Zeit des Aufbruchs
wanderte von einem Ständer zum anderen und strich über Helme, Brustplatten und Schwertgriffe; dann fuhren seine Finger auf der Suche nach Staub über die Oberfläche. Die Sklaven und Diener, die sich um diesen Raum zu kümmern hatten, taten gut daran, ihn in tadellosem Zustand zu halten, denn ihre Vorgänger, deren Arbeit den prüfenden Augen des Lords nicht standgehalten hatte, hatten sein Mißfallen nicht überlebt.
Incomo fühlte sich unbehaglich in diesem kleinen, stickigen Raum, und er versuchte seiner Unruhe entgegenzuarbeiten, indem er sich am weitesten entfernt von der heißen Lampe aufhielt, wo er zudem unwillkommene Aufmerksamkeit erregen konnte, sollte der prüfende Blick seines Herrn auf ihn fallen. Er war in der letzten Zeit so still wie jeder andere Bedienstete im Haushalt der Minwanabi geworden und wartete stumm, während sein Lord von einem Schwert zum nächsten ging, von einem Helm zum anderen und gelegentlich stehenblieb, um eine Schnalle oder einen Buckel auf einem Schild zurechtzurücken oder an der Kante einer Klinge entlangzufahren.
Tasaio überprüfte einen Dolch, als der Kurier sich an der Tür verbeugte. Der Lord warf nur einen flüchtigen Blick auf sein Gildenabzeichen, gerade genug, um die Farben der Sulan-Qu-Einheit zu erkennen. Er sprach mit täuschend sanftem Ton. »Welche Nachricht habt Ihr für mich?«
Der Mann reckte sich. »Ein Angebot von Mara von den Acoma«, begann er und verstummte augenblicklich, als Tasaio mit atemberaubender Geschwindigkeit herumwirbelte.
Der Bote schluckte unbeholfen gegen den Druck der Schwertspitze an seiner Kehle. Er blickte in die Augen des Mannes, der die Waffe hielt, und sah dort eine Ausdruckslosigkeit, die ihn zu Tode erschreckte. »Mylord«, sagte er mit bebender Stimme. »Ich bin nur ein Gildenbote, der angeheuert wurde, um Briefe zu überbringen.«
Tasaio bewegte keinen Muskel. »Und bringt Ihr mir einen Brief?« Seine Stimme hatte sich nicht verändert.
Incomo räusperte sich vorsichtig. »Mylord, den Gildenboten trifft keine Schuld, und sein Leben ist durch einen Eid geschützt.«
»Ist es das?« schoß Tasaio zurück. »Laßt ihn selbst sprechen.«
Der Bote holte mühsam Luft. »Mara bittet um ein Treffen«, begann er und verstummte bei einer kleinen Bewegung der Klinge.
»Ihr werdet diesen Namen unter meinem Dach nie wieder aussprechen.« Tasaio stieß noch einmal leicht zu, so daß unter der Schwertspitze etwas Blut austrat. »Warum will diese dreimalverfluchte Lady ein Treffen? Ich will nicht mit ihr reden. Ich will nur ihren Tod.«
Der Bote blinzelte unbehaglich. Er vermutete, daß er seine Botschaft einem Wahnsinnigen überbracht hatte, und war überzeugt, daß er mit durchgeschnittener Kehle enden würde, und so nahm er all seine Würde zusammen und beendete mutig den Bericht, der ihm von seiner Gilde aufgetragen worden war.
»Diese Lady bittet den Lord der Minwanabi, sie auf ihrem Besitz zum Zweck einer Unterhaltung zu besuchen.«
Tasaios Mund verzog sich langsam zu einem Lächeln. Er war beeindruckt von dem Mut des kleinen Mannes, ließ das Schwert sinken und wischte die Spitze an einem Poliertuch ab; dann legte er die Waffe zurück auf die Halterungen. Als wäre ihm der Gedanke erst jetzt gekommen, warf er dem Boten den Fetzen zu, zusammen mit einer Geste, die ihm erlaubte, sich um den Kratzer am Hals zu kümmern.
Dem Boten mangelte es an genügend Unverschämtheit, sich zu weigern: Er nahm den leicht öligen Lappen und begann zaghaft, sich die Stelle abzutupfen. Und als wäre kein Fremder anwesend, nahm Tasaio seine Besichtigung wieder auf. Er wanderte zwischen seiner Sammlung umher und sprach zu seinem Berater, als wären sie die einzigen im Raum.
»Ah, Incomo, ich glaube, ich habe sie furchtbar erschreckt«, sagte er. »Mein Hinterhalt und mein Attentäter waren zwar nicht ganz erfolgreich, doch Sezus kleine Hexe hat Angst. Das Glück hat ihr geholfen, aber es hält nicht ewig. Sie weiß, sie wird es nicht noch ein weiteres Jahr schaffen.« Der Lord ging zum nächsten Waffenständer. Er fingerte an einer Halsberge herum, als wollte er sie auf eine Schwachstelle hin untersuchen. »Vielleicht bietet die Lady einen Kompromiß an, sagen wir, das Opfer des Namens und des Geschlechtes der Acoma für das Leben ihres Sohnes?«
Incomo verneigte sich mit notwendigem Respekt. »Mylord, das ist eine gefährliche Annahme. Die Lady weiß so gut wie Ihr, daß die Zeit für Kompromisse vorüber ist. Sie begann die Blutfehde mit
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