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Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim

Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim

Titel: Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matti Rönkä
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prüfte die Sache nach. Er befahl mir, den Mund aufzumachen, hob meine Lippen an und dehnte meine Kiefer wie ein Pferdebeschauer. An meiner linken Wade gab das Gerät erneut Laut. Ich bat darum, mir doch bitte nicht das Knie aufzuschneiden, das ein sowjetischer Sportarzt mit einem Geflecht aus Stahlfasern verstärkt habe. Korhonen bestätigte, diese Geschichte schon vor ewigen Zeiten gehört zu haben, und fügte hinzu, ich hätte sogar eine Rostschutzplakette am Hintern.
    »Sauber«, verkündete Kolehmainen und packte das Messgerät sorgfältig in einen Stoffbeutel. Erst dann zog er sich wieder an.
    »Ein Profi«, sagte ich anerkennend zu Varis und riet ihm, den Jungen zu befördern. Varis schien mein Lob beinahe zu schätzen.
    »Im Gepäck ist auch nichts.« Der zweite junge Polizist,der bisher geschwiegen hatte, packte meine Kleider und die süßen Mitbringsel in die Plastiktüte und die Schultertasche zurück.
    »Du hast deine Sache auch gut gemacht«, verteilte ich mein Lob gleichmäßig, wie man es bei Kindern tut. »Na, ich geh dann mal. Reisen macht müde.«
    Varis schüttelte den Kopf. »Nicht so hastig, wir haben ziemlich viel zu bereden.«
    Ich erinnerte ihn an meine mickrigen Menschenrechte und daran, dass mir, wenn ich mich nicht täuschte, keine kriminellen Handlungen vorgeworfen wurden. Jedenfalls habe man mir davon nichts gesagt. Stattdessen habe man es eilig gehabt, meine Körperhöhlungen einer Tiefenbohrung zu unterziehen.
    Varis sagte, ich bräuchte gar nicht erst die Paragraphen zu bemühen, denn der Schutz meiner individuellen Rechte sei so garantiert wie der eines Citykaninchens. Wir hätten eine lange Vernehmung vor uns. Ich nickte versöhnlich, dann unterhalten wir uns eben, warum nicht. Aber vielleicht sei es nicht nötig, dass die ganze Kompanie teure Überstunden machte. Auch Benzin könnten wir sparen. Das Plauderstündchen müsse ja nicht unbedingt in den Räumen der Supo stattfinden, und es genüge wohl, wenn die Polizei durch Varis und Korhonen vertreten werde. Letzterer lasse sich ja ohnehin nicht wegschicken.
    Varis lachte nicht, stimmte aber zu. »Also fahren wir zu dir nach Hause.«
    »Lieber ins Büro. Da habe ich was für euch«, versprach ich.
    Varis nickte. Wir gingen hinaus. Im Parkverbot standen ein Škoda und ein kleiner Toyota, würfelförmig wie ein aufgeblasenes Haushaltsgerät. Beide hatten ein abnehmbares Blaulicht auf dem Dach und ein Schild auf dem Armaturenbrett, das bezeugte, dass es sich um Polizeifahrzeuge im Einsatz handelte.
    Korhonen setzte sich ans Steuer des Toyotas, und ich nahm ohne Aufforderung auf der Rückbank Platz. Varis zwängte sich auf den Beifahrersitz. Der Wagen roch wie das verhältnismäßig neue Fahrzeug einer Mittelschichtsmutter. Nur der Krimskrams in den Vertiefungen der Mittelkonsole fehlte, und auf dem Fußboden flogen keine von den Kindern plattgedrückten Saftpackungen oder Bonbonpapierchen herum.
    Ich legte die Arme auf die Rücklehne und streckte mich. Korhonen fluchte über ein Taxi, das sich vor ihn zwängte, und dehnte sein negatives Urteil auf die gesamte finnische Straßenverkehrskultur aus. Varis bedachte Korhonen und durch den Rückspiegel auch mich mit bösen Blicken.
    Ich hatte mir zurechtgelegt, was ich erzählen würde. Ich wollte damit anfangen, dass in Petrozawodsk ein Mann zu mir gesagt hatte, er heiße Wronskij, dass ich ihn aber von früher kannte, das war Jahre her, und er trug einen anderen Namen.
    »Und wenn sie nicht gestorben sind …« Korhonen kommentierte meine Geschichte als Erster. Varis hatte konzentriert zugehört, und auch Korhonen hatte es überraschend gut geschafft, den Mund zu halten.
    Varis stand auf und tigerte in meinem Büro auf und ab, dehnte dabei den Rücken. Auch ich hievte mich vom Sofa, umrundete den Schreibtisch und eroberte meinen Direktorenledersessel zurück. Er war aufdringlich warm, nachdem Varis darauf gebrütet hatte.
    »Schwerer Landesverrat. Spionage. Verrat geheimer Sicherheitsvorkehrungen. Landesverräterische Zusammenarbeit. Obendrein noch die normalen Tatbestände aus demBereich der Gewaltverbrechen«, wiederholte Varis seine Liste. »Dafür könntest du lange sitzen.«
    »Ja-a«, sagte ich gedehnt. »Aber ich setze mich höchstens auf einen Schaukelstuhl. Niemand ist verletzt worden, es ist nichts passiert. Ich habe euch Geschichten erzählt, aber ihr habt keinen blassen Schimmer, wie es sich wirklich zugetragen hat. Keine Beweise. Und von den anderen erzählt euch keiner so

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