Zeit für Eisblumen
in die Augen sehen.“
Er musste nicht wissen, dass ich bei meinem überstürzten Aufbruch nach Freising so verkatert gewesen war, dass ich das Ding dort vergessen hatte.
Sam seufzte. „Ich weiß, dass du das jetzt nicht hören willst, aber es ist wahrscheinlich gut, so wie es gekommen ist. Du hast so früh wieder angefangen zu arbeiten.“
„Ich musste arbeiten“, gab ich zu bedenken. „Wie hätten wir sonst das Auto und die Miete bezahlt?“
„Du hättest Elterngeld bekommen, wir hätten uns einschränken können, die Putzfrau entlassen. Es wäre schon irgendwie gegangen.“
„Aber ohne Putzfrau … Ach, lass uns nicht darüber streiten. Jetzt ist es, wie es ist. Auf jeden Fall hat mir Monika gestern auch noch von eurem gemeinsamen Abendessen erzählt.“
„Nachdem sie bei uns an der Schule war, hat sie mich gefragt, ob ich in den nächsten Tagen abends eine Kleinigkeit mit ihr essen will. Ich dachte, das sei das Mindeste, sie einzuladen. Wo sie mir doch einen Gefallen getan hat.“
„Sie hat dich gefragt und nicht umgekehrt?“
„Ja.“
Ich war erleichtert. Sam setzte Paul auf den Boden.
„Ich weiß, ich hätte dir von der Einladung erzählen sollen.“
„Wäre besser gewesen. Wo hast du heute Nacht geschlafen?“
„Nicht bei Monika.“ Sam verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln. „Bei Suri. Er war ein wenig verwundert, als ich tropfnass vor ihm stand, aber ich habe ihm erzählt, dass ein Kind mich auf dem Weg zu ihm mit einer Wasserspritzpistole attackiert hat.“
„Das hat er dir abgekauft?“
„Er hat auf jeden Fall nicht weiter nachgefragt. Ruf ihn an, wenn du mir nicht glaubst.“
„Ich glaube dir.“ Ich strich Sams verwuschelte Haare glatt.
„Wo warst du heute den ganzen Tag?“
„Ich habe mich mit Nina getroffen. Sie ist für ein paar Tage bei ihrer Mutter in Freising.“
„Du hattest also ein wenig Ablenkung?“
„Ja.“ Ich schaute auf meine Fußspitzen. Jetzt wäre der richtige Moment, ihm von meinen Irlandplänen zu erzählen. Doch ich konnte nicht. „Sie kommt morgen für zwei Tage zu uns. Ist das in Ordnung für dich?“
„Dann muss ich mich aber beeilen, wenn ich noch etwas von dir haben will!“ Er lächelte.
Tagsüber fühlte ich mich häufig überfordert von Paul. Doch ich genoss unsere gemeinsame Zeit vor dem Schlafengehen. In seinem kuschligen Schlafsack lag er dann in meinem Arm, nuckelte an seiner Milchflasche und lauschte andächtig dem Gute-Nacht-Lied, das ich ihm anschließend furchtbar falsch vorsang. In diesen Minuten empfand ich Frieden, und auch wenn ich nach der Arbeit meist total kaputt war und wusste, dass Sam nichts dagegen hätte, Paul auch hin und wieder ins Bett zu bringen, ließ ich mir diese Zeit mit ihm nur selten nehmen.
An diesem Abend war Paul so müde, dass er bereits über seinem Fläschchen einschlief. Ich legte ihn in den Stubenwagen, drückte ihm seine Stoffkuh in den Arm und beobachtete, wie sich seine Brust gleichmäßig hob und senkte. Die Tür ging auf und Sam kam herein.
„Schläft Paul schon?“, fragte er.
Ich nickte.
Er trat von hinten an mich heran und nahm mich in den Arm. Ich legte meine Hände auf seine, schmiegte meinen Kopf in seine Halsbeuge und so standen wir einige Momente bewegungslos da. Warum konnte es zwischen uns nicht immer so sein?
Erst als Paul im Schlaf etwas brabbelte, öffnete ich die Augen. Ich wollte mich nach Sam umdrehen, um ihn zu küssen. Aber er hielt mich fest.
„Hey“, protestierte ich.
Doch er lockerte seinen Griff nicht, sondern begann, mit seinen Lippen über meinen Hals zu streichen. Sein Atem kitzelte an meinem Ohr und er drückte seinen Unterleib an meinen Po. Eine Hand legte er wie einen Schraubstock um meine Taille. Die andere ließ er von meinen Schultern abwärts wandern. Versuchsweise wehrte ich mich ein wenig. Doch Sam ließ mich nicht los. Seine Finger wanderte immer tiefer nach unten und öffnete den Bund meiner Jeans, um langsam darunter zu gleiten.
Irgendwann hielt ich die Spannung kaum noch aus. Aber Sam zum Glück auch nicht. Denn er drehte mich um und nahm mein Gesicht in seine Hände. Doch kurz bevor sich unsere Lippen trafen, stoppte er und schaute mir in die Augen. Mit einem Blick, den ich so noch nie an ihm gesehen hatte. Zärtlich, aber trotzdem fordernd. Er presste seinen Mund auf meinen, mit einer Heftigkeit, die mich erschreckte. Ich schnappte nach Luft. So hatte er mich schon ewig nicht mehr geküsst.
„Küche oder Wohnzimmer?“, fragte ich
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