Zeit des Aufbruchs
eines Feindes. »Er ist der Sieger. Nicht der Lord der Minwanabi. Die Tong arbeiteten so gut wie sicher für Tasaio. Logischerweise waren die anderen Soldaten Oaxatucan.«
Ordnung kehrte in den Rat zurück, und nach einigen unergiebigen Reden gab Mara Kevin den Befehl, Lujan und ihre Krieger herbeizuholen. »Wir kehren noch heute nacht in unser Stadthaus zurück.«
Der Midkemier verbeugte sich wie ein ordentlicher Sklave vor ihr und entfernte sich dann langsam aus der riesigen Halle mit den juwelengeschmückten, rätselhaften Lords. Wieder kam er im stillen zu dem Schluß, daß die Tsuranis die merkwürdigsten Menschen mit den verwickeltsten Gewohnheiten waren, denen man nur begegnen konnte.
Ruhe kehrte wieder in Kentosani ein. Eine Zeitlang ruhten Mara und ihre Gefolgschaft sich aus, ließen die Wunden verheilen und gewöhnten sich an die politischen Veränderungen seit Axantu-ars Amtsübernahme. Es gab festliche Abende im Stadthaus, da die Lady einige einflußreiche Lords einlud, die ihrem Haus jetzt wohlgesonnen waren. Kevin schien noch verstimmter als sonst, doch zwischen der Erholung von ihrer Erschöpfung und den gesellschaftlichen Verpflichtungen hatte Mara wenig Gelegenheit, sich mit seiner düsteren Stimmung zu beschäftigen.
Arakasi suchte seine Herrin am dritten Morgen auf, als sie gerade einige Mitteilungen verschiedener Lords durchsah, die sich immer noch in der Stadt aufhielten. Er war in das saubere Gewand eines Dieners gekleidet und genoß es, einmal den geschienten Arm offen in einer Schlinge tragen zu dürfen. Dennoch ließ er ihr die tiefe Verbeugung zukommen, die einer Frau ihres Ranges zustand. »Mistress, die Gefolgschaft der Minwanabi hat die Barken auf dem Fluß beladen. Tasaio kehrt auf seine Güter zurück.«
Mara stand auf; ihre Federn und das Papier und die Nachrichten waren vor Freude vergessen. »Dann können wir ohne Gefahr nach Hause zurückkehren.«
Wieder verbeugte sich Arakasi, dieses Mal noch tiefer als zuvor. «Mistress, ich möchte Euch um Vergebung bitten. Bei allem, was geschehen ist, war ich nicht darauf vorbereitet, daß der Lord der Oaxatucan so schnell aufsteigen und seinen Onkel ersetzen würde.«
»Ihr seid zu streng mit Euch, Arakasi.« Ein Schatten verdunkelte Maras Gesicht, und sie ging unruhig zum Fenster. Die Bäume draußen verteilten ihre Blüten auf der Straße. Diener schoben noch immer Gemüsekarren vor sich her, und Boten rannten eilig vorbei. Es versprach ein heller und ganz gewöhnlicher Tag zu werden, als würde man aus einem Alptraum erwachen. »Wer von uns hätte das Morden vorausahnen können, das in dieser Nacht geschah?« fügte Mara hinzu. »Eure Arbeit rettete fünf Edlen das Leben, darunter auch mir. Ich wage zu behaupten, daß keine andere Person mehr geleistet hat als Ihr, und darüber hinaus haben die Acoma durch das Ergebnis sehr viel Prestige gewonnen.«
Arakasi neigte seinen Kopf. »Meine Mistress ist zu gütig.«
»Ich bin dankbar«, wandte Mara ein. »Kommt. Gehen wir nach Hause.«
Später an diesem Nachmittag marschierte die Garnison der Acoma stolz aus dem Stadthaus. Maras Sänfte, die Kisten und ein Wagen mit den Verwundeten waren in der Mitte geschützt. An den Docks warteten Boote darauf, sie und ihre Gefolgschaft flußabwärts zu bringen. Mara ließ sich neben Kevin auf Kissen unter einer Markise nieder und betrachtete das alltägliche Gewimmel der Händler und ihrer Kunden am Ufer. «Es ist so ruhig. Man könnte beinahe annehmen, es hätte in den letzten Wochen kein Unheil gegeben.«
Auch Kevin betrachtete die Dockarbeiter und Fischer, die gelegentlichen Bettler und Straßenkinder, die den organisierten Fluß des Handels störten. »Das gewöhnliche Volk wird niemals von den Angelegenheiten der Mächtigen gestört – solange sie ihnen nicht unglücklicherweise im Weg stehen. Dann sterben sie. Ansonsten geht ihr Leben einfach weiter, ein Tag voller Arbeit nach dem anderen.«
Mara beunruhigte die Bitterkeit in seiner Stimme, und sie betrachtete den Mann, den sie lieben gelernt hatte, genauer. Die Brise spielte mit seinen roten Haaren, und an den Bart konnte sie sich niemals ganz gewöhnen. Er lehnte konzentriert an der Reling, die Schultern noch steif von den verschorften Verletzungen des Kampfes. Das Handgelenk, das sie zwischen ihren Händen hielt, war immer noch bandagiert, und der Blick seiner Augen enthielt etwas Trostloses, als sähe er Traurigkeit im hellen Sonnenlicht. Sie wollte ihn nach seinen Gedanken fragen,
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