Zeit des Aufbruchs
eines Tong-Attentäters.« Er untersuchte den letzten Körper und entdeckte verborgen im Gewand des Toten ein winziges Stoffstückchen, bestickt mit einer roten Blume. »Hamoi!« Er stand auf, sein Ärger war allzu deutlich, als er herumwirbelte und Incomo anfuhr: »Nach all den Geschenken aus Metall sollte dieser Tong eigentlich mir gehören!«
Der Erste Berater der Minwanabi verstand den Blick seines Herrn als Warnung, und sofort verbeugte er sich ehrerbietig. »Lord, Eure Geschenke waren sehr großzügig.«
»Das hätte nicht geschehen dürfen!« sagte Tasaio mit unverhohlener Wut. »Schickt sofort einen Boten. Ich will, daß der Tong-Meister sich vor meinem Podest dafür verantwortet!«
Incomo wurde kleiner. »Wie Ihr wünscht, Mylord.«
Er konnte seine alten Knochen nicht schnell genug bewegen, um dem Stoß von Tasaios Ellenbogen auszuweichen, als sein Herr zur Tür schritt.
»Bring diesen Abschaum wieder in die Kalkgrube, und dann sage meiner Frau Bescheid«, brüllte Tasaio den erstbesten Diener in Reichweite an. »Sag ihr, ich brauche ein Bad, um den Gestank von meiner Haut zu waschen.«
Incomo kam auf die Füße und befand die Idee für gut. Er dachte kurz an das kleine Sklavenmädchen, an die zarte Massage ihres Schwamms, doch der Aufruhr dieses Tages war noch nicht beendet.
Von seiner Wanne aus ließ Tasaio in endloser Prozession die Bediensteten vor sich treten und befragte sie. Viele gaben zu, den Tong-Attentäter gesehen zu haben, der die Morde begangen hatte; ein Patrouillenführer gestand sogar, dem Attentäter an einem der Kontrollpunkte in den Bergen an der Grenze des Minwanabi-Landes Einlaß gewährt zu haben.
Die Erklärung des Mannes, weshalb er den Mörder hatte passieren lassen, klang durch und durch logisch. »Alle Soldaten wissen, daß Mylord die Loyalität der Tong besitzt. Der Mann kam direkt auf den Kontrollpunkt zu; er erklärte, er hätte etwas im Auftrag meines Herrn zu erledigen, und zeigte mir ein Dokument.«
Tasaio hörte mit zusammengekniffenen Augen und Lippen zu. Er machte Incomo ein abschlägiges Zeichen, und der Erste Berater veranlaßte traurig den Schreiber, den Namen des Soldaten auf die Liste für die sofortigen Hinrichtungen zu setzen. Der Krieger würde tot sein, noch bevor Tasaio sich vom Bad abgetrocknet hatte.
Lady Incarna wischte ununterbrochen mit dem Schwamm über den Rücken ihres Mannes, doch ihre Wangen waren kreidebleich, und sie sah krank aus. Wie eine Marionette seifte sie die geschmeidigen Schultern des Lords immer und immer wieder ein, bis Tasaio ihrer Fürsorge müde wurde und plötzlich aufstand. Incarna ließ den Schwamm mit einem Platschen ins Wasser fallen und fuhr mit einem erschreckten Schrei zurück.
»Still, Frau!« Tasaio riß seinen nassen Kopf herum, und Sklaven mit Handtüchern stürmten zu ihm.
Der Gildenbote hätte keinen schlechteren Augenblick wählen können und auch nicht der Diener, der an der Tür scharrte, um die Ankunft des im Vorraum wartenden Mannes anzukündigen.
Gar nicht in eiliger Stimmung, aber dennoch ungeduldig mit seinem Ankleider, entriß Tasaio ihm die leichte, aber reichbestickte Robe. Er warf sie sich um die Schultern, streckte die Hand nach dem perlmuttgeschmückten Gürtel aus und nahm dann die schwarzlackierten Scheiden seines Schwertes und Dolches entgegen, die an einem neuen Gehänge aus weichem Needra-Leder befestigt waren. Ein Sklave schnürte ihm die Sandalen zu, und er beendete das Ankleiden mit einer leichten, wattierten Jacke, in die Knochenringe eingenäht waren; sie bot den gleichen Schutz wie eine leichte Rüstung, nur daß sie nicht so schwerfällig war.
»Schickt den Boten in meine Waffenkammer«, befahl er seinem Läufer. Dann bedeutete er Incomo, ihm zu folgen, und ging; seiner Frau blieb es überlassen, sich um die Sklaven im Bad zu kümmern, als wäre ihre Position nicht höher als die eines Aufsehers.
Die Waffenkammer der Minwanabi war ein kleiner, fensterloser Raum mit glattgeschmirgelten Holzwänden, an denen sich Haken für Schwerter und Ständer für Rüstungen befanden. Tasaios einziger persönlicher Genuß, seit er die Herrschaft angetreten hatte, war es, außergewöhnliche Rüstungen und Waffen für sich zu erwerben, einige davon schlicht und tödlich für Kämpfe, andere strahlend vor Lack und Ziselierungen für festliche Gelegenheiten; doch eine dritte Gruppe war dünn und stark und ohne Kannelierungen, dazu gedacht, heimlich unter der Kleidung getragen zu werden. Tasaio
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