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Zeit des Lavendels (German Edition)

Zeit des Lavendels (German Edition)

Titel: Zeit des Lavendels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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den Atem an. Er hatte nie viel für Frauen übrig gehabt. Doch diese hier strahlte etwas aus, was ihm beinahe den Atem nahm. Sie war nicht eigentlich schön. Aber Augen wie diese hatte er noch nie gesehen. Sie rührten etwas in ihm an, was er schon seit Jahrzehnten nicht mehr gespürt hatte. Stärke lag in ihnen, aber auch Hilflosigkeit. Diese grünen, klaren Augen mit den gelben Punkten wirkten fast zu groß für das schmale Gesicht. Sie war nicht sonderlich groß, wirkte so zerbrechlich, als könne sie der nächste Windstoß umblasen. Sie hatte sichtlich Angst und war unsicher. Doch sie hielt sich in Würde. Was konnte ein Mann wie Bruder Benediktus, der immer nur verächtlich über Frauen gesprochen hatte, mit einer Frau wie dieser hier zu tun haben?
    Er bedeutete ihr, sich zu setzen und zu sprechen. Noch hatte er kein Wort gesagt. Er tat es auch lange Zeit danach nicht. Das Drama, das mit ihren Worten vor seinem geistigen Auge zu Bildern wurde, nahm ihn gefangen. Manchmal musste er sich beherrschen, um nicht mit den Zähnen zu knirschen. Bei Gott, dieser Mann war ein Erzlump, ein Ketzer und ein Lügner! Er musste ausgemerzt werden vor dem Angesicht der heiligen Mutter Kirche. Wie hatte er sich nur so täuschen lassen können? Er musste unbedingt mit Kardinal Carafa sprechen. Er hatte diesen verräterischen Thomas Leimer schließlich zu den Theatinern gebracht. Cajetan von Thiene war sich sicher, sein Freund Carafa würde sehr ärgerlich sein. Der Kardinal war ehrgeizig, aber von strenger Moral. Wahrscheinlich stand er sogar kurz davor, der nächste Papst zu werden. Julius lag schwer krank darnieder. Carafa war ein würdiger Nachfolger. Und ein Mann der Gerechtigkeit. Dieser Thomas Leimer würde seine angemessene Strafe bekommen. Cajetan von Thiene runzelte grimmig die Stirn.
    Katharina war zutiefst erschrocken, als sie seine Reaktion sah. Zorn und Empörung spiegelten sich deutlich im Gesicht des Generalpräpositus. Flehend sah sie ihn an. »Bitte, straft ihn nicht. Er wusste nicht, was er tat. Thomas Leimer ist nicht böse, er ist nur schwach. Helft meiner Gönnerin und Freundin Magdalena von Hausen, ihr Versprechen einzulösen.«
    Cajetan von Thiene betrachtete die Frau vor sich mit stetig wachsender Hochachtung. Menschen wie sie gab es selten. Da saß sie nun vor ihm und flehte für einen Mann, der ihr selbst so viel Leid zugefügt hatte. Und sie flehte nicht für sich, sondern für eine andere.
    »Bitte, Herr. Er weigert sich, mit uns zu sprechen. Es könnte Schlimmes geschehen, wenn mein Gatte und er sich nicht aussöhnen. Wollt Ihr einen Tod auf Euer Gewissen laden? Wollt Ihr noch mehr Unglück heraufbeschwören? Ich bin nur eine schwache Frau. Ich weiß, ich habe gefehlt. Ihr seid gesegnet mit der ganzen Weisheit und Macht der heiligen Kirche und des Glaubens. Aus meinem tiefsten Herzen flehe ich Euch an, sorgt dafür, dass er morgen Abend zu dieser Adresse kommt.« Sie reichte ihm einen Zettel. »Freiwillig wird er es nicht tun. Ich bitte Euch bei allem, was Euch heilig ist, gebt auch ihm diese Möglichkeit, wieder mit Gott ins Reine zu kommen, zu bereuen, zu lernen. Es geht nicht nur um das Seelenheil meines Gatten, das Wohl meiner kleinen, unmündigen Kinder. Es geht auch um die unsterbliche Seele eines Mannes, der sich Euch als Bruder Benediktus anvertraut hat. Nur wer weiß, dass er gefehlt hat, kann aufrichtig bereuen und sich ändern.«
    Cajetan von Thiene nickte. »Ihr seid sehr beredt, meine Tochter. Gut, ich werde Euch helfen. Bruder Benediktus wird zur angegebenen Stunde am angegebenen Ort sein. Mehr kann ich Euch aber nicht versprechen.« Das Gesicht des Generalpräpositus wurde hart. »Mir scheint, dieser Mann ist wie Unkraut im Garten, das die guten Pflanzen erstickt. Dass er Leid über Euch und die Euren gebracht hat, ist die eine Sache. Das ist schlimm. Und Ihr habt Recht, wenn Ihr sagt, es dürfe nicht noch schlimmer werden. Doch er hat auch die heilige Mutter Kirche verraten, belogen und betrogen. Er hat den rechten Glauben verleugnet. Er ist Unkraut, das mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden muss, damit er nicht noch mehr hoffnungsvolle Pflanzen in Gottes Garten verderben kann. Es ist an mir, ihn dafür zu bestrafen und dafür zu sorgen, dass so etwas nie wieder geschieht. Bei allen Heiligen, ich bin nicht bereit, das hinzunehmen.«
    Katharina wollte protestieren. Doch Cajetan von Thiene gebot ihr mit einer energischen Handbewegung zu schweigen. »Für diesen einen Abend ist er Euer.

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