Zeit für Plan B
erwiderte ich mit einem nachdrücklichen Blick auf die goldenen Ziffern an der Außenseite der Tür.
»Das hier ist doch der Wohnsitz der Schollings, oder?«
»Nein«, sagte ich, wobei ich mir alle Mühe gab, völlig perplex dreinzublicken. »Die Schollings leben in der Nr. 42, auf der anderen Seite des Sees.«
»Tatsächlich?« Verärgert zog sie ein zusammengefaltetes Notizblattaus der Jackentasche und überflog es mit einem Stirnrunzeln. »Man hat mir gesagt, 32.«
»Na, dann hat man Sie wohl falsch informiert!«, sagte ich mit einem Lächeln, als wollte ich mich entschuldigen, und schloss die Tür. Wir beobachteten, wie sie über den Vorweg davonstürmte, den Kameramann im Schlepptau, und in dem blauen Kleinlaster verschwand, der auf dem Seitenstreifen der Straße parkte. Sie rasten los, so dass sie Reifenspuren auf dem Asphalt hinterließen. »Die haben’s aber ganz schön eilig«, bemerkte Lindsey.
»Die will eben der Konkurrenz zuvorkommen«, sagte Chuck. »Sie wird bald wieder hier sein.«
Und das war sie auch, zehn Minuten später, mit einer frischen Schicht Lippenstift über einem Lächeln, das noch aufgesetzter wirkte als beim ersten Mal. Sie wartete gar nicht erst auf ihren Kameramann, sondern kam schon an die Haustür gestürmt, während er noch aus dem Wagen kletterte. Diesmal ging Chuck an die Tür. »Hallo«, sagte Sally Hughes zu ihm. »Ich wollte fragen, ob Sie mir vielleicht gern ein Interview geben würden?«
»Für welche Sendung?«, fragte Chuck. In diesem Augenblick war auch der Kameramann eingetroffen, und sie wies ihn mit einer raschen Geste an, mit den Aufnahmen zu beginnen. »Fox News.«
»Fox News«, wiederholte Chuck. »Ist das jetzt live?«
»Nein, es ist für einen Beitrag, den wir in Kürze live senden werden.«
»Und worum geht es dabei?«
»Um das Verschwinden von Jack Shaw.«
»Dem Filmstar?«
Ihr Mund verzog sich zu einem zynischen Grinsen. »Wollen Sie etwa leugnen, dass Sie und die anderen Personen in diesem Haus Freunde von Jack Shaw sind?«
»Ich weiß nicht«, sagte Chuck. »Wollen Sie es mir zur Last legen?«
»Ich habe vor kurzem mit Jacks Agent Paul Seward gesprochen, der überzeugt ist, dass eine Gruppe von Jacks Freunden ihn entführt und in dieses Haus hier gebracht hat«, erklärte sie pfiffig. »Würden Sie dazu gern einen Kommentar abgeben?«
»Das ist eine entzückende Bluse, die Sie da tragen«, sagte Chuck. »Sie bringt Ihre Brüste sehr vorteilhaft zur Geltung.«
»Wie bitte?«
»Ihre Brüste«, wiederholte Chuck, der nun lauter sprach und jede Silbe übertrieben betonte, während er sich über ihr Mikrophon beugte. »Ihre Bluse bringt sie sehr gut zur Geltung.«
Sie gab ihrem Kameramann entnervt einen Wink, woraufhin er die Aufnahme abbrach und die Kamera sinken ließ, während er erfolglos versuchte, sein Grinsen zu verbergen. »Was fällt Ihnen ein?«, herrschte sie Chuck an.
»Sie hatten mich um einen Kommentar gebeten.«
Sie wollte eben noch etwas anderes sagen, als ein zweiter Kleintransporter auf der Straße auftauchte und hinter dem geparkten Fox-Wagen anhielt. »Hey«, sagte ich zu Chuck. »NBC ist hier.«
»Cool«, sagte Chuck.
»Scheiße«, murmelte Sally Hughes, machte auf dem Absatz kehrt und stürmte in Richtung Straße zurück.
»O Mann«, sagte Chuck, der ihr noch einen Augenblick lang nachblickte, bevor er die Haustür schloss. »Das war ’ne echt heiße Reporterin. Habt ihr die Beine von ihr gesehen?«
»Jetzt wird’s langsam interessant«, rief uns Alison aus dem Wohnzimmer zu. Wir rannten alle zur Couch, um den Aufruhr draußen zu beobachten. Sally Hughes stritt sich mit dem Mann, der aus dem NBC-Wagen geklettert war, wobei sie erst aufs Haus und dann wieder auf die Straße deutete. In der Zwischenzeit hatte sich ein weißer Kleintransporter mit dem ABC-Logo aus der anderen Richtung genähert und parkte nun gegenüber den beiden ersten Fahrzeugen auf der anderen Straßenseite. In dem ABC-Wagen saß ebenfallseine Reporterin, zusammen mit zwei Männern, die nun aus dem Wagen sprangen und begannen, geschäftig an der Satellitenanlage des Wagendachs herumzuhantieren.
»Ich habe einen OJ-Simpson-Flashback«, sagte Chuck.
»Wir sollten besser das Tor absperren«, schlug ich vor.
»Wir haben gar kein Tor«, sagte Alison.
»Oh. Na, dann lass es.«
»Mann«, sagte Chuck, der nun wieder auf Sally Hughes deutete. »Bin das nur ich, oder ist die wirklich heiß?«
»Gibt es denn nicht einen Moment, in dem du nicht an Sex
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