Zeit des Lavendels (German Edition)
daraus machen müssen. Wie so viele vor ihr. Magdalena von Hausen würde sicher helfen. Sie hatte gegenüber dem Mädchen mehr als eine Verpflichtung. Obwohl sie viele schon abgetragen hatte, wie Nele zugeben musste. Sie wusste auch schon, welchen Mann sie sich für Katharina wünschte. Er war zwar nicht reich, der Sohn eines Gehenkten und Geächteten und auch ein Außenseiter in dieser Stadt. Aber er war ein guter Mensch. Zumindest dann, wenn ihm die Hitze der Rebellion nicht wieder jeden vernünftigen Gedanken aus dem Kopf blies. Und Katharina mochte Konz Jehle, sie würde mit ihm auskommen.
Es kam, wie Nele es vorausgesehen hatte. Magdalena von Hausen sagte nicht viel, als Katharina ihr die Geschichte erzählte, immer angetrieben von den Blicken der alten Nele, die sich unter diesen Umständen sogar einmal in die Residenz der Äbtissin gewagt hatte. Doch den Namen des Vaters nannte sie auch Magdalena von Hausen nicht.
Die Reichsfürstin atmete tief durch, nachdem die beiden Frauen wieder gegangen waren. Katharina brauchte einen Mann, so viel war klar. Es war das Einzige, was sie jetzt noch tun konnte, um sie zu schützen. So schickte sie nach Konz Jehle. Die beiden führten ein langes Gespräch. Doch auch nach der Heirat erfuhr Katharina nie, worüber sich die Äbtissin und der Sohn des Konz Jehle von der Niedermühle unterhalten hatten. Zu ihr sagte er nur, es sei ihm recht, sie zu heiraten. Zumal Barbara, seine Verlobte, im vergangenen Jahr einen anderen, reicheren Mann aus Laufenburg genommen hatte, wo sie jetzt auch lebte. Und dem Kind werde er bestimmt nichts Übles tun. So wurden Katharina und Konz Jehle im März 1546 ein Paar.
Im folgenden Juni kam dann der Junge zur Welt. Katharina bat Konz; ihn Thomas nennen zu dürfen. Er hatte nichts dagegen, wusste er doch, wie gerne sie bei Thomas Rischacher und seiner Frau Genoveva in Basel gelebt hatte. Von Thomas Lei-mer hatte er noch nie gehört. Er ahnte damals nicht, dass sich das eines Tages ändern würde.
Katharina und Konz Jehle kamen gut miteinander aus. Schließlich kannten sie einander schon fast ihr ganzes Leben, seit die vierjährige Göre dem zehn Jahre älteren Konz ständig hinterhergelaufen war. Der große, dunkle, grobschlächtige Junge hatte es gutmütig hingenommen, dass ihm der zierliche Rotschopf ständig an den Hacken hing und niemals aufgab, auch wenn die kleinen Beinchen mit den langen von Konz nicht mehr mithalten konnten. Konz hatte Katharina beschützt, seit er sie kannte. Und das tat er auch jetzt. Sie und ihren Sohn.
Das Staunen hatte Katharina nicht verloren. Jeder Tag mit ihrem kleinen Sohn war für sie ein Wunder. Der kleine Thomas ähnelte seinem Vater, hatte dessen blaue Augen geerbt. Doch diese hier blickten neugierig in die Welt, in dieses große Abenteuer, bei dem es so viel zu entdecken 'gab. Sobald er laufen konnte — und das war schon recht früh —, war er ständig verschwunden. Manchmal wusste sie kaum, wie sie alle ihre Pflichten erfüllen und gleichzeitig auf ihren kleinen Sohn achten sollte. Er war einfach nicht zu bremsen.
Hin und wieder half sie auch Magdalena von Hausen noch aus, indem sie Briefe schrieb und Botengänge übernahm. Sie wurde dafür bezahlt. So kam immer wieder ein wenig Geld ins Haus. Wenn es ihre Zeit erlaubte, nahm sie auch an den täglichen Gebeten der gestühlten und der ungestühlten Frauen im Fridolinsmünster teil. Die Stiftsdamen hatten einen langen Tag. Sie mussten nicht nur täglich zum Kapitelamt. Gebetet wurde auch bei der Mette, die im Sommer um vier Uhr und im Winter um fünf Uhr begann. Es folgten um sieben Uhr die Prim, Terz, Sext und Non, um zwei Uhr die Vesper und abends Komplet, Vesper und Mette. Hinzu kam noch das Salve Regina, das an allen Samstagen und an jedem Abend vor dem Mutter-gottesfest von den Priestern gesungen wurde. Mit all den zusätzlichen Pflichten als Äbtissin bekam Magdalena von Hausen selten mehr als drei bis vier Stunden Schlaf pro Nacht. Deshalb half Katharina ihr, wo sie nur konnte.
Konz Jehle war zum Bannwart des Dinghofs Murg gewählt worden. Er kümmerte sich um den Holzeinschlag, schlichtete kleinere Auseinandersetzungen um Land und sorgte dafür, dass die Grenzsteine immer am richtigen Platz blieben. Aufgrund seiner ruhigen, sachlichen Art und seiner Fähigkeit, auch erregte Gemüter zu besänftigen, war sein Rat oft gefragt. Die Fürstäbtissin hatte dem Paar zur Hochzeit ein Pferd aus den Stallungen des Stiftes geschenkt. Dieser Luxus machte es
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