Zeit des Aufbruchs
versagte ihr den Dienst.
Der Attentäter verlor keine Zeit damit, mit ihr zu ringen. Seine Augen verengten sich voller Verachtung; seine rechte Hand schloß sich um einen Holzgriff, und er zog das nächste Messer aus dem Gürtel. Er schien eine kranke Art von Freude zu empfinden, als er der alten Frau die Klinge tief zwischen die Rippen stieß.
Nacoyas Lippen verzogen sich vor Schmerz. Doch noch war sie nicht am Ende.
»Stirb, alte Frau!« Der Attentäter drehte das Messer bösartig in ihrem Fleisch herum.
Nacoya erzitterte. Ein gequälter Schrei entfuhr ihr, doch ihre Hände umfaßten das Seil noch fester. »Er wird nicht unehrenhaft sterben«, brachte sie mühselig hervor.
Ayaki, der hinter ihr in der Ecke lag, blieb der Schrei im Hals stecken. Er sah das Messer in der Wand über seinem Kopf, dann das Blut, das sich in Rinnsalen über den Boden schlängelte. Eine der Dienerinnen zitterte immer noch im Todeskampf. Gelähmt vor Schock, den orangefarbenen Perlmuttknopf immer noch in der Hand, schluckte Ayaki jedes Verlangen zu jammern hinunter. Der Attentäter, entschied er, mußte Tasaio sein. Mit dieser Erkenntnis kehrte der Mut zurück, den er von seinem Vater geerbt hatte, und verwandelte sich in geballte Kraft.
»Attacke!« rief er. »Attacke!« Erfüllt von Visionen tapferer Krieger, krabbelte er von den Kissen und biß dem Eindringling in den Oberschenkel.
Der Tong nahm es nicht einmal zur Kenntnis. Er stieß das Messer noch tiefer in Nacoya. Blut rann über seine Hand, beschmutzte seinen Handschuh, als er ihr die Garrotte aus den Fingern riß. Sie sank rasch zusammen, fiel über Ayaki und preßte ihn mit ihrem Gewicht zu Boden.
»Der Fluch des Guten Gottes komme über dich!« schrie sie heiser dem Tong entgegen. Ihre Kraft schwand zusehends. Ayaki kämpfte sich rasch frei.
Der Attentäter streckte die Hand nach dem Jungen aus und stolperte. Nacoya hatte ihn an der Ferse gepackt, doch ihr Leben versiegte schnell, und so erholte sich der Attentäter sofort, trat kräftig auf ihr Handgelenk und riß sich los.
Obwohl ihr bereits die Sicht schwand, sah Nacoya, daß die Wachen auf der anderen Seite der Kammer mittlerweile endlich reagiert hatten. Sie drängten durch die Tür ins Kinderzimmer, und ihre Waffen schimmerten im hellen Sonnenlicht. Sie stießen laute Schlachtrufe aus und rannten mit gezogenen Schwertern quer durch das Zimmer auf den Tong zu.
Der Angreifer hinter Nacoya machte einen Satz, und der kleine Ayaki heulte wutentbrannt auf. Unter größten Mühen kämpfte Nacoya darum, den Kopf aus der Pfütze ihres eigenen Blutes zu heben. Sie konnte nur das Geräusch von Ayakis bloßen Füßen hören, die gegen den Holzboden trommelten. Ihr wurde schwarz vor Augen, und es war Erkenntnis in ihren sterbenden Gedanken: Das Seil war immer noch zwischen ihren Fingern. Sie hatte nichts anderes getan, als den Attentäter gezwungen, seine Messer zu benutzen … Doch ein Junge, der ehrenvoll starb, würde um nichts weniger tot sein.
»Ayaki«, murmelte sie und dann, todunglücklich, »Mara …«, als die Dunkelheit sie mit sich riß.
Kevin machte einen Satz nach vorn, stieß zu und zog sein Schwert wieder zurück. Vor ihm fiel schreiend ein Feind mit einer Bauchwunde zu Boden. Er sprang über den zuckenden Mann hinweg und traf auf einen anderen. Irgendwann während des Kampfes hatte er den Schild eines Feindes ergattert, und dies hatte ihm bereits das Leben gerettet. Er hatte eine weitere Schnittwunde an der linken Schulter abbekommen und einen Hieb quer über die Rippen. Der stechende Schmerz schränkte seine Bewegungen ein. Blut floß über die nackte Haut und tränkte den Lendenschurz. Jede Bewegung tat weh. Der feindliche Schwertkämpfer tauschte drei Hiebe mit ihm aus, bevor er begriff, daß er gegen einen Sklaven kämpfte. Wütend stieß er einen Fluch aus und wich zur Seite. Kevin traf ihn mit einem unzeremoniellen Hieb von hinten.
»Stirb für die tsuranische Ehre!« schrie der Barbar laut auf. »Bitte, ihr Götter, laßt die Wichte weiter so dumm sein.«
Laßt sie weiterhin seine Fähigkeiten mit der Waffe unterschätzen, damit Mara am Leben bleibt.
Doch es waren zu viele. Immer mehr Feinde stürmten zwischen den Bäumen hervor. Als Kevin herumwirbelte, um einen anderen Angreifer abzuwehren, begriff er, daß die Acoma mehr als nur umzingelt waren. Ihr Kreis war durchbrochen. Die Feinde drängten hindurch und begannen auf die Körper einzuschlagen, die über der Sänfte lagen, von der Mara
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