Zeit des Lavendels (German Edition)
Frauen aus Seggingen bei Euch auch ein Bad, etwas zu essen und ein sauberes Bett — genau in dieser Reihenfolge?«
Regine Steirers Kopf flog herum. »Jessas Maria! So eine Überraschung. Als Wirtsfrau muss man ja mit vielem rechnen, aber das! Magdalena von Hausen aus Seggingen ...« Sie stockte und wurde rot. »Ich muss wohl >Euer Gnaden< sagen. Entschuldigt, meine Freude war so groß, Euch hier zu sehen.«
Diese Frau war einfach herzerfrischend, fand Katharina und beobachtete die beiden vergnügt.
»Nein«, beruhigte ihre Gefährtin die Wirtsfrau. »Magdalena von Hausen ist völlig genug. Fürstin bin ich schon eine ganze Weile nicht mehr, wie Ihr wohl wisst.«
Regine Steirer wurde ernst. Sie nickte. Dann schlug sie sich mit der flachen Handfläche an die Stirn. »Da stehe ich nun und halte Maulaffen feil. Ludwig, einen Badezuber in das Zimmer Nummer acht. Maria, geh sofort heißes Wasser machen.«
Dann wandte sie sich an den dicken Franziskaner, der der Begrüßung mit großem Interesse zugehört hatte. »Werter Herr William von Roebruck, Ihr werdet mich jetzt entschuldigen müssen. Hier ist ein lieber Gast mit einer Freundin. Ich werde die beiden Damen jetzt auf ihr Zimmer bringen, damit sie sich frisch machen können.« Dann ein durchdringender Ruf: »Ludwig, hast du den Zuber schon oben? Wenn nicht, dann beeil dich. Und dann komm herunter und zeig den Bediensteten der beiden Damen ihr Quartier. Danach führst du die Rösser in den Stall und gibst ihnen Futter. Anna, da hinten sitzt ein Gast, der will schon seit geraumer Zeit etwas bestellen. Frag ihn, was du bringen sollst ... Kommt, meine Damen, ich zeige Euch Euer Reich«, damit drehte sie sich um und winkte den Frauen zu, ihr zu folgen.
»Bei Gott, das ist eine zupackende Frau«, murmelte Katharina.
Das bestätigte sich, als sie oben im Zimmer angekommen waren. Regine Steirer nahm die ehemalige Äbtissin ohne viel Federlesens in den Arm. »Magdalena von Hausen, es ist schön, Euch zu sehen«, sagte sie. »Und auch Eure Begleiterin.« Katharina lächelte ihr mit einem Kopfnicken zu.
»Jetzt werden wir ein Bad nehmen und uns den Staub der letzten Wochen abwaschen«, erklärte Magdalena lachend und machte sich los. »Dann kommen wir herunter. Vielleicht lerne ich dann auch Euren Mann kennen?«
Schlagartig wurde Regine Steirer ernst. In ihre Augen schossen Tränen. »Mein Mann ist tot«, sagte sie leise. »Er wurde vor zwei Jahren im Berg von einer Lawine erschlagen.« Sie biss sich auf die Lippen. Dann gab sie sich einen Ruck und lächelte, immer noch mit Tränen in den Augen. »Aber ich komme schon durch. Unsere Kinder geben mir Kraft. Außerdem habe ich ja noch den Ludwig als Hilfe — und auch den einen oder anderen Verehrer. Unseren William, den Mönch, habt Ihr ja schon gesehen.« Sie kicherte. »Der hat's nicht nur knüppeldick hinter den Ohren, sondern auch unter seiner Kutte. Oje, was habe ich da wieder gesagt. Und das zu einer Gnädigen wie Euch.« Sie kicherte wie ein kleines Mädchen, nicht im Mindesten zerknirscht, auch wenn sie etwas rot geworden war.
»Hier werden wir uns wohl fühlen«, meinte Katharina und strahlte Regine Steirer an.
Sie fühlten sich wohl. Manchmal schien es ihnen, als sei dieses turbulente Wirtshaus der einzig sichere, friedliche Ort auf der Welt, eine Insel, in der das Böse von Ludwig, dem Schankknecht, einfach zur Türe hinausgeworfen wurde. Nach und nach erfuhr Regine Steirer auch Katharinas Geschichte.
Katharina und Magdalena von Hausen blieben anderthalb Wochen im Adler in Vaduz. Dann reisten sie weiter — durch grüne Täler, sahen Häuser mit großen Steinen auf den Dächern, vorbei an Almen. Ende August erreichten sie Rom; an einem schwülen, brütend heißen Abend nach einem Tag voll flirrender Hitze. Es dauerte noch zwei weitere Stunden, bis sie endlich eine Herberge gefunden hatten und im Hause der römischen Dominikanerinnen ihre Kammer beziehen konnten.
Katharina saß auf ihrem Lager und lehnte mit dem Rücken an den kalten Quadersteinen der Wand, die von keinerlei Teppichen verkleidet wurden. Sie wirkte erschöpft im Kerzenschein, der das Rot in ihren Haaren zum Leuchten brachte. Magdalena von Hausen beobachtete sie stumm. Doch sie sagte nichts. Sie fühlte, dass es nicht nur die Strapazen der Reise waren, die Katharina stumm machten. Was ihre Gefährtin empfand, war nicht nur die Müdigkeit. Es war auch Angst. Sie hatten nie darüber gesprochen. Doch beiden war klar, dass sich auf dieser Reise ihr
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