Zeit des Aufbruchs
verhindert werden? Nachdem er die Massaker in der Nacht der Blutigen Schwerter erlebt hatte, wagte Kevin nicht, das zu entscheiden.
Als die Spitze von Maras Streitmacht sich dem Stadttor näherte, nahmen die Schaulustigen immer mehr ab. In die Stille der plötzlichen leeren Straße trat jetzt eine Patrouille kaiserlicher Soldaten. Mara befahl, vor dem Tor anzuhalten, als sich der Befehlshaber näherte. Seine weiße Rüstung mit den goldenen Verzierungen strahlte in der Morgensonne. »Mara von den Acoma!« rief er.
Mara, nicht gewohnt an das Gewicht des Federbusch-Helms, der ihre Sicht einschränkte, nickte vorsichtig.
»Aus welchem Grund stellt Ihr die Armee des Clans Hadama auf und bringt sie in die Heilige Stadt?« wollte der Kaiserliche Offizier wissen.
Mara starrte von der Höhe ihrer Plattform aus den jungen, arroganten Mann an, der aufgrund seines kaiserlichen Ranges höchst selbstsicher war. Schließlich meinte sie: »Ihr beschämt das Licht des Himmels durch Euren Mangel an Manieren.«
Der Offizier ignorierte ihre Zurechtweisung. »Lady, ich werde mich für meine Taten verantworten, wenn Turakamu entscheidet, wo ich das nächste Mal das Rad des Lebens betrete.« Der junge Mann warf zuerst einen Blick auf die Armeen, die am Flußufer lagerten, und dann einen mit deutlicher Mißbilligung auf die Krieger, die Mara folgten. »Manieren sind die geringsten unserer Schwierigkeiten. Wenn die Götter es wünschen, werden viele von uns bald genug dem Schicksal gegenüberstehen. Ich habe meine Befehle.« Er stand offensichtlich unter Druck, weil er nur zwanzig Soldaten als Rückendeckung hatte, während viele Tausende bereit waren, auf jeden Befehl Maras zu reagieren, und er befahl unverblümt: »Der Kaiserliche Kommandeur besteht darauf, daß ich den Grund erfahre, weshalb Ihr die Streitmacht des Clans Hadama in die Heilige Stadt bringen wollt.«
Aus dieser Forderung ein Problem zu machen wäre möglicherweise genau der Funke, der den Konflikt entzünden konnte, begriff Mara. Sie hielt es für weiser, die Beleidigung zu ignorieren. »Wir kommen, um uns mit anderen unseres Ranges und unserer Position zu beraten, im Interesse des Wohles des Kaiserreiches.«
»Dann sucht Eure Unterkunft auf, Lady der Acoma, und wisset, daß der Kaiserliche Friede auf Euch ruht. Eine Ehrengarde aus Soldaten der Acoma darf Euch begleiten, mit einer ähnlichen Anzahl für jeden Lord des Clans Hadama, der mit Euch geht. Aber wisset auch, daß das Licht des Himmels die Ratshalle bis auf weiteres geschlossen hat. Wer immer versucht, sich ohne kaiserliche Zustimmung Eintritt in den Palast zu verschaffen, gilt als Verräter des Kaiserreiches. Und jetzt geht bitte.«
Der junge Offizier trat zurück, um die Plattform der Clanlady und ihre Ehrengarde durchzulassen. Bevor sie ihren Marsch wieder aufnahmen, beugte Mara sich zu Lujan und erteilte ihm rasche Anweisungen. »Berichtet dem Lord der Chekowara und den anderen, daß wir uns bei Sonnenuntergang in meinem Stadthaus treffen.«
Der Kommandeur verneigte sich. »Und die Krieger, Mistress?«
Ein letztes Mal ließ Mara ihren Blick über die umliegenden Hügel schweifen, mit ihren Zelten und Bannern, Soldaten und Waffenständern. »Sucht die Standarte der Minwanabi und laßt die Männer so nah wie möglich an der Grenze zu ihnen lagern. Tasaio soll wissen, daß egal was er tut, immer ein Dolch auf seine Kehle gerichtet ist.«
»Wie Ihr wünscht, Mistress.« Lujan beeilte sich, ihre Anweisungen an die entsprechenden Offiziere weiterzugeben, und stellte dann ihre Ehrengarde zusammen. Mit einer förmlichen Geste bedeutete Mara ihrer Gesellschaft, durch die Stadttore hindurchzugehen. Als der Lord der Chekowara und die anderen Hadama-Lords ihr folgten – in einer Reihenfolge, die ihrem Rang entsprach –, wünschte sie sich, die in ihrem Magen drückende Furcht zerstreuen zu können. Alles würde sich hier entscheiden, innerhalb der nächsten Tage, und noch immer hatte sie keinerlei Ahnung, wie sie das Schicksal abwenden sollte, das die Minwanabi heraufbeschworen hatten, indem sie ihr Leben und das ihres neunjährigen Erben als Opfer dem Roten Gott versprochen hatten. Die Rüstung lastete schwer auf ihren Schultern, und die Rufe der Menge vor den Stadttoren wirkten plötzlich unangenehm laut. Gab es irgendeinen Ort, fragte sie sich, an dem sie Ruhe und Frieden zum Nachdenken finden würde?
Die Reise durch die Stadt zu ihrem Haus erschöpfte Mara. Sie schob ihre Müdigkeit der schlechten
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