Zeit für Eisblumen
hattest Probleme. Und weißt du auch, warum?“
„Klär mich auf!“, entgegnete ich verstimmt.
„Wegen diesem rosa Zuckerguss, mit der diese ganze Babysache überzogen ist. Wenn du dich Knall auf Fall in irgendeinen fremden Typen verliebst, wirst du schräg angeschaut. Aber von einer frischgebackenen Mutter erwartet man, dass sie direkt nach der Geburt vor lauter Liebe und Glück nicht mehr ein noch aus weiß. Das ist doch Unsinn. Du musst den Wurm, der aus dir herausgepurzelt ist, doch erst einmal kennen lernen.“
„Nun ja, die meisten Mütter dürften ihn neun Monate mit sich herumgeschleppt haben.“
„Das ist nicht das Gleiche. Im Bauch haben diese Dinger weder Hunger noch schreien sie die ganze Zeit. Sie laufen einfach so mit.“
Ich zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich hast du recht. Ich habe trotzdem ein schlechtes Gewissen Paul gegenüber. Denn weißt du, was ich am schlimmsten daran finde, nicht zur Arbeit zu gehen?“
„Was?“
„Dass ich mich den ganzen Tag ununterbrochen um ihn kümmern muss. Ich sollte dankbar dafür sein, ein gesundes Kind zu haben, stattdessen habe ich das Gefühl, einen Schreikrampf zu bekommen, wenn ich nur ein einziges Mal eine Windel wechseln oder einen Brei kochen muss. Letzte Woche habe ich mir nachts Ohropax in die Ohren gestopft, damit ich es nicht hören muss, wenn Paul anfängt zu weinen, weil ich so kaputt war und einfach nur schlafen wollte. Welche Mutter tut so etwas?“
„Und? Konntest du schlafen?“
„Ich hab mir die Dinger nach fünf Minuten rausgemacht.“
„Na, siehst du? Durch und durch schlecht scheinst du also nicht zu sein. Und keine Frau, die alle Tassen im Schrank hat, freut sich darüber, permanent Windeln zu wechseln und Brei zu kochen. Ich wäre eher besorgt, wenn es anders wäre.“
„Aber ich wollte Paul vor ein paar Monaten mit den Schnüren seines Schlafsacks an sein Bett fesseln, als er angefangen hat, sich zu drehen und deshalb ständig aufgewacht ist.“
Nina seufzte. „Hast du es getan?“
„Nein. Aber ich habe darüber nachgedacht.“
„Meine Mutter hat mir gestanden, dass sie in den ersten Wochen nach meiner Geburt die Vision hatte, mich in der Badewanne zu ertränken. Na und? Sie hat es nicht getan. Und ich habe keinen psychischen Schaden davongetragen.“ Sie grinste. „Zumindest keinen, der nicht mit fünf Therapiesitzungen zu beheben war.“
„Das beruhigt mich kaum. Ich muss also damit leben, dass Paul später zum Psychologen geht.“
„Du bist zu streng mit dir“, fuhr Nina fort.
„Jetzt hörst du dich an wie Dr. Mertens.“
„Siehst du! Wenn dein Psychiater und ich dasselbe sagen, solltest du darüber nachdenken. Sieh doch deine berufliche Zwangspause als etwas Positives an. Flieg ein paar Tage mit Paul in die Sonne. Geh zur Kosmetikerin oder in die Sauna. Such dir einen Babysitter und ein Fitnessstudio mit Kinderbetreuung. Kauf dir sündhaft teure Unterwäsche und überrasch’ Sam damit. Du wirst sehen, dann geht es dir bald besser.“
„Meinst du wirklich, dass es so leicht ist?“, fragte ich zweifelnd.
„Ja“, antwortete Nina fest. „Und was Sam angeht: Er hat dich nie im Leben mit dieser Röstbratwurst betrogen. Schwimmt sie noch jeden Tag in ihrem Mini-Bikini durch den Feringa See?“
„Ja. Aber der Bikini war ihr wohl auf Dauer nicht aufsehenerregend genug. Jetzt trägt sie eine Badekappe und einen Neoprenanzug dabei.“
Nina verdrehte die Augen. „Sam würde doch nichts mit einer so durchgeknallten Schnepfe anfangen. Du wirst sehen, er hat bei einem Freund übernachtet.“
„Vielleicht hast du recht und er war bei Suri.“
Ninas Miene verfinsterte sich und sie wechselte das Thema. „Und wie klappt es zwischen euch im Bett?“
Ich zuckte mit den Schultern. „Ganz gut, damit es dazu kommt, müssen nur verschiedene Faktoren aufeinandertreffen.“
„Welche denn?“
„Paul muss schlafen, ich darf meine Tage nicht haben, bei Sam sollte keine wichtige Prüfung anstehen und wir müssen vorher mindestens vier Stunden am Stück geschlafen haben. Wenn Paul seine Milchflasche getrunken hat, döst er gerne noch für ein halbes Stündchen vor sich hin. Die Wochenenden sind also ziemlich gut dafür geeignet.“
„Ist doch toll! So habt ihr zumindest etwas, auf das ihr euch die ganze Woche freuen könnt.“
„Ja, aber leider meistens nur dreimal im Monat. Habe ich dir von der Frau in meiner Rückbildungsgymnastik erzählt, die sich jeden Morgen den Wecker auf halb sechs stellt,
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