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Zeit des Lavendels (German Edition)

Zeit des Lavendels (German Edition)

Titel: Zeit des Lavendels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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ebenso von der Anstrengung eines schnellen Rittes wie von der Auseinandersetzung mit der Zofe. Er verneigte sich tief, voller Respekt vor der Frau, der er gegenüberstand, und reichte ihr stumm das Pergament. Dann machte er fluchtartig kehrt und verließ das Zimmer. Er fühlte sich in seiner Lage sichtlich unwohl. Magdalena musste unwillkürlich lächeln und bedeutete ihrer Bedienerin zu gehen. Sie wollte allein sein, wenn sie die so lange ersehnte Nachricht aus Basel öffnete.
    Sie setzte sich auf jenen Stuhl am Fenster, von dem aus sie schon so oft auf das Wasser des Rheins geschaut hatte, und erbrach das Siegel ihrer Familie, das ihr sagte, dass der Brief von Genoveva auf den Weg gebracht worden war.
    Zum zweiten Mal an diesem Tag zog Magdalena von Hausen erstaunt die Augenbrauen hoch. Denn das Schreiben ihrer Schwester war nur kurz und begleitete ein zweites, wesentlich längeres:
     
    Liebste Schwester,
     
    verzeih mir, wenn so lange mehr keine Kunde von uns kam. Wenn du den zweiten Brief gelesen hast, wirst du wissen, welche schrecklichen Ereignisse uns hinderten. Ich bitte dich, lies diesen Brief mit dem ganzen Mitgefühl deines liebevollen Herzens, auch wenn er schlimme Nachrichten für dich bringt. Er kommt von einer jungen Frau in großer Seelenpein, die gegen die Gesetze Gottes und der Menschen fehlte.
    Viel Übles ist daraus erwachsen, auch dir, meine geliebte Schwester. Trotzdem bitte ich dich von Herzen, verurteile sie nicht, sondern verzeih ihr. Denn wir sind allzumal Sünder, und niemand ist gefeit vor der Versuchung. Sie ist gefallen, ihre Seele windet sich in den wilden Schmerzen der Reue.
    Und sie hat durch ihre Taten mehr verloren als ihre innere Seelenruhe. Die Strafe Gottes hat sie bereits hart getroffen. Lass nicht auch noch die Strafe deiner Verachtung folgen. Die Rache ist mein, spricht der Herr. Üb also Gnade mit dieser Unglücklichen, die auch aus Liebe und falscher Rücksichtnahme gehandelt hat.
    Sie bereut zutiefst, was geschah. Sie will nichts, als mit ihrem Gott und dir ins Reine kommen, damit ihr wieder die Gnade des Allmächtigen zuteil werde. Auch wenn es dich schwer ankommen mag, hilf mir, geliebte Schwester, diese gequälte Seele zu retten und sie auf den Weg des Allmächtigen zurückzuführen.
    Und bedenke bei allem, was du jetzt erfahren wirst: Auch die Schreiberin des zweiten Briefes teilt nichts als das Schicksal so vieler unglücklicher Frauen, die schon durch die Doppelzüngigkeit und den Verrat eines Mannes gestrauchelt sind. Du wirst bald verstehen, warum ich dies schreibe.
    Für weitere Nachrichten ist jetzt nicht die rechte Zeit. Aber ich verspreche dir, ich werde bald ein weiteres Schreiben aufsetzen, das dir von Thomas, den Kindern und mir berichten soll.
    Ich wünsche dir die Kraft zu verzeihen und den Segen Gottes und des Heiligen Fridolin. Mögen sie dir zusammen mit der gnadenreichen Jungfrau Maria in diesen schweren Stunden des inneren Kampfes zur Seite stehen.
     
    Deine dich von Herzen liebende Schwester
    Genoveva Rischacher
     
    Hastig legte Magdalena von Hausen den Brief ihrer Schwester zur Seite und griff zu dem zweiten Pergament, das auf beiden Seiten eng mit den akkuraten Linien der Schrift Katharinas beschrieben war. Auch dieser Brief begann mit einer Bitte um Verzeihung:
     
    Hochedle Frau,
    gnädigste Gönnerin,
     
    so viel Gutes habt Ihr mir, einem armen Waisenkind, über die Jahre getan. Und doch habe ich Euch schmählich verraten, Euer Vertrauen missbraucht, geschwiegen, wo ich längst hätte sprechen sollen und so Gutes mit Üblem vergolten. Die Feder sträubt sich mir noch immer, will kaum niederschreiben, was geschah.
    Doch es muss geschehen, denn nur so kann ich hoffen, jemals wieder vor Euer verehrtes Angesicht treten zu können, ohne dass ich vor Scham über mein Tun in den Boden versinken möchte.
    Der edle Hans Jakob von Schönau hat wohl vieles von dem schon erraten, was ich Euch jetzt beichten will, doch aus Rücksicht auf Euer Wohlbefinden geschwiegen. Bei ihm mögt Ihr seine Version der Ereignisse erfragen. Meine Beweggründe waren nicht so edel, sondern getragen von Eigennutz und Eifersucht, auch wenn ich es vor mir selbst mit anderen Gründen zu bemänteln suchte.
    Doch der Mensch kann zwar äußerlich fliehen, nicht aber vor Gott und vor sich selbst. Und so bitte ich Euch, die dieses Schreiben auch hart treffen wird, dennoch, die Unglückliche, die es schrieb, nicht ganz zu verdammen, sondern ihr noch ein klein wenig von jenem

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