Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim
waren. Die mickrigen Schlösser der Hallentür ließen sich mit einem Bolzenschneider oder Geißfuß überwinden, und um derartiges Werkzeug anzuschleppen, brauchte man keine ganze Bande.
»Red dich nicht raus, zum Teufel!« Ruuskanen war wirklich wütend. »Was hast du da ausgekocht, du Gauner? Ich begreife das überhaupt nicht. Du kriegst doch nicht mal Geld von der Versicherung. Oder hattest du ein Zweitexemplar vom Kraftfahrzeugschein? Das geht nicht durch, auf keinen Fall. Ich versteh nicht …«
Aus Ruuskanens Schnauben war eine leise Hoffnung herauszuhören, gespeist aus der Vermutung, es handle sich um einen genialen Trick, mit dem ich die Versicherungsgesellschaft betrügen wollte. Das hätte so problemlos in Ruuskanens Moralkodex gepasst wie fettfreie Milch in den Kaffee eines Figurbewussten.
»Nun erzähl mir mal bis zum Schluss, was passiert ist. Ich bin total ahnungslos«, forderte ich noch einmal.
»Na, irgendwelche beschissenen Banditen sind in die Halle eingebrochen und haben einen Wagen in tausend verdammte Stücke zerlegt. So fein sortiert, sag ich dir, dass der Kram anstandslos zum Recycling kann, verdammt nochmal, Plastik und Metall säuberlich getrennt. Das Einzige, was heil geblieben ist, sind der Stern und die Matten.«
Ruuskanen kam wieder ins Schnaufen, fuhr aber mit seinen Übertreibungen fort.
»Daran hab ich ihn erkannt. Deinen Mercedes, du Arsch, für den du mir ein Wahnsinnsgeld abgeluchst hast.«
Jemand war in meinem Haus gewesen. Das gefiel mir nicht. Genauer gesagt, es machte mir Angst, doch die Furcht lähmte mich nicht. Im Gegenteil, ich wusste, dass ich effizient und kühl handeln und meinen Gegner, selbst wenn er stärker war, angreifen würde. Das hatte ich schon öfter getan, und entsprechend lautete auch der Vermerk in meinen Papieren aus der Spezialausbildung.
Ist fähig, unter Stress zu handeln. Steigert unter extremem Druck sogar seine Leistung. Zeigt seine Furcht nicht, hieß es in dem von Oberst Wikulow unterschriebenen Gutachten.
Dennoch fürchtete ich mich.
Ich setzte mich an den Computer und stellte die Verbindung zur Festplatte der Kameras her. Mein Bekannter Ponomarjow, der Videos und Fernseher reparierte und Antennen installierte, hatte mir zum Freundschaftspreis ein System aufgebaut, das in Abständen von einigen Sekunden Aufnahmen im Haus und draußen speicherte. Es gab drei Kameras. Eine lauerte neben dem Haupteingang, die zweite filmte mit Weitwinkeloptik Wohnzimmer und Küche, die dritte spähte auf die Terrasse.
Marja hatte an dem Überwachungssystem keinen Gefallen gefunden. Das hier ist doch die sicherste Wohngegend der Welt, hatte sie argumentiert und vor meinem dezenten Hinweis, dass unser voriges Haus immerhin abgefackelt worden war, die Ohren verschlossen. Sie hatte ihre Zunge noch spitzer zugefeilt und hinzugefügt, wenn sie Lust hätte, vor der Kamera zu stehen, wäre sie nach Hollywood gegangen oder wenigstens in irgendeine Reality-TV-Show, in den BB-Container, wo man seine Titten zeigt und Dildos im Whirlpool schwimmen lässt.
Aber meine Fliegenklatschen interessieren ja sowieso keinen mehr, hatte sie gegiftet.
Ich hatte ihre Redekunst schweigend bewundert. Es wäre sinnlos gewesen, mich an dem Wortgefecht zu beteiligen. Wenn ich ihre Brüste gepriesen hätte, prall und fest, wie große Äpfel, hätte Marja mein Lob mit der Bemerkung quittiert, ich sei ein primitives Geschöpf, das sich für die Ausmaße und das Hüpfen von Ausbuchtungen interessierte, die zum Stillen vorgesehen waren.
Die Bilder der Überwachungskameras zogen über den Bildschirm, der Tag wich halbdunkler Nacht und brach erneut an. Ich nahm die zappelnde Bewegung menschlicher Gestalten wahr, hielt das Bild an und spulte zurück.
Bekari war leicht zu erkennen, er bewegte sich zielstrebig wie ein rabiater Verteidiger in einem englischen Fußballstadion, und hinter ihm ging noch jemand, dunkel und klein. Wronskij, vermutete ich. Dann war auch Wronskij deutlich zu sehen, er stand an der Tür und gestikulierte, gab offenbar Befehle.
Ich wechselte die Datei und wählte unter den Aufzeichnungen der zweiten Kamera dieselben Zeitcodes. Bekari suchte systematisch, nahm sich jeweils einen Schrank oder eine Schublade vor, holte die Sachen sorgsam heraus und legte sie ebenso exakt zurück. Auch Wronskij beteiligte sich an der Suche, war aber weniger penibel, zerknüllte die Kleider und stopfte sie unordentlich zurück.
Das genügte mir. Wronskij und Bekari waren in mein Haus
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