Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim
sei zwar noch recht jung, verstehe aber sein Metier. Ein Hauch von Enttäuschung flog über Teijas Gesicht. Ich hegte den Verdacht, dass sie sich schon ausgemalt hatte, wie in ihrer Wohnung kräftige Bauarbeiter zu Gange wären, gestandene Männer, in Latzhosen, aber ohne Hemd.
»Ich komme natürlich auch helfen«, tröstete ich sie, als hätte ich nichts gemerkt.
Teija bat uns herein. Wir zogen brav die Schuhe aus und traten auf Strümpfen ein.
Die Wohnung bestand aus einem kleinen Schlafzimmer, einer noch kleineren Küche und einem Wohnzimmer, das mehr Höhe als Breite aufwies. In dieser Lage musste sie dennoch so viel kosten wie mein ganzes Haus. Die Frau hatte die Wohnung entweder in günstigeren Zeiten gekauft oder geerbt.
»Die Fußböden habe ich schleifen und die Wände streichen lassen, als ich die Wohnung gekauft habe. Vor drei Jahren, gleich nach meiner Scheidung«, bemerkte Teija und entzog meinen Vermutungen die Grundlage. »Aber das Bad habe ich damals nicht renovieren lassen.«
Sie öffnete die Tür zum Badezimmer. Es war ein schmaler Schlauch, in dem das Waschbecken sich beinahe über die Toilette schob. Auf der anderen Seite befand sich eine Duschecke.
»Ich dachte mir, vielleicht ließe sich mit Kacheln eine Art griechische Atmosphäre oder Spa-Stimmung schaffen. Marja meint, du könntest mir die Kacheln preiswert besorgen. Ich habe mir im Internet schon verschiedene Kollektionen angesehen«, erklärte Teija und illustrierte ihre innenarchitektonischen Ideen mit ausgreifenden Armbewegungen.
Ich betrachtete die fahlen, vergilbten Wände, den abgetretenen Bodenbelag und das hoffnungslos verschmutzte Lüftungsgitter unter der Decke. Glücklicherweise meldete meine Nase weder Schimmelgeruch noch miefige Feuchtigkeit.
»Tja. Das kriegen wir schon hin. Wie wäre es mit etwas mehr Spiegelfläche … das macht das Bad optisch weitläufiger. Es ist ja nicht besonders groß«, schlug ich vorsichtig vor.
»Spiegel sind herrlich. Im Schlafzimmer habe ich große Spiegel an zwei Wänden. Und an der Decke«, lächelte Teija.
Matti schauderte unwillkürlich und sah aus, als wäre er am liebsten weggerannt.
Wir fuhren über Pasila zurück. Ich erklärte Matti, dass wir rasch eine Baustelle besuchen würden, auf der Bekannte arbeiteten. Sie hatten mich angerufen, und ich hatte versprochen, vorbeizuschauen, obwohl ich an dem Projekt nicht beteiligt war.
An der Kreuzung neben dem Polizeipräsidium und dem Hauptgebäude der Fernsehanstalt Yle suchte ich eine Weile nach der Baustellenzufahrt. Ich umrundete zweimal den Kreisverkehr, bevor ich den Kiesweg entdeckte, der auf das schmale Grundstück zwischen den Gebäuden des Senders und den Bahngleisen führte.
Man hatte ein komplettes neues Geschäftsviertel auf die Parzelle gezwängt. Das erste Gebäude von der Straße aus wirkte bereits bezugsfertig. Hinter den großen Glasflächen waren Bürolandschaften und Konferenzräume zu sehen, vollständig eingerichtet, die Leuchtröhren an den Decken brannten und auf den Schreibtischen standen die Computer bereit. Nur die Menschen fehlten, als hätte man sie mitten am Arbeitstag evakuiert. Ich wich einem Betonlaster aus und parkte neben den Baustellenbaracken.
Gennadi Kukkonens Mannschaft arbeitete im letzten Gebäude, das sich erst im Rohbaustadium befand. Die Männer, ein halbes Dutzend, gossen den Zwischenboden, standen mit ihren Gummistiefeln im Betonbrei. Gennadi watete zu mir, zog die Handschuhe aus und begrüßte mich. Ich nickte zwei Russen zu, die ich kannte. Die anderen kämen aus Bulgarien, sagte Gennadi.
»Und jetzt schickt man sie gleich wieder zurück. Sie haben viel Geld für den Flug bezahlt. Man hatte ihnen Arbeit für ein halbes Jahr versprochen. Aber auf einmal schmeißt man sie raus«, beschwerte sich Kukkonen. Er war in meinem Alter, wohnte bei seiner alten Mutter und wirkte stets traurig und schmuddelig.
»Aber das Haus ist doch noch lange nicht fertig«, wunderte ich mich.
»Nee, aber der Bauunternehmer hat Hunderte von Männern, die werden hierher verlegt. Unsere Arbeit hat man in Subkontrakte von jeweils zwei Wochen aufgeteilt. Und natürlich wird den Ausländern zuerst gekündigt«, erklärte Kukkonen.
»Was gibt’s denn hier zu schwatzen? Schmeißt den Rüttler an, bevor der Schlamm hart wird«, tönte es hinter mir. Ein junger Mann in sauberer Arbeitsjacke und hellem Helm stand an der Tür.
»Bist du hier der Polier?«, fragte ich.
»Ja.«
»Aha. Die Jungs sagen, sie wären
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