwerter das kalte Zischen der Pfeile ab, als die Angreifer in einer Welle aus dem Wald brachen und die armseligen Reste ihrer Eskorte in einen Kampf verwickelten.
»Schnell«, zischte Kevin. Er hielt seine Robe hin. »Wickelt die Lady darin ein. Ihre schönen Kleider machen sie zur Zielscheibe.«
Einer der Träger warf ihm einen unsicheren Blick zu. »Tu es!« schrie Kevin. »Ihre Ehre ist zum Teufel, wenn sie tot ist.«
Noch mehr feindliche Krieger brachen aus der Deckung des Waldes. Die wenigen Überlebenden der Eskorte bildeten einen dünnen Ring um die Sänfte; sie waren viel zu wenige, ein bemitleidenswerter Damm gegen eine Lawine von Feinden. Kevin beendete die Unterhaltung, denn ein Schwertkämpfer preschte aus dem Handgemenge mit gesenktem Schwert auf ihn zu und versuchte, seinen Rücken zu treffen. Kevin schnappte sich eine Waffe vom Boden und riß ein Stück Vorhang ab, das er als notdürftigen Schild um den Arm wickelte. Dann wirbelte er herum und bereitete sich darauf vor, so viele Feinde wie möglich zu töten, ehe er selbst sterben würde.
Zu Hause im Herrenhaus stand Ayaki Nacoya gegenüber und machte ein ziemlich finsteres Gesicht. Sein Gesicht färbte sich rot, die Hände waren zu Fäusten geballt, und Nacoya und die beiden Ammen bereiteten sich auf einen Wutanfall vor, der auch einem Krieger zur Ehre gereicht hätte.
»Ich zieh das nicht an!« rief Ayaki. »Da ist Orange dran, die Farbe, die die Minwanabi tragen!«
Nacoya betrachtete das Kleidungsstück in ihrer Hand, eine Seidenrobe, deren Perlmuttknöpfe mit viel Einbildungskraft orangefarben genannt
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