Zeit des Aufbruchs
in die Rüstung gekleidet, die er bei seiner Reise flußabwärts getragen hatte, und sein einziges Zugeständnis an die Form war die seidene Offiziersrobe, die er sich über die Schultern geworfen hatte. Er trat mit großen Schritten durch den breiten Haupteingang. Der Saal war voller Menschen. Jedes Mitglied des Haushalts stand bereit, um ihn zu begrüßen, und hinter ihnen befanden sich alle Cousins zweiten Grades und Vasallen, die in den Jahren des Krieges gedient hatten. Tasaio schritt ihre reglosen Reihen ab, als wäre er vollkommen allein. Erst als er das Podest erreicht hatte, blieb er stehen, drehte sich um und nahm die Anwesenheit der anderen zur Kenntnis.
Incomo trat vor und grüßte ihn. »Die Herzen der Minwanabi sind voller Freude über die Rückkehr unseres Lords.«
Tasaio antwortete mit einem kurzen Nicken. Er reichte seinen Kampfhelm einem Diener, der sich verneigte und hastig verschwand. Der Lord der Minwanabi, niemals ein Mann, der viele Worte an Banalitäten verschwendete, wandte sich mit ausdruckslosem Gesicht an seinen Berater. »Sind die Priester bereit?«
Incomo verbeugte sich. »Wie Ihr wünschtet, Mylord.«
Neue schwarz-orangefarbene Kissen schmückten das hohe Podest, zusammen mit einem Teppich aus Sarcat-Fellen und einem Tisch, der aus kompliziert bearbeiteten Harulth-Knochen bestand. Tasaio schien der Veränderung des Mobiliars nur einen beiläufigen Blick zu schenken, doch kein Detail entging ihm. Er war zufrieden darüber, daß nichts von Desios Herrschaft übriggeblieben war, setzte sich hin und gab kein anderes Zeichen von sich, sondern legte nur das blanke Stahlschwert der Ahnen der Minwanabi quer über seine Knie.
Es trat eine längere Pause ein, und erst spät erkannte Incomo, daß er ohne weiteres Zeichen seines Herrn fortfahren sollte. Während Desio darauf bestanden hatte, selbst über die winzigste Handlung die Kontrolle zu behalten, wartete Tasaio darauf, bedient zu werden. Der Erste Berater der Minwanabi gab das Zeichen für den Beginn der Zeremonie.
Zwei Priester näherten sich dem Podest; der eine trug die rote Farbe und die Todesmaske Turakamus, der andere war in die langärmligen weißen Gewänder von Juran dem Gerechten gekleidet. Jeder intonierte einen Segen des Gottes, dem er diente. Es folgten keine Opfergaben und auch keine große Zeremonie in der Weise, wie Desio sie ersonnen hatte. Der Priester Jurans zündete eine Kerze für Beständigkeit an und steckte sie in einen aus Ried geflochtenen Ständer, der die Zerbrechlichkeit des sterblichen Menschen vor seinem Gott symbolisierte. Der Priester des Todesgottes tanzte nicht und blies nicht auf den Pfeifen. Er unterließ es auch, seinen Gott um einen Gefallen zu bitten. Statt dessen ging er die Stufen des Podestes hinauf und erinnerte mit kalten Worten an ein Opferversprechen, das immer noch unerfüllt war.
»Ein Eid, geschworen auf das Blut des Hauses Minwanabi«, erklärte der Priester. »Die Familie der Acoma muß im Namen Turakamus sterben, und das Blut der Minwanabi dient als Pfand. Wer den Mantel des Lords annimmt, muß auch diese Aufgabe erfüllen.«
Tasaio antwortete mit dünner Stimme. »Ich anerkenne unsere Schuld gegenüber dem Roten Gott. Meine Hand auf diesem Schwert bekräftigt es.«
Der rote Priester fuhr mit einem Amulett durch die Luft. »Turakamu möge Euren Bemühungen lächeln … oder Euren Tod besiegeln und den Eurer Erben, solltet Ihr versagen.« Er drehte sich um und verließ das Podest; die Kerze des Gerechten Gottes flackerte im Luftzug seiner Bewegung.
Der neue Lord der Minwanabi saß still da und behielt ein ausdrucksloses Gesicht bei, als erst das eine, dann ein anderes Mitglied der Familie oder des Haushaltes vortrat, sich verbeugte und ihm die Treue schwor. Als auch der letzte Vasall seinen Eid abgelegt hatte, stand er auf und rief dem Befehlshaber an der Seitentür zu: »Bringt meine Konkubinen herein.«
Zwei junge Frauen traten ein; beide waren in kostbare Gewänder gehüllt. Die eine war groß und schlank; sie hatte blonde Haare und weit auseinanderstehende jadegrüne Augen, deren Schönheit durch etwas Schminke noch sanft unterstrichen wurde. Die andere war ganz in scharlachrote Gazespitze gekleidet, hatte einen dunklen Teint und eine rundlichere Figur. So unterschiedlich sie auch waren, besaßen doch beide Frauen eine Schönheit, die die Augen eines jeden Mannes auf sich zog. Beide verbeugten sich anmutig vor dem Podest, während die kurzen, nur locker gebundenen Gewänder
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