Zeit des Aufbruchs
Kampf bestens vorbereitet, da eine Schar geschäftiger Küchenjungen bereits Kessel und Platten scheuerten. Als wäre der Lärm der Küchengeräte eine Wohltat gegenüber den entfernten Kampfgeräuschen, wurde jeder Schöpflöffel, jede Tasse oder Suppenschüssel geschmirgelt und poliert. Jican sah Kevin in der Tür stehen, und sein besorgtes Gesicht hellte sich auf. »Möchte die Mistress essen?«
Kevin nickte und war verwundert, als er plötzlich ein Tablett mit warmem Brot, Käse und Früchten in die Hand gedrückt bekam. Enttäuscht über den leichten Sieg schluckte er eine sorgfältig vorbereitete Antwort hinunter und kehrte zu seiner Lady zurück. Er stellte das Essen ab und setzte sich zu ihr, während sie sich offensichtlich zwingen mußte, etwas Nahrung zu sich zu nehmen. Am Ende aß Arakasi es auf. Kevin überredete Mara, ins Bett zu gehen, während an jedem Fenster und an jeder Tür Krieger reglos wie Statuen wachten.
Der Morgen dämmerte. Mara erhob sich von den Kissen und verlangte nach ihren Zofen und einem Bad. Schminke überdeckte die sorgenvollen Schatten auf ihrem Gesicht, und drei Lagen offizielle Gewänder verbargen ihre dünne Gestalt. In letzter Minute, gerade als sie gehen wollte, drehte sie sich um und sah Kevin direkt an.
Mißgelaunt wegen der Aussicht auf einen weiteren langweiligen Tag betrachtete er sie mit vorwurfsvollen blauen Augen.
Mara gab einem spontanen Impuls nach und lenkte ein, hauptsächlich, weil sie fürchtete, daß die Wohnung während ihrer Abwesenheit überfallen werden könnte. »Komm mit. Aber bleibe dicht bei mir und verhalte dich ruhig, solange ich dir nichts anderes befehle.«
Kevin sprang rasch auf und trat zu ihrem Gefolge. Lujan forderte die Ehrengarde auf, Position zu beziehen, und wenige Minuten später traf die Gruppe in der Ratshalle ein.
Sonnenlicht fiel durch die Kuppel in den Raum und ließ die gelbgefärbten Wandgemälde über den Galerien hell aufleuchten. Die oberen Sitze waren bereits besetzt, die unteren noch leer. Das Chaos hatte sich jetzt genügend gelegt, so daß die Edlen sich wieder mehr um ihren Rang kümmerten, erkannte Kevin. Er folgte Mara die Stufen hinunter, während Lujan mit zwei anderen Soldaten hinter ihr Position bezog. Der Rest der Ehrengarde blieb in der Eingangshalle an der Tür, als wäre diese Ratsversammlung nicht anders als die anderen.
Doch als sie auf dem Weg zu ihrem Platz an einem leeren Stuhl vorbeikamen, preßte Mara die Hände vor den Mund, um einen Entsetzensschrei zu unterdrücken. »Ärger?« murmelte Kevin. Er hatte sein Versprechen zu schweigen bereits vergessen.
Mara nickte kaum wahrnehmbar. Spürbar unglücklich flüsterte sie: »Lord Pataki von den Sida ist tot.«
»Wer?« fragte Kevin.
»Ein Mann, der einmal nett zu mir war, ganz entgegen der öffentlichen Stimmung. Er war außerdem ein möglicher Verbündeter. Gestern war er noch hier, aber heute morgen ist sein Platz leer.«
»Woher weißt du, daß er nicht beim Frühstücken hängengeblieben ist?« murmelte Kevin.
Mara ließ sich auf ihrem Platz nieder und gab ihrem Sklaven zu verstehen, sich schräg rechts hinter ihr aufzustellen. »Nur ein Attentäter könnte Pataki daran hindern, rechtzeitig diesen Saal zu betreten.« Ihr Blick schweifte über die nahen Galerien. »Drei andere Lords fehlen ebenfalls, wie es aussieht.«
»Freunde?« Kevin tat sein möglichstes, leise zu sprechen.
»Nein. Feinde der Minwanabi«, antwortete Mara. Sie öffnete ihren kleinen Zierfächer und murmelte Lujan etwas zu, der daraufhin seine Krieger um sie herum anordnete und dann den Platz nahe am Gang einnahm. Hier konnte er sein Schwert als erster zu ihrer Verteidigung einsetzen.
Die unterste Galerie füllte sich allmählich. Kevin betrachtete die großen Lords des Kaiserreiches, die sich wie Pfauen herausgeputzt hatten. Einige saßen wie Könige auf ihren Stühlen und sprachen mit jenen, die zu ihnen kamen – wegen einer Petition, eines Gefallens oder auf der Suche nach einem Verbündeten. Andere standen in kleinen Gruppen zusammen, wechselten die Position oder tauschten Vertraulichkeiten aus wie Schmetterlinge, die sich um Blumen versammeln. Das Spiel des Rates war weniger ein offener Kampf um die Hierarchie als vielmehr eine subtile, endlose Folge von Begegnungen, Zurückhaltung und gesellschaftlichen Machenschaften.
»Ich verstehe das nicht«, sagte Kevin, nachdem er das Geschehen eine Zeitlang studiert hatte. »Niemand verhält sich so, als wären vier ihrer
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