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Zeit des Aufbruchs

Zeit des Aufbruchs

Titel: Zeit des Aufbruchs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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Stadt bin, möchte ich meinen Fall vortragen.«
    »Welchen Fall, Mylord?« fragte Incomo in stillem Respekt.
    Jetzt lächelte Tasaio, und ein Leuchten trat auf sein Gesicht. »Welchen wohl? Den Platz des Kriegsherrn einzunehmen, was denn sonst. Wer hat einen größeren Anspruch darauf als ich?«
    Inocomo spürte, wie seine Nackenhaare sich aufrichteten. Schließlich, nach Jahren sehnsüchtiger Wünsche, konnte er einem Lord dienen, der schlau, fähig und ehrgeizig war.
    Donner ließ abermals den Boden erzittern, und Regen klatschte gegen die Läden. Tasaio stand aufrecht im zitternden Licht der Lampe und führte seinen Gedanken zu Ende. »Wenn ich erst einmal das Weiß und Gold trage, werden wir die Acoma vernichten.«
    Incomo verbeugte sich wieder. Als er aufstand, war der Raum leer und der Luftzug durch die dunkle Tür die einzige Spur, die auf den Besuch seines Herrn hinwies. Schweigend dachte der Erste Berater an den Wunsch, den er sich niemals getraut hatte auszusprechen, den die Götter und das Schicksal ihm jetzt aber freiwillig erfüllt hatten: Tasaio trug nun den Mantel der Minwanabi. Eine merkwürdige ironische Stimmung befiel Incomo, und er fragte sich, weshalb dieses Geschenk ihm das Gefühl vermittelte, als sei er alt und ausgelaugt.

    Der Sturm hinterließ Rinnsale, die in kleinen Bächen an den am Dach des Kaiserlichen Palastes befestigten Glückssymbolen entlangflossen, in Abflußrohren auf den Boden des Innenhofs platschten und dort Pfützen bildeten. Im Gebäude selbst klang das Geräusch des herabrauschenden Wassers nur gedämpft; Luftzug wirbelte in kleinen Seufzern durch die breiten Gänge und brachte die Flammen der Lampen zum Zittern, die Diener erst kurz zuvor entzündet hatten. Lujan und die fünf bewaffneten Krieger marschierten energisch durch den Flur mit seinen düsteren Schatten, um Mara Bericht zu erstatten.
    Mara traf den Kommandeur im inneren Zimmer, wo sie sich gerade mit Arakasi unterhielt. Kevin stand an der Wand schräg hinter ihr; der Zwang zur Untätigkeit hatte bei ihm einen beißenden Sarkasmus hervorgebracht. Er hatte Kopfschmerzen. Die Geräusche der Krieger, die ihre Waffen schärften, zehrten bis aufs äußerste an seinen Nerven, und der Geruch des Lacks, mit dem das geschichtete Fell konserviert wurde, bereitete ihm Übelkeit.
    Lujan erhob sich vor den Kissen der Lady aus seiner Verbeugung. »Mistress«, sagte er knapp, »es sind weitere Soldaten der Sajaio, Tondora und Gineisa in bisher leerstehende Wohnungen eingezogen.«
    Mara runzelte die Stirn. »Minwanabi-Hunde. Irgendeine Nachricht vom Hundeaufseher selbst?«
    »Nein. Noch nicht.« Lujan nahm seinen Helm ab und fuhr mit den Fingern durch die feuchten Haare.
    Arakasi schaute von dem unordentlichen Stapel mit Nachrichten auf, die ihm am Morgen von seinen Kontaktpersonen im Palast zugesteckt worden waren. Er betrachtete den Kommandeur aus halb geschlossenen Augen. »In drei Tagen wird der Kaiser in den Palast zurückkehren.«
    Kevin, der mit einer Schulter an der Wand lehnte und die Arme vor der Brust verschränkt hatte, sagte: »Er läßt es gemütlich angehen, nicht wahr?«
    »Es gibt eine große Anzahl von Ritualen und Zeremonien unterwegs«, warf Mara mit kaum verhüllter Gereiztheit ein. »Es reist sich nicht so schnell mit zwanzig Priestern, eintausend Leibwächtern und fünftausend Soldaten.«
    Kevin zuckte mit den Schultern. Die Enge und der Druck machten sich bei allen bemerkbar. Seit zwei Tagen waren die Versammlungen in der Ratshalle im Gang. Mara verbrachte bis zu fünfzehn Stunden an einem Stück in der großen Halle. Nachts kehrte sie so erschöpft zurück, daß sie kaum noch Lust zum Essen hatte. Sie sah abgehärmt und dünn aus, und trotz Kevins überschwenglicher Fürsorge war das bißchen Schlaf, das sie erhaschen konnte, unruhig. Wenn die Nächte schon unbefriedigend waren, so waren die Tage noch schlimmer. Untätigkeit jeder Art zehrte an Kevins Nerven, doch selbst Langeweile hatte ihre Grenzen. Seine Pflichten in der Küche trieben ihn zu Widerworten und Flüchen, und obwohl er sich selten gehenließ, fehlte es ihm an dem Fatalismus, der die tsuranischen Krieger befähigte, mit scheinbar unendlicher Geduld auszuharren.
    Mara seufzte und zog Bilanz: »Bisher habe ich mit siebzehn Lords gesprochen und nur vier mit einer nachhaltigen Übereinkunft an mich binden können.« Sie schüttelte den Kopf. »Eine schwache Leistung. Niemand möchte sich festlegen, obwohl viele so tun, als wären sie dazu

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